Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Handwerkliches Geschick und Sinn für Gestaltung
Malermeister Jan Heinemann prüft für die Handwerkskammer Erfurt Gesellen im Maler- und Lackiererhandwerk
Malermeister Jan Heinemann bringt für die Tätigkeit als Prüfer eine Menge praktische Erfahrung mit. Der 40-jährige Erfurter erwarb im Jahr 2000 seinen Meistertitel und übernahm 2009 die Geschäftsführung der Heinemann Gmbh, ein Meisterund Ausbildungsbetrieb des Malerund Lackiererhandwerks. Im ehrenamtlichen Prüfungswesen engagiert er sich seit 2013 als Vertreter der Arbeitgeberseite.
Bitte beschreiben Sie kurz den Ablauf der Prüfung in diesem Beruf? Die Gesellenprüfung im Malerund Lackiererhandwerk besteht aus zwei Teilen: der Kenntnisprüfung und der Fertigkeitsprüfung. Die Kenntnisprüfung als theoretischer Prüfungsteil wird als gemeinsame Abschlussprüfung von Handwerkskammer und Berufsschule von der unterrichtenden Berufsschule an zwei für das Land Thüringen zentral festgelegten Prüfungstagen durchgeführt. Die Fertigkeitsprüfung als praktischer Prüfungsteil obliegt dem Prüfungsausschuss der zuständigen Malerinnung bei der Kreishandwerkerschaft und erstreckt sich über drei Tage.
Wer prüfen will, muss selbst umfassende Kenntnisse besitzen. Sind Sie speziell ausgebildet, um in diesem Fachgebiet als Prüfer tätig zu sein? Nach meiner Berufsausbildung zum Maler und Lackierer qualifizierte ich mich im Jahr 2000 zum Meister im Maler- und Lackiererhandwerk. Ein nicht unwesentlicher Teil der Meisterausbildung besteht in der Befähigung zur Ausbildung von Lehrlingen.
Seit 2009 führe ich den väterlichen Betrieb weiter. In meiner täglichen Arbeit werde ich mit allen Anforderungen dieses Berufes konfrontiert – von der Lösung handwerklich-technischer Probleme über die Anwendung neuester Produkte und die Anpassung an den Stand der Technik bis hin zum kundenorientierten und betriebswirtschaftlichen Handeln.
In welchen Punkten unterscheidet sich die Prüfung in diesem Beruf von anderen? Der Beruf des Malers und Lackierers erfordert nicht nur handwerklich-technische Fertigkeiten, sondern auch gestalterische Fähigkeiten sowie ein recht hohes Maß an kommunikativen Fähigkeiten im Umgang mit Kunden. Dementsprechend werden alle Prüfungsaufgaben, sowohl für den theoretischen als auch den praktischen Prüfungsteil, aus einer komplexen Kundenauftragssituation abgeleitet.
Digitalisierung und Internationalisierung haben zu steigenden Anforderungen in vielen Berufen geführt. Ist die Prüfung in den letzten Jahren strenger geworden? Strenger ist nicht der passende Ausdruck, wohl besser: Anders! Die Prüfungsaufgaben sind nicht mehr einzeln und losgelöst voneinander zu betrachten, sondern stehen in einem komplexen Zusammenhang und bedingen einander. Die kontinuierlichen Veränderungen in den Produktpaletten der Hersteller erfordern einen sicheren Umgang mit digitalen Informationsquellen. Fachbegriffe werden zunehmend der englischen Sprache entlehnt. Arbeitsprozesse müssen selbstständig vorbereitet, durchgeführt und abgerechnet werden.
Mit Einführung des handlungsorientierten Lernfeldunterrichtes im Maler- und Lackiererhandwerk haben sich seit 2003 die Anforderungen der Gesellenprüfungen in dieser Hinsicht erheblich verändert.
Wie läuft bei Ihnen ein typischer Prüfungstag ab? Jeder Prüfungstag beginnt mit einer Einweisung und Belehrung. Nach Ausgabe der Prüfungsaufgaben werden diese innerhalb der vorgegebenen Prüfungszeit bearbeitet.
Wesentlicher Bestandteil der Fertigkeitsprüfung ist ein Prüfungsgespräch, bei dem der eigene Gestaltungsvorschlag vorgestellt und begründet wird sowie die handwerklich-technische Umsetzung der Arbeiten beschrieben und erläutert wird. Auch der selbstkritische Umgang mit Fehlern und Vorschläge zu deren Behebung bzw. Vermeidung spielen hierbei eine wichtige Rolle und sind für den Prüfungsausschuss bewertungsrelevant.
Was sind die häufigsten Fehler, die Prüflingen unterlaufen?
Die Mehrzahl der Auszubildenden im Maler und Lackiererhandwerk stellt sich nach drei Jahren Berufsausbildung mit passablen Fachkenntnissen und soliden handwerklichen Fertigkeiten der Gesellenprüfung, prinzipiell also guten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Bestehen.
Die häufigsten Ursachen für Fehler sind wohl mangelnde Konzentration und fehlendes Durchhaltevermögen bei der Erledigung der komplexen Prüfungsaufgaben. Mitunter entstehen Fehler auch aus Defiziten bei elementaren Voraussetzungen wie sinnerfassendem Lesen und mathematischen Grundlagen. Diese individuellen Defizite müssen frühzeitig erkannt und deren Beseitigung gezielt gefördert werden.