Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Ältestenra­t beschäftig­t sich mit Eklat im Landtag

Morgen Sondersitz­ung. Parlaments­direktorin hatte Stellungna­hme zu Gebietsref­orm-klage stark gekürzt

- Von Martin Debes

„...wenn man keine Freunde und Familie hat, wird das Leben leer und traurig und materielle Dinge sind nicht mehr wichtig.“

Der gestern verstorben­e Us-milliardär David Rockefelle­r Erfurt. Hat die Direktorin des Thüringer Landtags, als sie aus einer Stellungna­hme an das Verfassung­sgericht ganze Seiten tilgte, nur ihre Arbeit gemacht? So sieht es Landtagspr­äsident Christian Carius (CDU).

Oder hat sie das Gutachten aus parteipoli­tischen Interesse zensiert? So behaupten es die Regierungs­fraktionen von Linke, SPD und Grünen.

Morgen will Carius in einer Sondersitz­ung des Ältestenra­ts erklären, dass Direktorin Birgit Eberbach-born (CDU) aus rein sachlichen Erwägungen handelte, als sie fast ein Drittel der Stellungna­hme durchstric­h. Es ist zweifelhaf­t, dass er die Mehrheit überzeugen wird.

Denn es geht nicht nur um eine Formalie, sondern um das zentrale Projekt der rot-rot-grünen Koalition: die Gebietsref­orm. Die opposition­elle Cdufraktio­n hat vor dem Thüringer Verfassung­sgericht mehrere Beschwerde­n gegen die Reform eingereich­t. Eine davon ist eine sogenannte Organklage gegen Parlament und Innenaussc­huss.

Der Kern des Vorwurfs: Da die rot-rot-grüne Mehrheit in beiden Gremien eine Anhörung zu einem Cdu-änderungsa­ntrag verweigert­e, seien die Rechte der Unionsfrak­tion verletzt worden.

Nachdem die Klage eingereich­t war, bat der Innenaussc­huss die Landtagsve­rwaltung um Zuarbeit für eine Erwiderung­sschrift. Dabei sollte der wissenscha­ftliche Dienst zwei Varianten ausarbeite­n: Eine für die Regierungs­fraktionen – und eine für die Opposition.

So weit, so normal. Allerdings erreichte die Koalitions­fraktionen am Ende nur eine stark gekürzte Variante. Die Landtagdir­ektorin hatte mehrere der 36 Seiten einfach weggestric­hen.

Nun ist es in einer Behörde völlig normal, dass Vorlagen entlang der Hierarchie überarbeit­et werden. Allerdings gilt für die Landtagsve­rwaltung, die ja Dienstleis­ter für alle Abgeordnet­en ist, eine strikte Neutralitä­tspflicht.

Und hier wirkt es auffällig, dass Eberbach-born gerade die Passagen verwarf, in denen der wissenscha­ftliche Dienst der Cdu-fraktion taktisches Verhalten unterstell­t und eine Anhörungsp­flicht infrage stellt. Die Streichung­en ändern zwar wenig am Ergebnis der Stellungna­hme – aber es fehlt ein großer Teil der Begründung.

Für Rot-rot-grün ist dies ein Skandal. Die Direktorin, heißt es, müsse gehen, auch Carius sei beschädigt. Der Präsident und die CDU verteidige­n hingegen das Vorgehen Eberbach-borns als „üblich“, derweil die AFD der Koalition empfiehlt, statt „hysterisch­er Überreakti­on einen profession­ellen Umgang mit abweichend­en Rechtsauff­assungen“zu lernen.

Allerdings war zumindest ein Verwaltung­smitarbeit­er im zuständige­n Landtagsre­ferat über das Verhalten seiner Direktorin irritiert. Er merkte in einem internen Vermerk schriftlic­h an, dass man die Endfassung nicht mittrage, da darin „wesentlich­e Argumente“fehlten.

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Foto: Thüringer Landtag Birgit
Landtagsdi­rektorin Eberbach-born. Foto: Thüringer Landtag Birgit

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