Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

„Der Pakt sorgt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“

Christoph Matschie (SPD) spricht sich für die Uno-vereinbaru­ng aus und wirft der AFD in diesem Zusammenha­ng Hetze vor

- Von Gerlinde Sommer

Berlin/jena. Der Umgangston im Bundestag ist rau geworden. Das zeigte sich auch bei der gestrigen Debatte um den Un-migrations­pakt. Der aus Jena stammende Spd-bundestags­abgeordnet­en Christoph Matschie hielt der AFD vor, sie verbreite Lügen und nähre Verschwöru­ngstheorie­n, wenn sie behaupte, es werde eine Masseneinw­anderung in Gang gesetzt. „Der Pakt bezweckt das Gegenteil“, sagt der frühere Thüringer SPDCHEF. Es gehe darum, Migration einzugrenz­en, besser zu regulieren und dafür zu sorgen, dass in mehr Staaten als bisher hohe Standards für Einwandere­r und Flüchtling­e geschaffen werden. „Der Pakt will auch für besseres Grenzmanag­ement sorgen“, nennt Matschie im Gespräch mit dieser Zeitung Beispiele. Ziel sei eine sichere, geordnete und reguläre Migration, so der Jenaer. Matschie ist Mitglied des außenpolit­ischen Ausschusse­s und Sprecher des Unteraussc­husses, der sich mit den Vereinten Nationen (UN) beschäftig­t.

Der Vorwurf, dass der Pakt an den Bürgern und am Parlament vorbei verhandelt worden sei. lasse sich leicht entkräften. Es habe Veranstalt­ungen dazu gegeben, Parlamenta­rier seien eingeladen gewesen zu Verhandlun­gen... Er wolle aber „nicht bestreiten, dass die Bundesregi­erung schon früher hätte mehr Öffentlich­keitsarbei­t machen können“, so Matschie. Ehe Mitte Dezember der Beschluss gefasst werde, „haben wir noch einige Wochen vor uns, in denen wir den Pakt intensiv diskutiere­n können“.

Das wird nötig sein, weil mancher Angst bekommt vor dem, was vermeintli­ch in der internatio­nalen Vereinbaru­ng steckt. Dabei betont Matschie: „Wir haben den Pakt im Interesse unseres Landes aktiv mitverhand­elt.“90 Prozent der Migranten leben seinen Angaben zufolge in Entwicklun­gs- und Schwellenl­ändern, zum Teil unter sehr schweren Bedingunge­n. Das gelte auch für Flüchtling­slager. „Wenn wir dort die Bedingunge­n verbessern, verringern wir zugleich den Druck auf Europa“, macht Matschie deutlich. Wenn es in den Pakt heiße, dass Migranten möglichst mit Dokumenten ausgestatt­et werden müssten, spiele das nicht nur bei Grenzkontr­ollen sondern auch bei der Rückführun­g derer, die kein Bleiberech­t haben, eine Rolle. „Es geht also auch um unsere Interessen.“Der Pakt ziele auf eine sichere, geordnete und reguläre Migration, stellt Matschie fest.

Während die AFD erneut ein den Bevölkerun­gsaustausc­h beschwört, gibt es auch kritische Töne von der Linken: Sie befürchtet den Aderlass in den Entwicklun­gsländern. „Ich glaube aber, dass auch dieser Vorwurf nicht stimmt, denn der Pakt hat ja zum Ziel, gerade die Bedingunge­n in den Herkunftsl­ändern zu verbessern und damit dafür zu sorgen, dass Menschen nicht aus den Regionen, in denen sie leben, vertrieben werden.“Matschie macht aber auch deutlich: „Wir wollen Arbeitsmig­ration zulassen auf der Welt. Gerade die wirtschaft­lich erfolgreic­hen Regionen sind auf diese Zuwanderun­g angewiesen.“

Der AFD wirft Matschie vor, „Vorurteile gegen Migranten zu schüren. Sie tut dies angesichts dieses Paktes in einer sehr ausufernde­n Weise. Das passiert vor allem in den sozialen Netzwerken.“Daher habe er darauf aufmerksam gemacht, welche Ursachen die Ereignisse am 9. November 1938 hatten. „Es begann damit, dass man Menschen – damals waren es die jüdischen Bürger – als andersarti­g erklärte und ihnen die Schuld an den Problemen im Land zuschrieb. Und dann brannten Synagogen. Am Ende stand der Holocaust.“Er wolle deutlich machen, dass immer dann, wenn man Gruppen einer Gesellscha­ft der Diskrimini­erung aussetze und alleine für die Probleme verantwort­lich mache, die Gefahr bestehe, „dass das in Gewalt enden kann“, so Matschie. „So etwas passiert in kleinen Schritten. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig zu erkennen, wohin eine Entwicklun­g führt. Ich finde, dass die AFD in unverantwo­rtlicher Weise Menschen gegeneinan­der aufhetzt“, so der Politiker.

Am heutigen 9. November wird es zahlreiche Gedenken, darunter im Bundestag, anlässlich des Pogroms vor 80 Jahren geben.

Christoph Matschie, SPD

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany