Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
„Von dem vergessenen Stück Butter können wir nicht leben“
In Bretleben kennen Edgar und Karin Wilske nach 25 Jahren die Geschmäcker im Ort
auch froh. „Dass es die kleinen Läden auf den Dörfern immer schwerer haben, das wissen die Leute doch“, wehrt sich Edgar Wilske gegen einen Zeitungsbericht. An den Stadträndern waren Einkaufsmärkte wie Pilze aus dem Boden geschossen. Billig ist es dort und die Auswahl riesig. Wer ein Auto hat, lädt einmal die Woche den Kofferraum voll. „Von dem vergessenen Stück Butter können wir aber nicht leben“, sagt Karin. Worte, die tief blicken lassen. Und dann erzählen sie doch. Von ihrem Beginn als Wirtsleute im Ort, der Übernahme des Konsums nach der Wende in Reinsdorf und ihrem Rückgang nach Bretleben, wo der Konsum inzwischen ebenfalls leer stand. Von arbeitsreichen Jahren ohne freie Tage und Urlaub. „Wir haben nie zugemacht! Dann wären die Frischwaren ja verdorben oder wir hätten alles wieder neu einkaufen müssen“, sagt Karin Wilske, „es musste immer weitergehen“. Als ihr Mann mal länger krank war, habe wochenlang die Tochter mit zugepackt. In Stundenlohn umrechnen darf die Arbeitszeit keiner. Dazu nagen Pacht und der Strom für die Kühlregale an den Einnahmen.
Der Handelsriese Edeka war von Anfang an Partner der Wilskes. Brot und Brötchen beziehen sie von der Bäckerei Münx in Kalbsrieth, Wurst von Holzapfel in Oldisleben. Nichts mit Aufbackbrötchen aus dem Automat– auf regionale Produkte legen die Wilskes Wert. Und auch für Briefmarken und Pakete ist der Laden Umschlagplatz.
Ansonsten spiegelt das Geschäft zu fast hundert Prozent den Geschmack der Bretlebener wider, ob beim Bier, beim Joghurt oder bei den Zigarettensorten. Naturjoghurt etwa geht gar nicht. Darum wird keiner bestellt. Und wenn ein Auswärtiger „Camel“haben will, hat er auch schlechte Karten. Die Wilskes kennen die Vorlieben im Dorf genau. Betagten Kunden fährt Edgar Wilske den Einkauf auch an die Tür – welcher Supermarkt hat das schon zu bieten? Und sogar anschreiben lassen geht im „Konsum“noch. So lange das Geld nicht auf sich warten lässt. Doch immer die feinen Nadelstiche, wenn ein Kunde in den Laden kommt und nach etwas fragt, weil er es „woanders“nicht bekommen hat.
Das tut weh.