Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Der „Schattenkönig“packt aus
Charles gibt erstes persönliches Interview seit 1994. Wird er den Thron von der Queen schon bald übernehmen?
London. Er bezeichnete einen Museumsbau schon einmal als „Geschwür“, forderte in einem Brief an die Regierung einst mehr Kampfhubschrauber für die Truppen, setzt sich für Umweltschutz ein: Prinz Charles galt immer als einer, der nicht nur repräsentieren, sondern auch ein Wörtchen mitreden will. Für die Zukunft gelobte er nun Zurückhaltung. „Ich bin ja nicht dumm“, schnappt Prinz Charles. In einer Bbc-dokumentation anlässlich seines 70. Geburtstages am 14. November wird der britische Thronfolger gefragt, ob er, wenn er einmal König ist, sich ebenso in die Politik einmischen würde, wie er es bisher gerne getan hat. „Nein, werde ich nicht. Ich verstehe schon, dass es eine andere Aufgabe ist, wenn man König ist.“
Was sollte Charles auch anderes antworten? Die ungeschriebene britische Verfassung verpflichtet den Souverän zu politischer Neutralität. Sollte er als König sich noch einmal in die politischen Gefilde wagen, dann, so versprach er, „nur mit der Zustimmung von Ministern“. Es soll Geheimabsprachen zwischen Charles und Queen Elizabeth II. über die britische Thronfolge geben.
Schreibtisch einschlafe und ein Notizzettel an seiner Stirn klebe. Prinz William nannte ihn einen zwar beschäftigten, aber fürsorglichen Großvater für die Enkelkinder. „Wenn er da ist, ist er brillant. Wir brauchen ihn so viel wie möglich.“Auch der jüngste Sohn Prinz Harry fand nur warme Worte für seinen Vater. Als er vor der Hochzeit mit Meghan Markle Hilfe brauchte, sei er zur Stelle gewesen. Denn Meghans Vater war nicht zur Hochzeit gekommen, offiziell aus gesundheitlichen Gründen, und Charles war eingesprungen, als es darum ging, die Braut zum Altar zu führen. „Ich habe ihn darum gebeten und ich glaube, er wusste, dass es so kommen würde“, so Harry. „Er sagte sofort: ,Ja, natürlich. Ich werde alles
tun, was Meghan braucht, und ich bin hier, um euch zu unterstützen.‘“
Großzügig, zurückhaltend, aber gleichzeitig auch anpackend: Die Dokumentation war eine weitere Gelegenheit für Prinz Charles zu zeigen, dass er das Zeug zum König hat. Der Mann, der dereinst als 63. König der britischen Monarchie herrschen wird, wurde nämlich in Massenblättern wie der „Sun“oder dem „Mirror“gerne als Lachnummer porträtiert: Man verzieh ihm nicht, dass er seine Jugendfreundin Camilla Parkerbowles seiner Ehefrau Prinzessin Diana vorgezogen hatte, und hoffte, dass sein Sohn William das Amt von der Queen übernehmen würde. Mittlerweile sind solche umstürzlerischen
Gedankenspiele seltener geworden.
Im April dieses Jahres hat die Queen zudem deutlich signalisiert, wen sie als ihren Nachfolger sehen will, als sie bestätigte, dass Charles nach ihrem Ableben das Amt als Oberhaupt des Staatenverbundes Commonwealth übernehmen wird. Die 92-Jährige nimmt langsam Abschied von ihren Dienstpflichten, hat Auslandsreisen aufgegeben und lässt Charles an ihrer Stelle repräsentieren. „Reibungslos, diskret und von vielen unbemerkt“, stellt der Royal-experte Robert Jobson fest, „findet eine Übergabe der königlichen Macht genau vor unseren Augen statt.“Der Thronfolger sei schon jetzt der „Schattenkönig“, weil er den Hauptteil der Arbeit eines
Monarchen übernehme. Tatsächlich ist die Arbeitslast des 70-Jährigen in den letzten Jahren deutlich gewachsen. 14Stunden-tage sind üblich, rund 600 offizielle Termine im Jahr nimmt Charles wahr.
Abdanken wird die Queen allerdings nicht. Ihr Throneid ist ihr heilig. Vertraute von Elizabeth II. geben zu verstehen, dass die Queen in drei Jahren, wenn sie 95 Jahre alt ist, die Macht übergeben werde, indem sie zwar offiziell noch Königin bleibt, aber ihren ältesten Sohn zum Regenten ernennt und ihm die Amtsgeschäfte überträgt.
Wann immer Charles nun tatsächlich König wird, eines ist sicher: Er wird der älteste britische Monarch sein, der je gekrönt wurde.
„Er kann ziemlich ungeduldig sein.“