Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Mehr als 1000 Festnahmen
Türkei: Razzia gegen Gülen-anhänger
Ankara. Die türkische Polizei hat bei landesweiten Razzien am Mittwoch mehr als 1000 angebliche Anhänger der Gülenbewegung festgenommen. Staatschef Recep Tayyip Erdogan sieht in Gülen, der von seinem selbst gewählten Exil in den USA ein weltweites Netz von Stiftungen, Bildungseinrichtungen und Medien kontrolliert, den Drahtzieher des Putschversuchs vom Juli 2016. Gülen bestreitet die Vorwürfe.
Nach Angaben von Innenminister Süleyman Soylu wurden Mittwochfrüh in 72 Provinzen 1009 Verdächtige verhaftet. Es handele sich um ein Gülennetzwerk im Polizeiapparat, das sich „Die heimlichen Imame“nenne, sagte der Minister. Insgesamt seien 3224 Haftbefehle ausgestellt worden. An den Razzien, die auf Veranlassung des Generalstaatsanwalts von Ankara stattfanden, waren rund 8500 Polizisten in allen 81 Provinzen beteiligt.
Nach Angaben der Internetseite Turkey Purge, die Erdogans „Säuberungen“dokumentiert, wurden nach dem Putschversuch im Juli 2016 fast 100 000 Menschen festgenommen. Von ihnen sitzen über 50 000 in Untersuchungshaft.
Aus Sorge um die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarats am Dienstag beschlossen, das Land zu beobachten. Das Außenministerium in Ankara kritisierte, die Entscheidung gehe auf „böswillige Kreise“zurück und sei „eine Schande für das Organ, das behauptet, die Wiege der Demokratie zu sein“. Nun werden zwei Berichterstatter des Europarats regelmäßig in die Türkei reisen, um die Menschenrechtssituation und Rechtsstaatlichkeit zu überprüfen.