Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
In den Tunneln des Mussolini-Bunkers
Besucher erleben in den Schutzräumen des früheren Diktators die Schrecken des Krieges
zu versetzen. Erläuterungen zum Bau versachlichen die Beklemmung kaum: Der Bunker galt seinerzeit als Beispiel innovativster Technik. Die Decke besteht aus einer vier Meter dicken Stahlbetonschicht, die Außenwände sind 120 Zentimeter dick. Eine Belüftungsanlage sicherte bei Giftgasangriffen bis zu sechs Stunden lang frische Atemluft für 15 Personen.
In Mussolinis Bunker haben nie Zivilisten Schutz gefunden, ebenso wenig der Diktator selbst. Bei dessen Sturz am 25. Juni 1943 war der Bunker noch nicht fertiggestellt. Dass er überhaupt gebaut wurde, lag daran, dass der Duce ahnte, wie sehr sein Leben in Gefahr war. Am 13. Juli 1943 wollte der britische Marschall Charles Portal im Rahmen der Operation „Dux“Benito
Mussolini mit zwei simultanen Bombenattacken in Rom vernichten. Ein Fliegerangriff sollte Mussolinis Hauptquartier im Palazzo Venezia im Herzen der Ewigen Stadt zerstören. Ein zweiter Angriff sollte sich gegen seine Residenz in der Villa Torlonia richten.
Mithilfe von Videos und historischen Fotos erfahren die Bunkerbesucher auch vieles aus dem prallen Leben des Diktators in der Villa. Von 1925 bis 1943 lebte der Duce mit seiner Familie in dem prächtigen Anwesen. Hier veranstaltete er Feste, organisierte politische Treffen, feierte die Hochzeit seiner Tochter Edda mit dem faschistischen Politiker Galeazzo Ciano und beteiligte sich, sportbegeistert wie er war, an Tennismatches und Reitübungen.
Nach dem Ende der Diktatur wurde Mussolinis Villa von 1944 bis 1947 als amerikanische Soldatenunterkunft genutzt. Dabei verfiel das Gebäude komplett. Die Stadt Rom, in deren Eigentum sie sich seit 1978 befindet, wusste nie so recht, was sie mit diesem Erbe anfangen sollte. Seither wurde die Villa komplett restauriert und ist seit 2006 für die Öffentlichkeit zugänglich.
Der Park dahinter, ein beliebter Treffpunkt der Römer, soll ein Ort der Erinnerungskultur werden. Bald soll hier ein Holocaust-Museum entstehen. Zehn Millionen Euro investiert der italienische Staat in das Projekt. Im Museum sollen Erinnerungsstücke, Fotos und Filme über die deutsche Besatzungszeit informieren und an die Schreckensherrschaft erinnern.