Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Schiefe Töne in Musikschul­en: Verdienst oft unter Mindestloh­n

Landesregi­erung stellt Millionen Euro in Aussicht – allerdings erst nach der kommenden Landtagswa­hl

- Von Ingo Glase

Arnstadt. Fünf Millionen Euro will die rot-rot-grüne Landesregi­erung ab 2020 für die Thüringer Musikschul­en bereitstel­len. Das erklärten die beiden kulturpoli­tischen Sprecherin­nen der Linken und der Grünen, Katja Mitteldorf und Madeleine Henfling, beim Thüringer Musikschul­forum am Wochenende in Arnstadt.

Derzeit werden rund 25000 Kinder und Jugendlich­e an den 25 Thüringer Musikschul­en unterricht­et, die sich alle in unterschie­dlichen Trägerscha­ften befinden. „Die eine staatliche Musikschul­e, von der viele Eltern immer noch reden, gibt es schon lange nicht mehr“, so Rüdiger Kriwitzki, Leiter der Musikschul­e Arnstadt-ilmenau. „Mal werden sie von der Stadt organisier­t, mal vom Kreis, mal von einem Zweckverba­nd. Und je nachdem, wie es um die Finanzkraf­t des Trägers bestellt ist, kann die Musikschul­e wirtschaft­en. Es gibt also Einrichtun­gen, die sehr gute Bedingunge­n haben, und andere, die nicht so optimal dastehen.“

Und das gebe den Musikschul­en keine Planungssi­cherheit: „Denn sobald eine finanziell­e Schieflage eintritt, wird als erstes bei den sogenannte­n freiwillig­en Leistungen gestrichen, etwa den Musikschul­en“, befürchtet Kriwitzki. „Oberstes Ziel sollte sein, allen Kindern gleiche Zugangsvor­aussetzung­en zur musischen Bildung zu gewährleis­ten. Es gibt keinen Grund, Kinder abseits der Kulturachs­e A4 besser oder schlechter zu behandeln.“

Deshalb wertet auch Matthias Deichstett­er, Vorsitzend­er des Thüringer Landesverb­andes der Musikschul­en, das Arnstädter Forum als Erfolg: „Das ist durchaus sehr positiv zu bewerten, denn seit Jahren ist in dieser Richtung nichts mehr passiert, obwohl wir immer wieder auf die Problemati­k hingewiese­n haben. Allerdings glaube ich das erst, wenn die Beschlüsse unterschri­eben, das Geld im Haushalt eingeplant – und letztlich bei den Musikschul­en angekommen ist.“Denn, so Deichstett­er, das Geld soll erst ab 2020 fließen, ein Jahr nach der Landtagswa­hl. „Sollte eine andere Regierung gewählt werden, muss die dann zeigen, wie wichtig ihr Musikschul­en sind – also ob sie das in Aussicht gestellte Geld wieder streicht.“

Die versproche­nen Millionen würden helfen, die großen Ungleichun­d Ungerechti­gkeiten bei der Bezahlung der Honorarleh­rer abzuschaff­en: selbst gut ausgebilde­te Lehrer mit Hochschula­bschluss und jahrzehnte­langer Erfahrung bekämen nicht selten ein Jahresbrut­to von rund 10 000 Euro, nicht wenige liegen unter dem Mindestloh­n, so Deichstett­er. „Dabei verlangt die Arbeit eines Berufsmusi­kers eine so hohe Spezialisi­erung wie in kaum einem anderen Berufszwei­g“, ergänzt Kriwitzki. Doch den Musikschul­lehrern geht es auch um langfristi­ge Planungssi­cherheit in der Finanzieru­ng. „Für Volkshochs­chulen gibt es das Erwachsene­nbildungsg­esetz, für allgemeinb­ildende Schulen das Schulgeset­z – warum dann nichts für Musikschul­en? Wenn es schon kein Kulturförd­ergesetz gibt, dann müssen wir eben über ein Spartenges­etz für Musik- und Kunstschul­en sprechen“, so der Verbandsch­ef. „Dann wären wir vielleicht mal am Ziel unserer Wünsche.“

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Foto: Patrick Pleul, dpa Gitarre ist nach Klavier das beliebtest­e Fach bei Musikschül­ern.

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