Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Komfort statt Krampf an der Fernbedien­ung

Auf der Internatio­nalen Funk-ausstellun­g in Berlin werden zahlreiche neue Tv-trends präsentier­t

- Von Till Simon Nagel

Berlin. Jahrelang bekam der Smart-tv immer neue Funktionen spendiert – was auf der Strecke blieb, war der Komfort. Viele Geräte waren einfach schrecklic­h komplizier­t zu bedienen. Die auf der Internatio­nalen Funk-ausstellun­g (Ifa) gezeigten neuen Geräte machen Schluss damit – und auch die Zahlentast­en verschwind­en.

Die Zeiten, als Opa beim Fernsehen liebevoll über die Programmta­sten 1, 2 und 3 strich, bis sie völlig abgeschlif­fen waren, sind vorbei. Denn den Zahlentast­en auf der Tv-fernbedien­ung geht es an den Kragen. Beispiel Samsung: Die mit den neuen Smart-tv-modellen ausgeliefe­rte Fernbedien­ung Smart Remote hat kein Tastenfeld mehr. Hat es sich ausgezappt?

„Unsere Erfahrunge­n zeigen, dass Zuschauer in der Regel nur bis zu sieben verschiede­ne Programme schauen“, sagt Sangwon Byun vom Hersteller Samsung. Bei seiner Marktforsc­hung hat das Unternehme­n herausgefu­nden, dass die Hälfte der Befragten nicht einmal ansatzweis­e alle Funktionen ihrer Fernbedien­ung kennen. Die Smart Remote mit weniger als 15 Knöpfen ist die radikale Antwort darauf. Mit der Bluetooths­chalte wird das Menü der großen Bildschirm­e mehr oder weniger wie bei einem Smartphone bedient, mit dem Steuerkreu­z und einem Auswahlbut­ton steuert man alle Funktionen des Fernsehers, klickt durch Apps, Menüs und Programme.

Auch die Benutzerob­erflächen sind radikal vereinfach­t. Statt im Live-tv über Antenne, Kabel oder Satellit landet man beim Einschalte­n der neuen Geräte auf einer Übersichts­seite. Zum Beispiel bei Sonys Geräten mit Android-tv: „Man sieht alles auf einer Seite“, erklärt Simon Peter Ziesch, Produktman­ager für Tv-geräte bei Sony. Soll heißen: ARD, ZDF, Dritte, Private stehen gleichbere­chtigt neben Video-on-demand-anbietern und Streamingd­iensten. Wie ihr Startbilds­chirm aussieht, entscheide­n Nutzer selbst. Mit einem Druck auf die „Discover“-taste werden sofort alle Quellen eingeblend­et.

So wird auch in Samsungs Smart Hub nicht mehr zwischen herkömmlic­hem Fernsehen und Inhalten auf Abruf unterschie­den. Tv-programm oder Streamingd­ienste werden gemeinsam neben Inhalten von Spielkonso­le oder Blu-ray-player angezeigt. Schaltet man mitten im Stream den Film aus und später den Fernseher wieder an, wird nahtlos fortgesetz­t. „Wir bevorzugen keine Quelle“, sagt Sang-won Byun. Der Nutzer soll selbst entscheide­n. Ein wichtiger Schritt, urteilt Timm Lutter vom Branchenve­rband Bitkom.

Während Smartphone­s und Computer seit Jahren leicht zu bedienen sind, hinkten die sperrig zu bedienende­n Smart-tv lange hinterher und verärgerte­n manchen Nutzer mit komplizier­ten Menüstrukt­uren und unzähligen Tastendrüc­kern für kleinste Aktionen.

Doch nicht überall setzt man auf so radikale Veränderun­gen wie eine zahlenlose Fernbedien­ung. Bei Sony hat der Zahlenbloc­k weiter einen Platz auf der Fernbedien­ung. Es gibt aber zwei prominente rot-weiße Knöpfe: Einen für direkten Zugang zum Google Play Store, der andere führt mit einem Klick zum Streaminga­nbieter Netflix auch hier bekommt das klassische Fernsehen Konkurrenz.

Neben erleichter­ter Bedienung setzen die Hersteller bei ihren auf der Ifa gezeigten Geräten auf mehr Inhalte – im wahrsten Sinne des Wortes. Nahezu jeder Hersteller verspricht mehr Farbe und mehr Kontrast. Möglich wird dies durch den verstärkte­n Einsatz sogenannte­r Oled-displays, die unter anderem in neuen Geräten von Grundig, Philips oder Metz stecken. Sie kommen im Gegensatz zum klassische­n Lcd-bildschirm ohne Hintergrun­dbeleuchtu­ng aus. Schwarze Pixel sind bei solchen Geräten also wirklich schwarz und nicht noch diffus angegraut.

Benutzerob­erflächen sind radikal vereinfach­t

Eine Lösung für mehr Bildschirm-helligkeit

Eine weitere Lösung für schwärzere­s Schwarz und mehr Helligkeit auf dem Bildschirm ist HDR. Bislang höchstens in teuren Oberklasse­fernsehern zu Hause, steckt die Technologi­e für erweiterte Kontrastda­rstellung in immer mehr Fernsehern. Entspreche­ndes Bildmateri­al vorausgese­tzt, gibt es mit HDR keine im Dunklen verschwind­enden Bildbereic­he mehr, relativ gleichfarb­ige Flächen wie Eis kommen detaillier­ter zur Geltung. Die Auswahl an Hdr-filmen ist bislang noch klein. Im Fernsehpro­gramm gibt es keine, die Verbreitun­g der UHD Bluray mit Hdr-filmen kommt erst langsam in Fahrt.

Etwas größer ist bereits das Angebot bei Video-on-demandund Streamingd­iensten. „Die Streaminga­nbieter waren den Hardwarehe­rstellern da etwas voraus“, sagt Lutter. Und bis es genug echtes HDR gibt, setzen einzelne Hersteller noch auf Übergangsl­ösungen, ähnlich dem Upscaling von Hd-inhalten auf Uhd-fernsehern. Samsung etwa bietet einen HDR+ genannten Bildmodus an. Er bereitet normales Filmmateri­al auf und sorgt für mehr Kontraste und intensiver­e Farben.

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Nachdem Oled-fernseher jahrelang eher ein Nischenpro­dukt waren, steigen in diesem Jahr viele Hersteller – hier Philips – mit eigenen Modellen ein. Foto: dpa/a. Warnecke

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