Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Freiheit – mehr als nur eine Worthülse

In Erfurt kümmert sich der Fördervere­in der Gedenkstät­te Andreasstr­aße seit zehn Jahren um politische Bildung

- Von Antonia Pfaff

Erfurt. Sie kommen zurück in das Gebäude des Schreckens. Gemeinsam sitzen sie wieder im Stasiknast. Allerdings sind die einstigen Zellen in der Andreasstr­aße jetzt Orte die mahnen, bilden und vor allem erinnern.

Ohne den Mut und die Entschloss­enheit einiger Mitglieder des Vereins „Freiheit – Fördervere­in Gedenkstät­te Andreasstr­aße e.v.“würde es diesen authentisc­hen Ort nicht geben. Und dieser Verein feierte jetzt sein zehnjährig­es Bestehen.

Die Vorsitzend­e des Vereins, Dorit Bause, war selbst politisch inhaftiert. Ebenso wie ihr Mann, Gerhard Bause, und drei weitere Freunde. Eine im Jahr 1988 unterzeich­nete Protesterk­lärung, die von 38 Eichsfelde­rn unterschri­eben wurde, brachte den Freunden längere Haftstrafe­n ein.

Emotional und mit persönlich­en Erlebnisse­n eröffnet Dorit Bause die Festverans­taltung. Die Gründung des Vereins Freiheit steht im Fokus. Allerdings verweist die Vorsitzend­e auch auf einen Meilenstei­n aus dem Jahr 2009. „Es ist bedrückend, wenn ehemalige Häftlinge in die Hölle zurückkehr­en“, so Bause. Damit spielt sie auf die Besetzung der Untersuchu­ngshaft und den Hungerstre­ik an. Die ehemaligen Inhaftiert­en und gleichzeit­igen Vorstandsm­itglieder kämpften für ein würdiges, öffentlich­es und individuel­les Gedenken innerhalb der Bildungsun­d Gedenkstät­te. Ein historisch­er Abriss: Die heutige Gedenkstät­te war 37 Jahre die Untersuchu­ngs-haftanstal­t der Staatssich­erheit. Nach der Besetzung im Dezember 1989 durch Bürgerrech­tler, wurde das Gebäude von 1990 bis 2002 als Thüringer Justizvoll­zugsanstal­t genutzt. Nur zwei Jahre später das Unvorstell­bare: das Gebäude sollte abgerissen werden. Zwischen 2005 bis 2009 initiieren dann ehemals Inhaftiert­e verschiede­ne Projekte und Zeitzeugen­führungen in der provisoris­chen Gedenkstät­te.

Am 17. März 2007 wird Freiheit e.v., wie der Verein umgangsspr­achlich bezeichnet wird, ins Leben gerufen. „Der Name ist klug gewählt“, sagt Dorit Bause. Freiheit sei bedeutungs­voll und wichtig, allerdings nicht selbstvers­tändlich. Gleichzeit­ig mahnt sie: „Wir dürfen uns aber auch heute nicht den Mund verbieten oder uns einschücht­ern lassen. Das Hauptaugen­merk des Vereins liegt auf der politische­n Bildung der Heranwachs­enden. Für die Zeitzeugen bestehe die Arbeit darin, authentisc­h zu sein und in der Bereitscha­ft aus dem Leben offen erzählen zu wollen. Dabei sei es wichtig nicht zu moralisch zu sein, die Jugendlich­en sollen sich ihr eigenes Bild machen können.

Der Höhepunkt der Festlichke­it ist ein Film von Lorenz Pagés. Dieser enthält originale Filmszenen aus den 90er Jahren und dokumentie­rt die Geschichte der Gedenkstät­te und des Vereins sehr anschaulic­h. Im Wochenendj­ournal auf unserer Landkarte zu den schönsten Gärten waren Veranstalt­ungsort und -zeit für den Erfurter Blumenund Gartenmark­t falsch angegeben. Der Markt findet vom 12. bis 14. Mai auf dem Domplatz Erfurt statt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldi­gen.

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Etwa  Interessie­rte feiern mit Freiheit e.v. das zehnjährig­e Bestehen. Foto: Iris Pfaff

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