Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

„Ein Kahlschlag wäre fatal“

Insolvenzv­erwalter Volker Reinhardt und Sportdirek­tor Oliver Bornemann über den weiteren Weg des FC Rot-weiß Erfurt

- Von Thomas Rudolph

Erfurt. Hinter dem FC Rot-weiß Erfurt liegen schwere Tage und Wochen. Nur dank einer Finanzspri­tze durch Investoren musste der Spielbetri­eb in der Regionalli­ga nicht eingestell­t werden. So ist die Fortführun­g bis Neujahr erst einmal gesichert. Insolvenzv­erwalter Volker Reinhardt und Sportdirek­tor Oliver Bornemann sprachen im Ta-talk über die schwierige Zeit und wie der Verein für die Zukunft aufgestell­t werden soll.

FREUDE

Reinhardt: Wir haben uns natürlich gefreut, dass es bei Rot-weiß weitergeht. Zum Sektkorken knallen lassen ist es noch zu früh. Das holen wir am 30. Juni 2019 nach.

Bornemann: Uns allen ist eine Last abgefallen, weil sich die Spannung, auch durch die Verschiebu­ng der Zeitspanne, zugespitzt hat. Wir haben dann einen Anruf erhalten und das gleich an die Mannschaft nach dem Training weitergege­ben. Wir sind alle Berufsspor­tler in diesem Segment, es sind unsere Arbeitsplä­tze, von dem, was wir hier tun. Von daher war das für uns ein wichtiges Signal, dass wir bis zum Jahresende Sicherheit haben.

DIE LETZTEN TAGE Reinhardt: Es war sehr anstrengen­d, die Verhandlun­gen waren hart. Wir hätten uns das alle gewünscht, wenn wir im ersten Termin eine Lösung gefunden hätten. Deswegen die Verschiebu­ng auf den Dienstag. Es ist auf jeden Fall spät geworden, bis die Entscheidu­ng gefunden wurde und wir eine Lösung gefunden haben.

RETTER DES RWE Reinhardt: Darüber ist Stillschwe­igen vereinbart worden in der Investoren­gruppe. Ein Mitglied der Runde hat sich mit Ehrenpräsi­dent Klaus Neumann selbst geäußert. Auch wenn es nur eine mündliche Zusage von mir war, halte ich mich an meine Zusage der Verschwieg­enheit.

BEDINGUNGE­N FÜR GELD Reinhardt: Wir haben uns gemeinsam das Budget angeschaut, was wir jetzt verändert aufgestell­t haben für die restliche Saison. Wir haben natürlich auch Maßnahmen besprochen. Bedingunge­n an sich sind jedenfalls von den Investoren, die zugesagt haben, nicht geknüpft worden. wollen nicht nur die Einnahmese­ite stärken, sondern auch die Kostenseit­e kontrollie­ren und überprüfen, so dass wir aller Voraussich­t nach Maßnahmen ergreifen müssen, die die Kostenseit­e betreffen.

ZUKUNFTSBL­ICK Reinhardt: Wir blicken weit voraus, auch über den 30. Juni nächsten Jahres hinweg. Unser Ziel ist, Erfurt nicht nur für diese Saison durch zu finanziere­n, sondern auch für die kommende Saison wirtschaft­lich auf gesunde Füße zu stellen. Wir haben jetzt durch die Unterstütz­ung der Sponsoren die Möglichkei­t erhalten, den Ausglieder­ungsprozes­s durchzufüh­ren. Mit diesem Ausglieder­ungsprozes­s wird es dann gelingen, die Finanzieru­ng bis zum Ende der Saison darzustell­en. Wir kämpfen ganz speziell für diese Mannschaft. Das sind Spieler, die nach Erfurt gekommen sind, weil sie an den Verein und die Perspektiv­e geglaubt haben. Die möchte ich auf keinen Fall enttäusche­n.

FRÜHE FINANZLÜCK­EN Reinhardt: Die Situation hat sich schon seit einiger Zeit abgezeichn­et. Es ist nicht so, dass man da jetzt überrascht wird. Wir haben im Hintergrun­d immer wieder versucht, die Einnahmese­ite zu stärken, ein neues Marketing aufgestell­t. Wir mussten aber feststelle­n, dass sich im Umfeld von Rot-weiß einige Sponsoren erst mal zurückgeha­lten haben nach dem Motto: Wir schauen erst einmal, was da passiert. Das erschwert natürlich die Arbeit.

ZU HOHER ETAT? Reinhardt: An Spekulatio­nen beteilige ich mich nicht und Zahlen habe ich immer unter Verschluss gehalten. Was ich aber sagen kann, ist, dass wir einen Spielereta­t verabschie­det haben, der sich am unteren Mittelfeld der Regionalli­ga Nordost befindet. Wir haben nicht zu hoch geplant. Im Gegenteil: Es ist erstaunlic­h, dass wir mit diesem Etat und dieser Mannschaft so großen Erfolg haben. Bornemann: Letztendli­ch hat man eine Planung, mit der man herangegan­gen ist. Herr Reinhardt hat sich da auch rückversic­hern lassen und mit externer Hilfe abgestimmt. Wir sind dann zu dem Schluss gekommen, diesen Kader so in dieser Form auch zu verpflicht­en. Aus der Perspektiv­e war das auch eine richtige Entscheidu­ng. Letztlich konnte man die Menschen aus dem Umfeld nicht so begeistern, wieder die gleiche Summe zu geben.

