Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Ein Quartett von Freiheit und Liebe

Albrecht-uraufführu­ng Sonntag in Weimar

- Von Wolfgang Hirsch Von Martin Lindner

Weimar. Nach seinem in Dresden uraufgefüh­rten „Requiem für Syrien“hat sich der Komponist und langjährig­e Weimarer Generalmus­ikdirektor George Alexander Albrecht (83) der Kammermusi­k zugewandt und ein Streichqua­rtett verfasst. Es wird diesen Sonntag vom neu formierten Gropius-quartett (Friedemann und Alexia Eichhorn, Indira Koch, Wolfgang Emanuel Schmidt) im DNT zum ersten Mal gespielt. Der Erlös kommt dem Ortsverein von „Yehudi Menuhin Live Music Now“zu. Der fördert Nachwuchsm­usiker mit Stipendien und organisier­t eintrittsf­reie Konzerte auch in Krankenhäu­sern, Pflegeheim­en und Gefängniss­en.

Was hat Sie zum Quartett bewogen? Laden Sie sich da nicht 300 Jahre Kulturgesc­hichte von Haydn bis Glass auf? Das Streichqua­rtett ist die Königsdisz­iplin der Kammermusi­k und für den Komponiste­n die größte Herausford­erung. Ich habe seit meinem zwölften Lebensjahr immer Quartett gespielt und vor der Komponierp­ause ein umfangreic­hes Werk geschriebe­n. Daran anzuknüpfe­n, macht mich froh.

Wie sehr halten Sie sich an klassische Formen? Ist Ihre Musik völlig tonal? Mein Stück vermeidet alle Formalisti­k. Es geht um seelische Entwicklun­gen, die sich nicht in Systeme einzwängen lassen. Die Tonalitäts­frage birgt heute keinen Zündstoff mehr. In den Fünfzigerj­ahren waren Dur und Moll verboten – warum eigentlich? –, weshalb ich über ein halbes Jahrhunder­t nicht komponiert habe. Jetzt aber sind wir frei: Uns steht die ganze Palette zur Verfügung, auch die Atonalität, die ich jetzt oft benutze.

Die Programmat­ik des Quartetts ist literarisc­h fundiert. Darf man Ihre Idealziele von Freiheit und Liebe als lebensgene­riertes Erfahrungs­wissen – gar als Altersweis­heit – ansehen?

Ja, gern!

Verleitet die enorme musikalisc­he Kompetenz des Gropius-quartetts dazu, besonders hohe spieltechn­ische Anforderun­gen zu stellen?

Ich schreibe wie sonst auch – und freue mich auf eine erstklassi­ge Interpreta­tion.

Der Erlös des Konzerts kommt dem Verein Yehudi Menuhin Live Music Now zu, den Sie in Weimar mitgegründ­et haben. Vollendet sich mit der Förderung junger, bedürftige­r Musiker und nichtprivi­legierter Zuhörer dieser Gedankenkr­eis von Freiheit und Liebe in einem universell­en Sinne, der Teilhabe am Gemeinwese­n voraussetz­t? Vielleicht sind Musiker für Freiheit und Liebe besonders anfällig. – Aber Spaß beiseite: Menuhins Idee, jungen Musikern und unterprivi­legierten Hörern zu helfen, hat ja überwältig­ende Früchte getragen; sie wird in vielen europäisch­en Ländern verwirklic­ht. Ich bin glücklich, an dem Erfolg mitwirken zu dürfen.

Sonntag,  Uhr, DNT Weimar Mühlhausen. Katharina Krügel von der Klassik-stiftung Weimar steht vor dem Triptychon mit einer Darstellun­g der Einhorn-verkündung, und kann sich der Magie des Altarbilde­s im Kirchensch­iff nicht erwehren. „Da werden doch beim Betrachten himmlische Gefühle wach“, schwärmt die Kustodin. Das dreigeteil­te Gemälde mit der Jungfrau Maria im Zentrum ist in Erfurt um das Jahr 1430 entstanden und in außerorden­tlich guter Qualität gemalt worden.

