Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
„Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit, nicht der Tag von Hass und Hetze“
Kundgebungen in Erfurt und Gera bleiben friedlich – 100 Festnahmen randalierender Neonazis in Apolda
Gera/erfurt. Am Tag der Arbeit hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Thüringen für mehr soziale Gerechtigkeit geworben und vor der Gefahr von Populisten im Wahljahr gewarnt. Landesweit gab es am Montag 23 Kundgebungen, zu denen laut DGB mehr als 5550 Menschen kamen.
Bei der zentralen Kundgebung in Gera mit rund 2000 Teilnehmern kritisierte Ig-metallbundesvorstand Wolfgang Lemb, dass Rechtsextreme den 1. Mai immer häufiger für ihre Botschaften „missbrauchen“. Wie ihre „braunen Vorbilder“von einst würden sie heute wieder die Inhalte und Begriffe der Arbeiterbewegung stehlen, sagte er. „Das lassen wir nicht zu.“
„Wir lassen uns nicht aus der Stadt drängen“, stellte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) in seiner Rede bei der Gewerkschaftskundgebung unmissverständlich klar. Der 1. Mai sei nach wie vor der Tag der Arbeit und der Gewerkschaften und nicht der von Leuten, die Hass und Hetze verbreiten. „Nie wieder Faschismus und Krieg“, rief Ramelow den Geraern zu und erntete dafür viel Beifall.
„Jegliche Extremisten haben in unserer Stadt keinen Platz“, betonte Oberbürgermeisterin Viola Hahn (parteilos) .
In Gera zogen Anhänger der rechtsextremen Partei III. Weg durch die Stadt. Die Polizei sprach von 800 Gegendemonstranten. Dem Zug der rechtsextremen Partei hätten sich 400 Menschen angeschlossen.
Es habe zunächst keine größeren Zwischenfälle gegeben, sagte ein Polizeisprecher. 200 Gegendemonstranten hätten eine Sitzblockade gebildet. Die Polizei habe Pfefferspray einsetzen müssen, als Demonstranten versucht hätten, eine Absperrung zu durchbrechen. Über Verletzte war zunächst nichts bekannt. Die Polizei war mit mehreren Hundert Beamten im Einsatz.
Lemb sagte, es sei das erste Mal, dass Gewerkschaften und Arbeitgeber an einem 1. Mai gemeinsam Position bezögen. Zusammen mit Vertretern der Politik hatten sie in einem Appell aufgerufen, in Gera Gesicht für Demokratie und Zivilcourage zu zeigen. Lemb erhob zudem etliche soziale Forderungen, etwa mehr Tarifbindung in den Betrieben, eine Erhöhung des Rentenniveaus und eine stärkere Beteiligung der Arbeitgeber an den Kosten der Krankenversicherung.
Bei einer Kundgebung in Erfurt griff Thüringens umstrittener Afd-landeschef Björn Höcke die SPD an. Die Sozialdemokraten hätten in den vergangenen Jahren vor allem eine ▶ Politik für die Reichen und Mächtigen gemacht, sagte er. Nach Angaben der Polizei waren etwa 1200 Menschen gekommen. Es sei friedlich geblieben.
In Apolda waren am späten Nachmittag rund 150 vermummte Neonazis durch die Stadt gezogen. Laut Polizei griffen sie Beamte mit Flaschen und Steinen an. Es gab rund 100 Festnahmen.
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Prozess gegen Neonazis beginnt am heutigen Tag