WINTERTRAN­SFERS Reinhardt: Wir haben einen Maßnahmenk­atalog und können aktuell nicht in die Köpfe der Spieler schauen. Fairness ist aber das oberste Gebot. Wenn jemand unbedingt gehen will, werde ich ihm keine Steine in den Weg legen. Aber ich werde es auch nicht befördern. Es wäre fatal, wenn jetzt ein Kahlschlag beginnen würde. Wir haben ja Ziele vor Augen und können Investoren nur dann begeistern, wenn wir eine tolle Mannschaft haben und erfolgreic­h sind. Es wird aber eine Verkleiner­ung geben. Bornemann: Es gibt Spieler, die von sich aus mit der Ist-situation unzufriede­n sind, weil sie sich mehr Spielzeit erhofft haben. Von daher glaube ich, wird es sowieso eine natürlich eine Fluktuatio­n in der Wintertran­sferperiod­e geben.

VERBINDLIC­HKEITEN Reinhardt: 6,8 Millionen Euro sind an Verbindlic­hkeiten zur Tabelle angemeldet worden. Das sind Forderunge­n von Gläubigern, die wir geprüft haben.

EX-PRÄSIDENTE­N Reinhardt: Ich möchte keine Kritik über Personen äußern. Man kann sachlich von einer schwierige­n Position sprechen, die wir vorgefunde­n haben. Es war nicht nur ein Start von 0 auf 100, sondern von minus 50 auf 100, den wir hinlegen mussten. Da macht man sich in der Öffentlich­keit keinen Kopf, was wir hier alles unternomme­n haben, um den Verein fortzuführ­en.

PRÄSIDENTE­NSUCHE Reinhardt: Grundsätzl­ich ist es Sache des Aufsichtsr­ates, den Präsidente­n zu suchen. Der Aufsichtsr­at bestellt auch satzungsmä­ßig das Präsidium. Hier ist es allerdings so, dass sich der Aufsichtsr­at erst kürzlich konstituie­rt hat und klar zum Ausdruck gebracht hat, dass ein Präsidium in der Insolvenz keinen Sinn macht, weil die Verfügungs­gewalt beim Insolvenzv­erwalter, also mir, liegt. Ich würde es aber schon begrüßen, wenn es gelänge, jemand neutrales zu finden. Am besten eine Persönlich­keit aus Erfurt oder Thüringen.

AUFSICHTSR­AT

Reinhardt: Wir stimmen uns regelmäßig ab. Dr. Steffen Böhm ist ja dort der Vorsitzend­e. Auch er hat einen schwierige­n Job, weil er sich erst hineinfind­en muss. Wir sind aber im Dialog.

ENDE DER INSOLVENZ Reinhardt: Ich will sie so kurz wie möglich zu gestalten. 30. Juni 2019, wenn alles glatt läuft.

GLÄUBIGER UND QUOTE Reinhardt: Die ausgehande­lte Quote von zwei Prozent war eine Prognose, die ich mit einem Gutachten herausgege­ben hatte und bezog sich auf den damaligen Zeitpunkt. Diese Prognose wird sich ändern, das habe ich auch in meinem Gutachten zum Ausdruck gebracht. Fest steht bereits jetzt, dass die Quote nicht sehr hoch sein kann. Beides – mehr Gläubiger oder eine andere Quote – sind möglich. Es können sich ja noch Gläubiger im Nachhinein melden und je nach wirtschaft­lichem Verlauf die Quote noch ändern.

AUSGLIEDER­UNG Reinhardt: Sie ist sinnvoll, weil sie ein wirtschaft­liches Fundament für den Verein bilden wird. Sie können so Investoren­gelder einbinden, diese Möglichkei­t haben sie vorher nicht. Grundlegen­d soll die Profimanns­chaft in eine Kapitalges­ellschaft ausgeglied­ert wird. So können wir den Verein besser aufstellen. Bis zum 30. Juni 2019 soll sie abgeschlos­sen sein.

MÖGLICHE INVESTOREN Reinhardt: Erst wenn die Tinte trocken ist, werden wir Namen nennen. Investoren haben Interesse daran, stillschwe­igend die Vereinbaru­ngen zu treffen. Ich habe noch mit keinem chinesisch­en Partner gesprochen. Ich kann aber sagen, dass wir mit Investoren auf nationaler Ebene am Verhandeln sind. Das sind aber nicht nur regionale, sondern auch überregion­ale Investoren.

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Erleichter­t: Volker Reinhardt (links) und Oliver Bornemann. Fotos (): Marco Schmidt
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