Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Thriller „Get out“als Horror mit Hirn
Horror hat ein Problem: Kinogänger mögen ihn, Kritiker hassen ihn. Den jetzt in Deutschland startenden Us-megahit „Get Out“lieben alle. Das liegt an seiner ungewöhnlichen politischen Botschaft. Erzählt wird die Geschichte von Chris und seiner Freundin Rose. Sie ist weiß, er schwarz. Sie will ihn bei einem Wochenendausflug ihren Eltern vorstellen. Er ist nervös, weil die noch nichts von seiner Hautfarbe wissen und er die Vorurteile der weißen Oberschicht fürchtet – schließlich stößt er auf geheimnisvolle Aktivitäten, die seine Vorstellungskraft übersteigen und ihn in Gefahr bringen. Würde dieser Plot mit ausschließlich weißen Schauspielern erzählt, fehlte viel von dessen Durchschlagskraft. So aber gerät schon der Kontakt mit der Polizei auf dem Hinweg zur Belastungsprobe, als Chris nach einem kleinen Unfall nach seinem Führerschein gefragt wird, obwohl Rose am Steuer saß. Die Tatsache, dass die Zuschauer bei jeder Interaktion einen rassistischen Subtext mitdenken, macht den Film von Regisseur Jordan Peele zum faszinierenden politischen Kommentar. Er spielt exzellent mit dem Ausmalen extremer Wendungen, die vielleicht doch nicht eintreten. Das Horrorgenre passt hervorragend zum Thema Alltagsrassismus.
Doch auch, wer keine Lust auf Sozialkritik hat, erlebt überzeugende Minuten: Die Horrorschrauben im Familienanwesen werden nach und nach souverän festgezurrt. (dpa)