62 Altäre, Skulpturen und Gemälde aus der Zeit des Mittelalte­rs werden ab der kommenden Woche in der Ausstellun­g „Von Einhörnern und Drachentöt­ern – Mittelalte­rliche Kunst aus Thüringen“in der Mühlhäuser Marienkirc­he gezeigt. Der Wert der sakralen Kunstobjek­te lässt sich nur schwer bemessen. Es handele sich jedoch um eine insgesamt hochkaräti­ge Sammlung, erklärt Friedrich Staemmler. Der stellvertr­etende Museumsche­f und Kurator der Ausstellun­g rechnet jährlich mit einer fünfstelli­gen Besucherza­hl, die die künstleris­che Welt des Mittelalte­rs ins Museum locken wird.

Schon alleine der Raum – die Marienkirc­he – sei in seiner Gewaltigke­it und Eindrückli­chkeit als Ausstellun­gsort beachtensw­ert, preist Staemmler. Die Kunstwerke kämen hier besonders gut zur Geltung und könnten ihre Wirkung entfalten. Auch historisch gesehen, stehen die Schnitzbil­der, Tafelwerke und Altäre nun am rechten Platz, denn im Mittelalte­r beherbergt­e sie ebendieser Raum. „Die Werke sind für die Kirche geschaffen worden“, erklärt Staemmler. Zünfte und adelige Bürger spendeten sie in der damaligen Zeit der Kirche, um das jenseitige Seelenheil zu erwerben.

Ort und Sammlung ergänzten sich wunderbar. Momentan könne man nirgendwo diese Bandbreite an mittelalte­rlicher Kunst in dem ursprüngli­chen Kontext erleben, sagt Staemmler. Eine weitere Besonderhe­it der Ausstellun­g sei der didaktisch­e Ansatz. So können die Besucher einen Einblick in die Arbeit einer Bildschnit­zerei-werkstatt Kurator Friedrich Staemmler

bekommen oder an einer Hörstation Heiligenle­genden lauschen. Ebenso gibt es in der Ausstellun­g visuelle Projektion­en.

„Wir möchten die Begeisteru­ng der Besucher wecken und ihnen den Zugang in eine Zeit ermögliche­n, die hunderte Jahre zurücklieg­t, und in der Religiosit­ät über allem stand“, sagte Staemmler. Dass die kostbaren, mittelalte­rlichen Werke nun in der Mühlhäuser Marienkirc­he ein neues Kirchendac­h über den Kopf bekommen haben, ist dem Direktor der

Mühlhäuser Museen, Thomas Müller, und Gert-dieter Ulferts, Weimars Abteilungs­leiter für Kunstsamml­ungen, zu verdanken. Im Zuge der Gesamtsani­erung bleibt das Weimarer Stadtschlo­ss, wo die religiösen Objekte bisher ein Heim hatten, bis 2023 für die Öffentlich­keit geschlosse­n. Müller hatte daraufhin die Idee, sie in die Marienkirc­he umzusiedel­n und vor einem tristen Dasein im Weimarer Depot zu bewahren.

Die Ausstellun­g „Von Einhörnern und Drachentöt­ern – Mittelalte­rliche Kunst aus Thüringen“wird voraussich­tlich bis Ende 2023 in der Mühlhäuser Marienkirc­he zu sehen sein. Die Eröffnung findet am Montag um 18 Uhr im Beisein des Thüringer Ministers für Kultur-, Bundesund Europaange­legenheite­n, Professor Benjamin-immanuel Hoff (Linke), im Bauernkrie­gsmuseum Kornmarktk­irche statt. Nach einer Begrüßung und thematisch­en Einführung folgt ein gemeinsame­r Fußweg zum Museum St. Marien, wo auch kurze Führungen angeboten werden. Von Dienstag an ist die Schau dann für den regulären Besucherve­rkehr geöffnet.

Die Kosten für die Ausstellun­g von 250.000 Euro werden von der Thüringer Staatskanz­lei getragen.

„Wir möchten den Zugang in eine Zeit ermögliche­n, die Hunderte Jahre zurücklieg­t und in der Religiosit­ät über allem stand.“

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George Albrecht Foto: GuidoWerne­r A.

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