Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Lauingers unfreiwilliger Auftritt
Der Minister muss heute erstmals in der Affäre um seinen Sohn vor dem Untersuchungsausschuss aussagen
Erfurt. Es ist bald zwei Jahre her, da saß das Ehepaar Lauinger in einem Café in Erfurt, unweit des Landtags. Sie blickten in Kameras und Mikrofone.
Der grüne Justizminister und seine Frau versuchten an jenem Tag im August 2016 zu erklären, warum es völlig in Ordnung war, dass ihr Sohn am Ende der 10. Gymnasialklasse nicht die gesetzliche vorgeschriebene Prüfung ablegte. Alles, sagten sie, sei von der Schule und der Behörde genehmigt worden: Der mehrmonatige Besuch einer Schule in Neuseeland und die Befreiung von der Prüfung.
Wenn es einen Skandal gebe, sagte Dieter Lauinger, dann habe er damit zu tun, dass das Bildungsministerium diese Genehmigung kassiere. Er selbst habe sich nichts vorzuwerfen – auch nicht die Beschwerdeanrufe im Ministerium, die nach einigem Hin und Her zur Folge hatten, dass Ministerin Birgit Klaubert (Linke) ihre eigenen Fachabteilung überstimmte und der Schüler ohne Prüfung in die 11. Klasse versetzt wurde.
Die Spontanpressekonferenz im Café verfolgt Lauinger bis heute. Denn er sagte damals an einigen Punkten die Unwahrheit, in anderen versuchte er, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. So stritt er auf Nachfrage explizit ab, mit dem Diensttelefon über seine Sekretärin bei der Schulabteilung im Bildungsministerium angerufen zu haben. Auch fehlte in dem von ihm verteilten Verordnungstext, der eine Prüfungsbefreiung regelt, der Passus, der ihn belastete. Zudem spielte er seine Kontakte mit diversen Regierungsmitgliedern in dieser Sache herunter.
Manches davon stellte Lauinger kurz darauf vor dem Landtag und in einer Sondersitzun der Fachausschüsse richtig. Zudem entschuldigte er sich.
Doch die Cdu-landtagsfraktion wollte alle Akten sehen und setzte, als dies die Landesregierung verweigerte, einen Untersuchungsausschuss durch. Heute nun müssen Lauinger und seine Frau erstmals vor dem Gremium in der Sache aussagen. Denn bisher hat der Ausschuss vor allem die umfangreiche Aktenlage in Ministerien, Behörden und Schule sondiert und geprüft. Allein zu diesem Zweck wurden Dutzende Zeugen geladen – wobei hier schon einige, bisher nicht bekannte Details hinzu kamen.
Diese Details werden von der CDU so interpretiert, dass Lauinger bis zur endgültigen Entscheidung Klauberts Druck auf die Ministerin ausübte und ihr sogar die Ausnahmeklausel für das Zeugnis diktieren ließ. Diese Sicht wird durch die Aussage und damals angefertigte Vermerke des Schulabteilungsleiters gestützt – aber durch Klaubert und andere Zeugen dementiert.
Doch darum dürfte es heute noch nicht gehen. Das Ehepaar Lauinger soll nur dazu befragt werden, wie es im Spätherbst 2015 dazu kam, dass die Schule den Auslandsaufenthalt nebst Prüfungsbefreiung des Ministersohns genehmigt. Auch hier stellen sich Fragen, selbst wenn diese sich womöglich leicht auflösen lassen. So sprach sich offenbar die Klassenkonferenz schon dafür aus, bevor ein formaler Antrag durch die Lauingers gestellt worden war.
Der Auftritt heute besitzt daher, falls nicht Unvorhersehbares geschieht, vor allem symbolische Bedeutung. Doch zuweilen ist in der Politik Symbolik mindestens genauso wichtig wie Substanz. Und nicht umsonst gelten Untersuchungsausschüsse als wichtigstes Kampfinstrument der Opposition.
Die CDU kann sich also daran erfreuen, dass sie ausgerechnet vor den Stichwahlen einen Vertreter der rot-rot-grünen Landesregierung öffentlichkeitswirksam vorführen kann. Und in großen Teilen der Koalition dürfte man sich darüber ärgern, dass sie dies zuließ. Und die richtigen Wahlkämpfe folgen ja erst noch.