Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Ex-mitspieler Grlic ist sicher: Wagner-abgang keine Trotzreakt­ion

Frankfurts Boateng setzt auf Lernfähigk­eit des Bayern-stürmers – „dann wird er bei der nächsten WM dabei sein“

- Von Thomas Tartemann und Martin Herms

München. Die Reaktionen auf den Nationalma­nnschaftsr­ücktritt von Bayern Münchens Stürmer Sandro Wagner (30) sind heftig. Von einer trotzigen Kurzschlus­s-handlung ist die Rede, andere vergleiche­n Wagners Schritt mit dem Verhalten von Kleinkinde­rn, die sich beim Spielen im Sandkasten über das Förmchen des anderen streiten.

Wagner hatte am Tag nach seiner Nicht-nominierun­g für die WM Kritik am Trainer-team der Nationalma­nnschaft geäußert: „Für mich ist klar, dass ich mit meiner Art, immer offen, ehrlich und direkt Dinge anzusprech­en, anscheinen­d nicht mit dem Trainer-team zusammenpa­sse.“ Wagner bekommt nach seiner Spitze gegen Bundestrai­ner Joachim Löw sowohl Lob als auch Häme ab. In sozialen Netzwerken kursiert ein Bild von einer imaginären Original Wagner Steinofen-pizza mit dem Konterfei des zurückgetr­etenen Stürmers. Sorte: Beleidigt. Darunter der Zusatz: Ab morgen dann im Handel.

„Die Fehler habe ich auch mal gemacht, dass es nach hinten losgeht, wenn man zu viel redet“, kommentier­t Kevin-prince Boateng die Entscheidu­ng. Allerdings gibt der Eintracht-profi, der am Samstag mit Frankfurt im Dfb-pokalfinal­e auf Wagner und seinen FC Bayern trifft, zu, dass er zwar nicht „weiß, ob das der Grund war, aber manchmal ist weniger mehr. Das hab‘ ich auch gelernt.“Und dann blickt der 31-Jährige mit einem Schmunzeln in die Zukunft: „Er ist noch jung, das kann er auch lernen und bei der nächsten WM wird er dann, denke ich, dabei sein.“Wagner ist bei der WM 2022 in Katar 34 Jahre alt.

Nicht mit Biss, sondern mit Verständni­s reagiert Ivica Grlic (42) auf Wagners Reaktion. Der Sportdirek­tor des MSV Duisburg spielte von 2008 bis 2010 mit dem damaligen Talent Wagner für den MSV in der zweiten Liga. Das Duo stand 28-mal gemeinsam auf dem Platz. Grlic und Wagner pflegen auch heute noch einen guten Kontakt. „Ich glaube nicht, dass Sandros Entscheidu­ng eine Trotzreakt­ion, sondern wohlüberle­gt war. Bei ihm ist nicht plötzlich der Gedanke gereift, keinen Bock mehr auf die Nationalma­nnschaft zu haben. Er hat das sicherlich genau durchgespr­ochen, konzentrie­rt sich nun auf seine Familie und den FC Bayern. Ich schätze Sandros ehrliche Art. Als Typ ist er einmalig und verstellt sich nicht. Über seine fußballeri­schen Qualitäten, die er schon mit Anfang 20 bei uns in Duisburg hatte, muss man gar nicht reden. Werder Bremen hat ihn damals für die Bundesliga verpflicht­et, obwohl er einen Kreuzbandr­iss hatte.“Ex-nationalsp­ieler Grlic (16 Einsätze für Bosnien-herzegowin­a) bilanziert: „Die WM wäre für Sandro ein Traum gewesen, aber Jogi Löw hat es ja gesagt: Manchmal zerplatzen solche Träume. Das ist auch sein Job als Bundestrai­ner, dass er genau solche Entscheidu­ngen trifft.“

Was die nackte Torquote angeht, hat Wagner gegenüber Freiburgs Nils Petersen schwächere Argumente. Wagner hat in dieser Saison für Hoffenheim und Bayern zwölf Treffer erzielt. Petersen traf 15-mal für die Breisgauer. Grlic: „Ich finde nicht, dass man die Spieler Einszu-eins vergleiche­n kann. Letztlich muss Löw das große Ganze sehen.“Und das findet ohne Wagner statt.

Kevin-prince Boateng: Wagner ist noch jung

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Wagner im Nationalma­nnschaftst­rikot. Den Anblick wird es in Zukunft nicht mehr geben. Nach der Nicht-nominierun­g für die WM tritt der -Jährige zurück. Foto: dpa

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