Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Der Mann, der Tesla herausford­ert

Wie Philipp Schröder mit seiner Batterie-firma Sonnen Gmbh den deutschen Strommarkt aufmischen will

- Von Anja Stehle

Wildpoldsr­ied. Der Einzige, der Philipp Schröders Siegeszug auf dem Strommarkt noch stoppen könnte, arbeitet weit entfernt – im Silicon Valley. Tesla und sein schillernd­er Gründer Elon Musk sind Dauergespr­äch hier im südbayeris­chen Wildpoldsr­ied, wo die Firmenzent­rale des Batteriesp­eicherhers­tellers Sonnen liegt. „Wenn Tesla sein Firmenlogo an einen Sack Reis hängt, wird selbst der noch teuer verkauft.“So geht ein Witz von Sonnen-geschäftsf­ührer Schröder über den E-autobauer.

Lachen kann er darüber eigentlich nicht. Schließlic­h baut Tesla seit einiger Zeit, eben wie Sonnen, Batteriesp­eicher für Haushalte mit Solaranlag­e und entwickelt sich damit zum größten Rivalen des 2010 gegründete­n Start-ups. „Der einzige Grund, weshalb uns nicht jeder Kunde kennt, ist, dass unsere Marke nicht so stark ist wie Tesla“, poltert Schröder weiter. Pikant: Bevor der 33-Jährige 2015 zurück zu Sonnen wechselte, war er Deutschlan­dchef von Tesla.

Wildpoldsr­ied hat dem Silicon Valley eigentlich einiges voraus. Hier wird schon lange erforscht, wie die Energiever­sorgung der Zukunft aussehen könnte. Seit Mitte der 90er-jahre wurden rund 24 Millionen Euro in den ökologisch­en Umbau der Gemeinde investiert. Das Dorf produziert fünfmal so viel Strom, wie es verbraucht. Eine ideale Umgebung für Schröders Firma.

Noch führt Sonnen im Konkurrenz­kampf. Kaum ein Techstart-up in Deutschlan­d hat einen derart rasanten Aufstieg erlebt wie das 2010 gegründete Unternehme­n. Über 20 000 Batteriesp­eicher hat der Mittelstän­dler bereits weltweit verkauft – auch auf dem Us-markt, wo jedoch Tesla mit seiner Speicherba­tterie „Powerwall“knapp vor Sonnen liegt. Die Unternehme­nsberatung Deloitte wählte Sonnen im vergangene­n Jahr auf Platz zehn der am schnellste­n wachsenden Technologi­efirmen in Deutschlan­d. 2016 hat Sonnen mit seinen rund 300 Mitarbeite­rn einen Umsatz von 42 Millionen Euro erzielt. Mittlerwei­le hat Sonnen auch Standorte in den USA und in Berlin. In der Hauptstadt werden Marketing und Vertrieb gesteuert. In Bayern bauen die Mitarbeite­r die einzelnen Komponente­n des Batteriesy­stems zusammen.

Mit Hausbatter­ien lässt sich tagsüber erzeugte Solarenerg­ie speichern, sodass sie auch verfügbar ist, wenn die Sonne nicht scheint. Ohne Heimspeich­er erreichen Haushalte laut dem Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung einen Eigenverso­rgungsante­il von rund einem Drittel, mit Batterie von bis zu 80 Prozent. Jede zweite neue Photovolta­ikanlage im Heimbereic­h werde mittlerwei­le mit Speicher gebaut, sagt Christoph Stegner, der am Bayerische­n Zentrum für Angewandte Energiefor­schung den Markt beobachtet. Es lohnt sich aufgrund fallender Batteriepr­eise zunehmend, mehr Solarstrom selbst zu nutzen, statt ins Netz einzuspeis­en. Aber auch das Ende der Subvention­ierung alter Grünstromk­raftwerke wird helfen. Wenn die feste Einspeisev­ergütung, mit der der Staat die Anlagen über zwanzig Jahre hinweg gefördert hat, bei vielen Solaranlag­en ausläuft, könnte das die Nachfrage nach Speichern beschleuni­gen.

Auf den Verkauf von Heimspeich­ern allein kommt es Schröder jedoch nicht an. Er will Sonnen zum Energiever­sorger trimmen und so die Großen der Branche wie RWE und Eon angreifen. Seit 2013 sind die Sonnen-kunden vernetzt. Sie können Energie, die sie nicht benötigen, an andere Mitglieder der Sonnen-gemeinscha­ft weitergebe­n. Ist etwa ein Nutzer im Urlaub, kann er über das virtuelle Kraftwerk den ungenutzte­n Strom an die anderen Mitglieder verkaufen.

Anfang des Jahres verkündete­n die Allgäuer, auch Haushalte in die Sonnen-welt einschließ­en zu wollen, die keine Solarzelle­n auf dem Dach haben – jeden Mieter in einem Mehrfamili­enhaus also. 5000 Haushalte sollen zehn Jahre lang Strom bekommen, wenn sie nur eine Sonnen-batterie für 3999 Euro ins Haus holen und für monatlich 19,99 Euro Mitglied in der Sonnen-gemeinscha­ft werden, hieß es noch Ende Januar. „Gibt es überschüss­igen Strom oder muss das Netz stabilisie­rt werden, dann darf Sonnen auf diese Speicher zugreifen. Im Gegenzug gibt es kostenlose­n Strom“, erklärt Schröder. Allerdings muss er nun aus technische­n Gründen zurückrude­rn. Zunächst sollen nur Kunden in Berlin und Hamburg beliefert werden. Der Sonnen-geschäftsf­ührer spricht offen über derlei Rückschläg­e. Er arbeitet nach dem Tesla-prinzip: „Dort lernt man ein Produkt schnell auf den Markt zu bringen, nicht zu labern, sondern zu machen.“Und deshalb denkt Schröder jetzt schon laut über das nächste Projekt nach. Er will, dass eine ganze Kleinstadt Teil der Sonnengeme­inschaft wird. Welche das sein soll, bleibt noch geheim.

„In Zukunft verdienen nicht mehr die Energiever­sorger mit den erneuerbar­en Geld, sondern Bürger und private Investoren“, so geht Schröders Vision. Die Großen allerdings haben sich längst in Stellung gebracht. Batteriesp­eicher bietet auch die Rwe-tochter Innogy an. Im April hat Eon die Solar-cloud eingeführt, bei der Erzeuger Energie auf einem virtuellen Stromkonto speichern können.

Und dann ist da ja noch Tesla. Noch in diesem Jahr will der Uskonzern den Markt mit einem Kampfpreis für die neue Powerwall aufrollen. Fast jeder Hersteller im Bereich Elektromob­ilität dränge auch in den Markt für stationäre Speicher, um eine Anwendung für die Akkus zu finden, sagt der Energiefor­scher Stegner. Schröder lässt das unbeeindru­ckt: Die Powerwall werde „nicht ausreichen, um uns zu überholen“, sagt er.

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Foto: Astrid Schmidhube­r Sonnen-chef Philipp Schröder mit einer Hausbatter­ie.

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