Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Gebietsreform stellt Thüringer SPD vor eine Zerreißprobe
Unter den Genossen regt sich deutlicher Widerstand gegen den Innenminister. Parteichef Bausewein sieht das anders
Erfurt. Die Auseinandersetzung um die Gebietsreform in Thüringen wird für die SPD immer mehr zum parteiinternen Streit um Prinzipien und Personen. In einem Kreisverband droht jetzt eine Führungskrise.
Der stellvertretende Vorsitzende des Kreisvorstandes Saale-orla, Jürgen K. Klimpke, distanzierte sich gestern von einem Beschluss, den der Vorstand am Sonntag gefasst hatte. In dem Beschluss ist von einem extrem gestörten Vertrauensverhältnis zu Innenminister Holger Poppenhäger (SPD).
Wörtlich heißt es zu Poppenhäger: „Wir legen ihm aufgrund dieses Zerwürfnisses nahe, zu prüfen, ob er den Anforderungen des Amtes noch gewachsen ist.“Das kommt einer indirekten Rücktrittsforderung gleich. In einer schriftlichen Stellungnahme behauptet Klimpke nun das Gegenteil. Er schreibt: „Der Spd-kreisvorstand Saale-orla distanziert sich von Versuchen, seinen parteiinternen Diskussionsbeitrag in der öffentlichen Diskussion fehlzudeuten und umzufunktionieren.“
In dem Beschluss wird laut Klimpke keine Rücktrittsforderung formuliert. Auch habe der Kreisvorsitzende nicht an der Abstimmung teilgenommen.
Das klingt in einer am Sonntag geschriebenen Mail Klimpkes an die Landes-spd anders: „ ... der Spd-kreisvorstand Saale-orla hat [...] während seiner Sondersitzung in Schleiz einstimmig den im Anhang beigefügten Text [...] beschlossen.“
Gestern teilte Klimpke mit, es habe eine Aussprache zwischen ihm und Poppenhäger gegeben, in der dieser ihn persönlich über die Hintergründe seines Vorschlags zur Gebietsreform informiert habe. Der beinhaltet unter anderem, dass in Ostthüringen mit dem Saale-holzland-, dem Saale-orla-kreis und Saalfeldrudolstadt ein Gebilde entstehen soll, das 3004 Quadratkilometer misst, was bislang als zu groß galt.
Auch in anderen Regionen wird parteiintern heftig diskutiert – so über Poppenhägers Vorschlag, Weimar und Gera trotz ihrer unter 100 000 liegenden Einwohnerzahl kreisfrei zu lassen, oder den drohenden Verlust des Kreissitzes für Städte wie Nordhausen und Heiligenstadt. Dort sorgt der Plan für Unmut, das Eichsfeld und Unstruthainich mit Mühlhausen als Kreisstadt zusammenzulegen.
In den Regionen lösten die Vorschläge eine Welle der Entrüstung aus – auch unter Spdpolitikern. Das sieht der Spdlandesvorsitzende, Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein, anders. In der Antwort auf einen Fragenkatalog der TA schreibt er: „Eine Welle der Entrüstung kann ich nicht erkennen. Die neuen Kreiszuschnitte werden mehrheitlich durch die Kreisverbände und auch durch Oberbürgermeister und Landräte getragen.“
Gleichwohl werde es in den nächsten Wochen einen intensiven Dialog vor allem mit den Kreisverbänden und politischen Verantwortungsträgern geben, die Kritik geäußert haben.
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Landesvorstand will mit Kritikern diskutieren