Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Forscher vermessen den Wald und finden: Es geht ihm gut
Alle zehn Jahre findet in Deutschland eine Inventur statt – Forscher ermitteln Anzahl und Zustand der Bäume
Eberswalde/erfurt. Wie viele Bäume gibt es wohl in Deutschland? Sind es mehrere Tausend? Oder vielleicht Millionen? Oder noch viel mehr? Es sind fast 8 Milliarden! Wenn man allein jene zählt, die dicker sind als eine Flasche mit Brause. Doch woher weiß man überhaupt, wie viele Bäume in Deutschland wachsen? Na, weil Forscher sie gezählt haben. Alle zehn Jahre gibt es die sogenannte Bundeswald-inventur. Thüringen und auch ganz Deutschland sind zu einem Drittel bewaldet. Am meisten Wald im Vergleich zur Fläche des Bundeslandes gibt es in Hessen, am wenigsten in Schleswig-holstein. Selbst die Stadtstaaten Hamburg und Berlin haben einen größeren Anteil.
Der Wald besitzt viele Talente. Er ist Heimat für Tiere und Pflanzen, ein wichtiger Klimaschützer und Hort biologischer Vielfalt. Zudem ist er für uns ein wichtiger Rohstofflieferant. Wir benötigen Holz zum Haus- und Möbelbau, zur Energiegewinnung und zur Papierherstellung. Der Wald ist aber auch ein Ort, der uns zur Ruhe kommen lässt, der uns Rückzugsmöglichkeiten und Erholung bietet. Der Wald ist daher für unser Leben unverzichtbar.
„Der Wald hat viele wichtige Aufgaben“, erklärt Heino Polley. Der Forscher leitet die Bundeswaldinventur. Er arbeitet in der Stadt Eberswalde im Bundesland Brandenburg.
Der Wald ist zum Beispiel für das Klima wichtig. Bäume nehmen Kohlenstoffdioxid auf und wandeln dieses Gas in Sauerstoff um. Einiges können die Forscher mit Hilfe von Satelliten herausfinden. Zum Beispiel, wo es überall Wald gibt und wie groß dieser ist.
Aber etwas können die Satelliten nicht: Sie können noch nicht erkennen, aus welchen Bäumen der Wald besteht. Und wie viele es sind. „Deshalb müssen wir raus in den Wald und vor Ort zählen“, sagt Heino Polley.
Das funktioniert so: Die Forscher haben eine Landkarte genommen und auf diese ein Gitternetz gelegt. Dort, wo sich die Linien kreuzen, gibt es einen sogenannten Stichprobenpunkt. Diese Punkte sind immer vier Kilometer voneinander entfernt. „Wir haben also viele Tausend Stichprobenpunkte über ganz Deutschland verteilt“, sagt der Forscher.
Diese Probenpunkte kann man mit bloßem Auge nicht erkennen. Nicht einmal die Förster sollen wissen, wo sie sind. Nur die Zähl-leute wissen, wo sie zu finden sind. „Sonst würden die Förster die Bäume vielleicht anders behandeln. Und das wollen wir natürlich nicht“, erklärt Heino Polley. Deshalb kann es passieren, dass manche Bäume bis zur nächsten Bauminventur gefällt werden. Aber auch das ist für die Forscher interessant.
Im Wald führen die Fachleute dann unterschiedliche Messungen durch und tragen alles in ihren Computer ein: Sie zählen zum Beispiel die kleinen und großen Bäume in einem bestimmten Umkreis. Sie notieren die Baumart und die Höhe der Bäume. Und sie messen den Durchmesser des Stammes. Außerdem untersuchen die Forscher die Rinde auf Verletzungen. Sie schauen, wie viele Spechthöhlen der Baum hat.
Durch die Inventur haben die Experten auch herausgefunden, dass die Bäume in Deutschland immer älter werden. Das ist ein gutes Zeichen. Heino Polley verrät: Es werden weniger Bäume gefällt als nachwachsen.