Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Warum Bewahren erfordert, sich Veränderungen zu stellen
Die Präsidenten der Architektenkammer und des Bauernverbandes beschreiben ihr Verständnis von Fortschritt, Nachhaltigkeit und Bodenständigkeit
Was ist konservativ?
Per se nichts Schlechtes, durchaus streitbar, im Erscheinen ambivalent. Für mich: an Bewährtem festhalten, Neues aufgreifen, den kritischen Blick für Zusammenhänge bewahren und Verantwortung für Zukunft übernehmen
Um es an Beispielen festzumachen: Wir müssen für unsere Schulden heute einstehen und deren Tilgung nicht ins Imaginäre delegieren. Hier liegt unsere Verantwortung gegenüber der Zukunft und den Menschen, die sie gestalten sollen. Wenn wir heute Häuser dämmen mit Materialien, die schon morgen als Sondermüll deklariert werden könnten, darf man kritisch hinterfragen, ob wir der Zukunft gerecht werden.
Nicht das Neue nur der Neuigkeit wegen annehmen, sondern die Suche nach der besten Lösung anstreben. Das nachhaltigste Haus ist das, was schon gebaut ist. Zunächst Hans-gerd Schmidt ist Präsident der Architektenkammer Thüringen. Foto: J. Schmidt ist neu nur neu. Es muss sich bewähren und am gleichen Maßstab messen lassen, wie das Alte.
Konservativ ist nicht rückwärtsgewandt, eher das Verteidigen von Bewährtem als das Festhalten an Bestehendem.
Bodenständigkeit beschreibt den konservativen Kern eines jeden Landwirtes.
Diese Bodenständigkeit erwächst aus unserer Arbeit, unserem Leben, das durch den jährlich wiederkehrenden Rhythmus von Aussaat, Wachstum und Ernte bestimmt wird. Bodenständigkeit heißt für uns, das zu bewahren, von dem wir leben, weil wir davon leben – den Boden, die Felder, die Landschaft.
Bewahren erfordert aber auch, sich Veränderungen zu stellen, sie mitzugestalten. Wir passen uns seit Generationen erfolgreich an den ökonomischen und sozialen Wandel an. Bewährte Konzepte sind nicht ausreichend, neue Herausforderungen brauchen neue Antworten. Dazu nutzen wir neue Technologien. Innovationen sind Treiber für den gesamtgesellschaftlichen Fortschritt.
Die Landwirtschaft kann nur das bewahren, was der Gesellschaft wert ist, bewahrt zu werden. Im Gegensatz dazu stehen Skepsis und Angst vor Veränderung in unserer Gesellschaft.
Denen die Ängste schüren, treten wir aufrecht gegenüber. Entscheidungen aufgrund von Stimmungen, ohne Kenntnis von Tatsachen werden unserer Zeit nicht gerecht. Bodenständigkeit zeigt hier ihren Wert.