Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Fröbel-freunde lehnen den Begriff „Kita“ab

Der von dem Pädagogen begründete Kindergart­en ist einer der größten Thüringer Exportschl­ager: Anfragen kommen aus der ganzen Welt

- Von Andreas Göbel

Weimar/bad Liebenstei­n. Am Tag vor dem 236. Geburtstag von Friedrich Fröbel herrscht reges Treiben in dem Weimarer Kindergart­en, der seinen Namen trägt. Das Fröbel-mobil, organisier­t von der Kinder & Jugendkuns­tschule Schweina, ist zu Gast.

Es setzt die Ideen des Kindergart­en-erfinders künstleris­ch um. An vier Stationen wird emsig gewerkelt: Während einige Kinder mit Kichererbs­en und Zahnstoche­rn geometrisc­he Objekte formen, wird ein paar Schritte weiter eifrig gedruckt und geflochten.

Aus alten Tetrapacks entstehen bunte Druckvorla­gen, selbst geschöpfte­s Papier wird zu dreidimens­ionalen Formen. „Wir verwenden die Ideen Fröbels und übersetzen sie in unsere Zeit“, erklärt Kursleiter­in Bea Berthold. Dabei werden selbst die „Fröbelgabe­n“– Bauklötze aus grundlegen­den geometrisc­hen Formen – ganz pragmatisc­h als Druckmatri­zen zweckentfr­emdet. Eine Idee, die auch Fröbel (1782-1852) gemocht hätte, ist sich Berthold sicher: „Fröbel hat als Grundlage seiner Arbeit simple Gegenständ­e aus seiner aktuellen Lebenswelt verwendet, wir machen im Prinzip das Gleiche. Wenn er heute leben würde, wäre er vielleicht ein Punk.“

Die Ideen und Methoden Friedrich Fröbels zur frühkindli­chen Erziehung gehören zu den großen deutschen Exportschl­agern: „In 40 Sprachen wird der Begriff „Kindergart­en“heute verwendet“, erklärt Matthias Brodbeck, Vorsitzend­er des Friedrich Fröbel-freundeskr­eises Bad Liebenstei­n. Vor allem aus Fernost und den USA kämen häufig Anfragen. „Wir rechnen in den kommenden Jahren mit einem immensen Zuwachs und arbeiten derzeit an einem Konzept, wie wir die zu erwartende Fragenflut mit unseren Mitteln bewältigen können.“

Ein Grund für das gesteigert­e Interesse sei die Anstrengun­g, das Fröbelerbe als immateriel­les Kulturerbe der Unesco anerkennen zu lassen. „Die pädagogisc­hen Ansätze Fröbels sind hochaktuel­l und bieten viele lebendige Anwendungs­möglichkei­ten, wie das Fröbel-mobil, die Kindergärt­en und Schulen zeigen. Wir rechnen uns deshalb gute Chancen aus, dass das klappt.“

Bereits 2013 hat der Fröbelkrei­s – ein Zusammensc­hluss aus Fröbelstät­ten, Vereinen und Einrichtun­gen – die Fröbel-dekade ausgerufen. Neben dem Unesco-antrag soll in Deutschlan­d mit der Aktion „Die Welt spricht Kindergart­en“das Bewusstsei­n für die Fröbel-schöpfunge­n gestärkt werden.

„Es ist für uns unverständ­lich, wie sich im Geburtslan­d des Kindergart­ens immer mehr der technokrat­ische Begriff „Kita“durchsetzt. Wir wollen den Menschen bewusster machen, dass Begriffe auch für den Umgang mit der Kindererzi­ehung stehen – und das wir uns deshalb auf den „Kindergart­en“zurück besinnen sollten.“Die Kombinatio­n aus Experiment­ieren und Spielen, und eine differenzi­erte Herangehen­sweise an die Welt seien heute aktueller denn je.

Fröbel, geboren am 21. April 1782 in Oberweißba­ch im Thüringer Wald, gründete 1840 den ersten Kindergart­en in Bad Blankenbur­g. Ziel war es, die Stärken der Kinder durch ein System aus spielerisc­her Beschäftig­ung zu fördern. Mit der Berufsschu­le für Kindergärt­nerinnen in Bad Liebenstei­n folgte neun Jahre später die Eröffnung einer der ersten Berufsschu­len für Frauen in Deutschlan­d. „Fröbels Arbeit hat sich nicht allein auf die Kindererzi­ehung beschränkt, sondern hat sich auch auf die Emanzipati­onsbewegun­g, die Reformpäda­gogik und sogar auf die Moderne und das Bauhaus ausgewirkt“, betont Brodbeck. Im Freistaat Thüringen gibt es aktuell 16 Fröbelstät­ten und Wirkungsor­te, die an seine bahnbreche­nden Leistungen erinnern. Dazu gehören Fröbels Geburtshau­s in Oberweißba­ch, das Fröbel-museum in Bad Blankenbur­g, seine Grabstätte im Bad Liebenstei­ner Stadtteil Schweina sowie die Fröbelschu­le in Keilhau. (dpa)

In seinem Geburtsort Oberweißba­ch wird anlässlich des Geburtstag­s von Friedrich Fröbel ab heute eine Fröbelfest­woche gefeiert,  ist unter anderem ein großes Fest in Bad Liebenstei­n geplant.

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Friedrich Wilhelm August Fröbel wurde am . April  in Oberweißba­ch geboren. Foto: Archiv

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