Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Wovor fürchten wir uns?
Zwar lebt der liberale Westen in einer langanhaltenden Periode des Friedens und des Wohlstands, verwickelt sich aber weltweit zunehmend in diverse Kriege, die für den überwiegenden Teil der Bevölkerung zwar nur in stark abgemilderter Form spürbar sind, aber nahezu tagtäglich über die Medien rezipiert werden. Quasi vor der Haustür Europas löste sich im Nahen Osten ein Staat nach dem anderen auf, was es nichtstaatlichen Akteuren wie der Terrororganisation ISIS leicht machte, ganze Regionen unter ihre Kontrolle zu bringen. Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung zählte für 2016 über 400 Konflikte und 19 Kriege weltweit.
Kriege und Konflikte einerseits, das extreme Wohlstandsgefälle in der Welt andererseits – sie setzen eine in der Welt nie dagewesene Flüchtlingsbewegung in Gang. Der Uno zufolge befinden sich weltweit mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Viele rennen, weil es um die nackte Existenz geht. Andere entfliehen der Perspektivlosigkeit im Land. Allgemeingültige Regeln gibt es in einer solchen Situation nicht mehr. Doch, eine gibt es: Rette sich, wer kann. Vor was auch immer.
Kriege, Armut, Existenzangst, schwache Staaten, Anarchie – daraus besteht seit jeher der Dünger für Terrorismus als politische oder pseudopolitische Spielart der organisierten Kriminalität. Einer in diesem Jahr erschienenen Studie des in Sydney ansässigen Instituts für Wirtschaft und Frieden zufolge ist die Zahl der jährlich zu beklagenden Opfer von Terroranschlägen seit 2011 dramatisch angestiegen. Die Gewalt konzentriert sich auf Länder wie Irak, Afghanistan und Syrien. Meistens sind es Gruppen, die angeben, im Namen Allahs zu töten. Paradoxerweise richtet sich die tödliche Gewalt aber vorwiegend gegen Muslime. Seit 2014 nehmen Terroristen verstärkt europäische Ziele ins Visier. Die Hintergründe der Taten und Täter sind teilweise rätselhaft, die Grenze zwischen politisch-religiöser Motivation und persönlichen psychischen Problemen verschwimmt.
Auch wenn Deutschlands Bevölkerung insgesamt in einem nie dagewesenen Wohlstand schwimmt, werden immer mehr Menschen von Abstiegsängsten geplagt. Altersarmut ist für viele eine Gewissheit, die vor allem für Alleinstehende einhergeht mit der Angst vor Einsamkeit. „Der Mittelstand rutscht ab“könnte fast schon als geflügeltes Wort gelten, so oft tauchte er in den vergangenen Jahren als Neuigkeit auf, obwohl die Schlagzeile tatsächlich nur einen schleichenden Prozess benennt, der schon seit Langem anhält. Das lässt sich an konkreten Biografien festmachen,