Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Picknick auf dem Schlachtfeld
Um zum Napoleonstein oberhalb von Jena zu gelangen, wohin uns das Gedicht führt, hat man mehrere Möglichkeiten von der Stadt aus. Vom Mühltal kann man auf dem Fahrweg nach Cospeda gelangen. Dort ist man sogleich auf der Höhe des weitflächigen Schlachtfeldes, das ein Totenfeld bleibt. Napoleon hatte seine Truppen über den Steilhang geführt und damit seine Gegner, die Preußen und ihre Verbündeten, taktisch überrumpelt. Von dort oben auf dem Windknollen eröffnete er 1806 seine Kanonade.
Was für ein Ausblick in das so oft poetisch gepriesene Tal. Mit Heizwerk und Silos, Zelt und taktischer Ausguck werden Gegenwart und Vergangenheit in Beziehung gesetzt. Hier, auf dem ehemaligen Militärgelände, das bis zur Wende als Truppenübungsplatz diente, bleibt der Landschaft etwas Militärisch-kriegerisches eingeschrieben. Kontinuitäten sind erkennbar. An die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt erinnert dieser Gedenkstein. Er trägt auf den Seiten Inschriften, so die Angabe der Entfernungen von ausgewählten Lebensstationen Napoleons. Auch Waterloo. Ein Zitat des Historikers Golo Mann erfasst die Dimensionen der Wahrnehmung dieses Mannes in Deutschland, als den Beherrscher der Welt bezeichnet ihn dieses Gedicht.
Heute ist die Wanderlandschaft Naturschutzgebiet mit Nasswiesen und Biotopen und subkontinentalen Trockenrasen auf Muschelkalk. Gefährdete Orchideenarten haben ihren Platz. Durch das Rautal aufsteigend quert man das gelbe Blütenmeer der Winterlinge im März. Diese Flora bildet in bestimmten Monaten ein blühendes Bett, das erinnert an Rimbauds „Le Dormeur du val“. Der Windknollen ist für alle Generationen ein beliebter Ausflugsort. Kinder lassen Drachen steigen. Dieser Augenblick im Gedicht ist durch unser kriegerisches Weltgeschehen aufgeladen. Vereine stellen bis heute auf dem Totenfeld Szenen der Schlacht nach. Hier bewegt sich das lyrische Ich mit seiner Begleitung.