Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
„Man muss auch Nein sagen können“
Als Bühnenmeister am Theater Erfurt ist Sören Lopata die Verbindung zwischen technischer Leitung und Bühnenarbeitern
Erfurt. „Der kommt gleich“, versichert Beleuchtungsmeister Florian Hahn. Er sitzt in der Kantine des Erfurter Theaters.
Der, das ist Sören Lopata, Bühnenmeister. Die beiden können gut miteinander. Das müssen sie auch. Denn sie sind diejenigen, die hinter der Bühne dafür sorgen, dass der rote Vorhang dann fällt, wenn er es soll. Und das auch noch im richtigen Licht. Und dass zuvor, natürlich, die Kulissen so gestellt werden, wie die Künstler sie brauchen.
Sören Lopata ist einer der vier Bühnenmeister am Erfurter Theater. 26 Männer und eine Frau gehören zu seiner Abteilung. „Ich bin nichts ohne sie“, sagt er.
Er sagt das nicht, weil es sich gehört. Er war selbst einer von denen. Es sind Leute, denen er sagen muss, was sie wann zu tun haben, damit eine Vorstellung läuft oder eine Probe oder ein Konzert.
Wie an diesem Tag zum Beispiel. Sören Lopata ist auf Empfang. Er muss über sein Funkgerät immer erreichbar sein. Gerade werden noch für Proben im Hause Stühle auf der Probebühne benötigt. Der Steigerwaldchor benötigt sie. Und Lopata kümmert sich darum. Das ist keine große Sache. Aber ohne Stuhl geht es nun mal nicht. Eine ganz andere Herausforderung für den Bühnenmeister war die Inszenierung der Wagner-oper „Der fliegende Holländer“, die im April Premiere hatte. Da schwebt ein riesiges Schiff über der Bühne.
Als die Proben im Februar begannen, wog es viel zu viel. Die Bühnenmaschinerie war überfordert. Wie wird das Ding leichter, ohne dass die Optik leidet? Damit es auch weiterhin rostig und gewichtig die Düsternis Sören Lopata kennt sich auf und hinter der Bühne bestens aus.
der Bühne dominiert? Sören Lopata ist bei diesen Besprechungen mit der technischen Leitung dabei. Natürlich. Er ist ja sozusagen der Mittler zwischen denen und seinen Bühnenarbeitern.
Wenn er glaubt, dass etwas tatsächlich nicht geht, dann sagt er es auch. Das hat er erst lernen müssen. Im Jahr 2013, mit der Verdi-oper „Don Carlo“. Stefano Poda war für Regie und Bühnenbild verantwortlich. „Das war eine intensive Inszenierung“, erinnert sich Sören Lopata.
Die Bühnenwagen sollten taktgenau die Podien fahren. Und auch die Seitenbühnenwagen hatten auf die Synkope exakt zu rollen. An dieser Mammutaufgabe hat sich die Technik verschluckt.
Das interessiert den Regisseur nicht. Stattdessen lässt er einige Brüller los, weil er zunächst nicht einsehen mag, dass seine Idee für die Technik zu ambitioniert ist. „Künstlerische Vorstellungen sind nicht immer umsetzbar“, sagt Lopata.
Das Nein fällt ihm dennoch schwer. Aber es geht wirklich nicht. Und tatsächlich: Der Regisseur sieht es schließlich ein und korrigiert. „Während dieser Inszenierung habe ich gelernt, wie wichtig das Nein ist“, sagt Sören Lopata. Da ist er gerade mal seit wenigen Monaten Bühnenmeister. Aber er ist der, der die Erfahrung hat. Und natürlich lässt sich im Team immer besprechen, ob eine technische Finesse mit ein paar Tricks doch noch gehen könnte. Wie für das fliegende Schiff. Doch Unmögliches bleibt unmöglich.
Sören Lopata liebt das Theater. Auch wenn es da manchmal viel Lärm um nichts gibt. Theaterdonner gehört halt dazu. Er mag die technischen Möglichkeiten der Erfurter Bühne. Sie ist größer als beispielsweise die in Weimar oder Meiningen. Kein Wunder. Das Theater ist gerade mal 15 Jahre alt. Die vier Hubpodien ermöglichen manchen Trick, den es auf anderen Bühnen nicht gibt.
„Junge, mach’ etwas Handwerkliches“, hat Mutter damals in der DDR gesagt, als er nicht zur Erweiterten Oberschule darf und damit auch sein Traum vom Studium der Umwelttechnik platzt. Handwerker also. Warum nicht? Es ist ein Zufall, dass er am Theater landet. Es hat ihm anderswo nicht gefallen und am Theater gab es einen Ausbildungsplatz.
Das Schiff war anfangs zu schwer zum Schweben
Technik ist gut, Kontrolle ist besser
Er tut das, was wohl alle Bühnenmeister während der ersten Berufsjahre tun: Er lernt in der Tischlerei und in der Schlosserei und im Malsaal. Drei Jahre lang. Dann weiß er einiges rund um das Bauen von Dekorationen. Krankheitsbedingt muss er später in der Tischlerei aufgeben. Mehrmals kugelt er sich die Schulter aus. Für sieben Jahre geht er deshalb fort vom Theater. Und kommt zurück. Wird wieder Bühnentechniker, wie die Kulissenschieber längst heißen. Weil sie nicht mehr nur schieben und heben. Und am 1. April 2013 schließlich wird er Bühnenmeister – am selben Tag, an dem Florian Hahn seinen Vertrag als Beleuchtungsmeister bekommt.
Seither spielen sich die beiden die nötigen Kulissen und Lampen zu. Die Kulissen werden für die Proben so gestellt, dass die Beleuchter ebenfalls proben können, während der Beleuchtungsprobe und vor allem in der letzten Probenwoche. Dann muss alles stimmen. Durchlauf- und Hauptproben sind auch für sie mit ihren Bühnenarbeitern und Beleuchtern der pure Stress. Was nützt die beste Inszenierung, wenn sie nicht ins rechte Licht und nicht in die richtige Kulisse gesetzt wird?
Sören Lopata geht viele Abende ins Theater, obwohl er sich längst nicht alle Stücke im Zuschauerraum ansieht. Aber für den Fall der Fälle muss immer ein Bühnenmeister während der Vorstellung in der Gasse stehen. Technik ist gut, Kontrolle ist besser. . .