Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Frauenhaus bietet Opfern von häuslicher Gewalt Schutz
Drogen und Alkohol spielen immer größere Rolle bei der Eskalation von Gewalt im eigenen Zuhause
Kyffhäuserkreis. Wegen schwerer Verletzungen musste am Dienstag eine Frau aus Grüningen behandelt werden. Ihr Ehemann soll Gewalt gegen sie ausgeübt haben. Er sitzt in Untersuchungshaft.
112Mal wurden die Beamten der Polizeiinspektion Kyffhäuser im vergangenen Jahr gerufen, weil ein Partner gewalttätig wurde. In mehr als der Hälfte der Fälle habe Alkohol eine Rolle gespielt, berichtet Torsten Fuhr zum Treffen des Netzwerks gegen häusliche Gewalt. Zur Eskalation tragen aber immer häufiger Drogen. In der Polizeistatistik war die Zahl der Einsätze 2017 zwar rückläufig. Ein Jahr zuvor hatten die Beamten 165 Einsätze wegen häuslicher Gewalt, bei der Beratung der Opfer aber spüren die Mitarbeiter der Kriseninterventionsstelle oder des Sondershäuser Frauenhauses nur wenig Schwankungen.
Seit vier Jahren gibt es die Interventionsstelle für Opfer von häuslicher Gewalt für Nordthüringen. Die beiden Mitarbeiterinnen beraten Opfer, überwiegend Frauen, berichtet Steffi Mayer. Zwischen 210 und 240 Fälle zählen sie jedes Jahr. 2017 waren es 220 in Nordhausen, Eichsfeld, Unstrut-hainich- und dem Kyffhäuserkreis.
In ihrer Arbeit steht vor allem im Vordergrund, die Opfer nach der erlebten Gewalt, die nicht nur körperlich, sondern auch psychisch, sexualisiert oder ökonomisch ausgeübt werde, zu stabilisieren, gezielt einzugreifen, Hilfsangebote zu machen und über rechtliche Möglichkeiten zu informieren und bei den Wegen zu unterstützen, Steffi Mayer.
Im Kyffhäuserkreis kümmerte sich die Beratungsstelle der Caritas um 26 Frauen und Männer. Sechs meldeten sich in Eigeninitiative. Bei 20 meldeten sich die beiden Caritas-mitarbeiterinnen auch auf Hinweis der Polizei. Die gibt in Fällen häuslicher Gewalt oder Stalking mit Einverständnis der Opfer die Kontaktdaten an die Kriseninterventionsstelle weiter.
Der geringe Anteil der Fälle erzählt im Kyffhäuserkreis begründet sich laut Steffi Mayer vor allem darauf, dass die Beratungsstelle in Nordhausen ihren Sitz habe. Das liege aber auch an der Struktur der Hilfsangebote in Nordthüringen. Während in Nordhausen eine Schutzwohnung für Opfer von Gewalt unterhalten wird, existiert in Sondershausen ein Frauenhaus mit eigener Beratung. Dort betreut neben einer weiteren Mitarbeiterin Jutta Jährling Frauen und Kinder, deren Zuhause nicht mehr sicher ist. 43 Frauen, darunter auch 10 mit ausländischer Herkunft, und 39 Kinder fanden vergangenes Jahr hier Unterschlupf – eine gleichbleibende Zahl.
Besonders für betroffene Kinder – und das zeigten nicht nur Studien – sei die Situation in ihrem Zuhause ein schlechter Start ins Leben. Viele von ihnen würden später selbst Opfer von Gewalt oder würden sie ausüben. Eine Erfahrung, die auch Jutta Jährling bestätigt. Auch sie habe schon Frauen betreut, die als Kind hier unterkamen. Manche Frau betreut Jutta Jährling seit vielen Jahren. Trotz der Beratung und Hilfsangebote für sich und die Kinder kehren sie zu ihren gewalttätigen Männern zurück, berichtet sie. Dass nicht nur Frauen Opfer von Gewalt in einer Beziehung werden, weiß auch sie zu berichten. Die telefonische Beratung nutzen auch Männer. Die Fälle häuslicher Gewalt 2017 im Landkreis:
▶ ▶ ▶
Polizei
112 Einsätze;
147 Opfer, davon 83 weiblich, 8 männlich, 35 Kinder unter 14; 16 Jugendliche und 5 Senioren; in 60 Fällen Alkohol, in 32 Drogen im Spiel; 30 Wiederholungstäter; in 18 Fällen wurden Täter der Wohnung verwiesen, bis zu 10 Tage Frauenhaus
43 Frauen und 39 Kinder wurden aufgenommen, für 3 und 61 Tage; 355 Telefonberatungen, 4 Anrufer waren Männer, die Hilfe suchten; 266 persönliche Gespräche;
53 Frauen wurden nachbetreut Krisenintervention Nordthüringen
220 Fälle, davon 112 proaktiv über die Polizei;
205 Frauen und 15 Männer betreut; im Kyffhäuserkreis meldeten sich 6 Opfer in Eigeninitiative, 20 über die Polizei
Polizei informiert Interventionsstelle