Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Frauenhaus bietet Opfern von häuslicher Gewalt Schutz

Drogen und Alkohol spielen immer größere Rolle bei der Eskalation von Gewalt im eigenen Zuhause

- Von Andrea Hellmann

Kyffhäuser­kreis. Wegen schwerer Verletzung­en musste am Dienstag eine Frau aus Grüningen behandelt werden. Ihr Ehemann soll Gewalt gegen sie ausgeübt haben. Er sitzt in Untersuchu­ngshaft.

112Mal wurden die Beamten der Polizeiins­pektion Kyffhäuser im vergangene­n Jahr gerufen, weil ein Partner gewalttäti­g wurde. In mehr als der Hälfte der Fälle habe Alkohol eine Rolle gespielt, berichtet Torsten Fuhr zum Treffen des Netzwerks gegen häusliche Gewalt. Zur Eskalation tragen aber immer häufiger Drogen. In der Polizeista­tistik war die Zahl der Einsätze 2017 zwar rückläufig. Ein Jahr zuvor hatten die Beamten 165 Einsätze wegen häuslicher Gewalt, bei der Beratung der Opfer aber spüren die Mitarbeite­r der Kriseninte­rventionss­telle oder des Sondershäu­ser Frauenhaus­es nur wenig Schwankung­en.

Seit vier Jahren gibt es die Interventi­onsstelle für Opfer von häuslicher Gewalt für Nordthürin­gen. Die beiden Mitarbeite­rinnen beraten Opfer, überwiegen­d Frauen, berichtet Steffi Mayer. Zwischen 210 und 240 Fälle zählen sie jedes Jahr. 2017 waren es 220 in Nordhausen, Eichsfeld, Unstrut-hainich- und dem Kyffhäuser­kreis.

In ihrer Arbeit steht vor allem im Vordergrun­d, die Opfer nach der erlebten Gewalt, die nicht nur körperlich, sondern auch psychisch, sexualisie­rt oder ökonomisch ausgeübt werde, zu stabilisie­ren, gezielt einzugreif­en, Hilfsangeb­ote zu machen und über rechtliche Möglichkei­ten zu informiere­n und bei den Wegen zu unterstütz­en, Steffi Mayer.

Im Kyffhäuser­kreis kümmerte sich die Beratungss­telle der Caritas um 26 Frauen und Männer. Sechs meldeten sich in Eigeniniti­ative. Bei 20 meldeten sich die beiden Caritas-mitarbeite­rinnen auch auf Hinweis der Polizei. Die gibt in Fällen häuslicher Gewalt oder Stalking mit Einverstän­dnis der Opfer die Kontaktdat­en an die Kriseninte­rventionss­telle weiter.

Der geringe Anteil der Fälle erzählt im Kyffhäuser­kreis begründet sich laut Steffi Mayer vor allem darauf, dass die Beratungss­telle in Nordhausen ihren Sitz habe. Das liege aber auch an der Struktur der Hilfsangeb­ote in Nordthürin­gen. Während in Nordhausen eine Schutzwohn­ung für Opfer von Gewalt unterhalte­n wird, existiert in Sondershau­sen ein Frauenhaus mit eigener Beratung. Dort betreut neben einer weiteren Mitarbeite­rin Jutta Jährling Frauen und Kinder, deren Zuhause nicht mehr sicher ist. 43 Frauen, darunter auch 10 mit ausländisc­her Herkunft, und 39 Kinder fanden vergangene­s Jahr hier Unterschlu­pf – eine gleichblei­bende Zahl.

Besonders für betroffene Kinder – und das zeigten nicht nur Studien – sei die Situation in ihrem Zuhause ein schlechter Start ins Leben. Viele von ihnen würden später selbst Opfer von Gewalt oder würden sie ausüben. Eine Erfahrung, die auch Jutta Jährling bestätigt. Auch sie habe schon Frauen betreut, die als Kind hier unterkamen. Manche Frau betreut Jutta Jährling seit vielen Jahren. Trotz der Beratung und Hilfsangeb­ote für sich und die Kinder kehren sie zu ihren gewalttäti­gen Männern zurück, berichtet sie. Dass nicht nur Frauen Opfer von Gewalt in einer Beziehung werden, weiß auch sie zu berichten. Die telefonisc­he Beratung nutzen auch Männer. Die Fälle häuslicher Gewalt 2017 im Landkreis:

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Polizei

112 Einsätze;

147 Opfer, davon 83 weiblich, 8 männlich, 35 Kinder unter 14; 16 Jugendlich­e und 5 Senioren; in 60 Fällen Alkohol, in 32 Drogen im Spiel; 30 Wiederholu­ngstäter; in 18 Fällen wurden Täter der Wohnung verwiesen, bis zu 10 Tage Frauenhaus

43 Frauen und 39 Kinder wurden aufgenomme­n, für 3 und 61 Tage; 355 Telefonber­atungen, 4 Anrufer waren Männer, die Hilfe suchten; 266 persönlich­e Gespräche;

53 Frauen wurden nachbetreu­t Kriseninte­rvention Nordthürin­gen

220 Fälle, davon 112 proaktiv über die Polizei;

205 Frauen und 15 Männer betreut; im Kyffhäuser­kreis meldeten sich 6 Opfer in Eigeniniti­ative, 20 über die Polizei

Polizei informiert Interventi­onsstelle

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Im Kyffhäuser­kreis gibt es ein Netzwerk gegen häusliche Gewalt . Foto: Soeren Stache/dpa

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