Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Bauern beklagen Verlust von zu viel Ackerland
Teilnehmer der Landwirtschaftskonferenz sehen durch Ausgleichsmaßnahmen wertvolle Ressource gefährdet
Clingen. Zu viel Ackerland geht nach Ansicht von Landwirten im Kyffhäuserkreis durch Ausgleichsmaßnahmen für Bauprojekte verloren. Darüber klagten viele der Teilnehmer gestern bei der Landwirtschaftskonferenz vom Kreisbauernverband im Kyffhäuserkreis. Vor allem beim Ausgleich für den Bau von Windkraftanlagen würden mehr landwirtschaftliche Anbauflächen in Anspruch genommen als notwendig.
Belege dafür lieferte Claudia Schwarzenau vom Landwirtschaftsamt in Bad Frankenhausen bereits während des Betriebsbesuchs im landwirtschaftlichen Unternehmen von Harald Keitel in Clingen. Schwarzenau rechnete vor, dass bei dem bislang verwendeten Verfahren zu selten Ausgleichspunkte angerechet würden, die sich als Überschuss aus früheren Maßnahmen ergeben hätten.
Naturschutzbehörde führt Flächenkonto
„Dabei werden wichtige Ressourcen, die sich letztendlich im Verlust von Ackerfläche niederschlagen, einfach verschwendet“. Sie regte an, die überschüssigen Punkte in Form von verfügbaren Flächen auf einem Öko-konto zu sammeln, um sie bei späteren Bauvorhaben anrechnen zu lassen.
Ein Flächenpool, wie ihn die Abteilungsleiterin im Landwirtschaftsamt fordert, werde von der Unteren Naturschutzbehörde bereits unterhalten, erklärte deren Vertreter Thomas Schlufter während der Gesprächsrunde in Clingen. Gespeichert sind dort Areale, die zum Ausgleich für neue Bauprojekte entsiegelt und damit wieder der Natur zugänglich gemacht werden können. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Flächen, die vor Jahren schon einmal als Ausgleichsflächen genutzt worden sind, weiter ökologisch aufzuwerten. Dafür können sich die Bauherren die für ihr Projekt nötigen Ausgleichspunkte anrechnen lassen.
„Ackerland ist ein Kulturgut, das nahezu unwiederbringlich ist, wenn es zerstört wurde“, gab Peter Ritschel vom Thüringer Landwirtschaftsministerium zu bedenken. „Der Wert dieser Ressource wird leider von vielen Menschen noch nicht richtig erkannt.“Das zeige sich nicht zuletzt daran, dass zu wenig auf solche Ausgleichsangebote wie den Flächenpool bei der Naturschutzbehörde zurückgegriffen werde. „Es ist leider einfacher, neue Flächen auszuweisen.“
Als echten Frevel betrachtet es Gastgeber Harald Keitel, dass für die geplante Ortsumgehung der Bundesstraße 4 für Greußen dutzende Hektar Ackerfläche zwischen Greußen und Grüningen geopfert werden sollen. „Selbst wenn die Landwirte dafür sicherlich andere Grundstücke im Tausch erhalten. Die Wirkung des Projektes für unsere ländliche und leider auch strukturschwache Region wäre desaströs.“Keitel spielt dabei nicht nur darauf an, dass durch das Bauwerk eine traditionell durch Landwirtschaft geprägte Kulturlandschaft zerschnitten würde. Er nennt das Vorhaben einen arroganten Eingriff in die Natur, den sich die Region gar nicht leisten könne. „Wenn Greußen die Ortsumfahrung bekommt, fährt bald alles an der Stadt und ihrem Umland vorbei“, befürchet Keitel. Somit sei das Projekt nicht nur für die Landwirte, die Flächen abgeben müssten, ein Problem. Die ganze Region müsse darunter leiden.