Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
„Ich kann sehr wohl Wahlen gewinnen“
Annegret Kramp-karrenbauer spricht im Interview über ihre Kandidatur für den Cdu-vorsitz – und ein verpflichtendes Dienstjahr
Berlin. Sie kommt zum Frühstück in unsere Berliner Redaktion, später tritt sie zum ersten Mal gemeinsam mit ihren Mitbewerbern Friedrich Merz und Jens Spahn bei der Frauenunion auf. Cdu-generalsekretärin Annegret Kramp-karrenbauer trinkt Schwarztee und stilles Wasser, die Fruchtspieße rührt sie nicht an. Am Ende erzählt sie, wie sie ihren Mann darüber informierte, dass sie Angela Merkel an der Cdu-spitze nachfolgen will.
Kanzlerin Kramp-karrenbauer – wie klingt das für Sie? Dienstjahr angestoßen. Wissen Sie inzwischen, ob Sie für ein freiwilliges oder ein verpflichtendes Modell eintreten?
Das Thema wird in der CDU sehr intensiv diskutiert. Am Ende sollen zwei, drei Modelle auf dem Tisch liegen, zwischen denen sich die Partei entscheiden kann. Die Frage, ob ein solches Dienstjahr freiwillig oder verpflichtend sein soll, treibt mich persönlich sehr um. Wir brauchen ein ausgewogenes Verhältnis von Rechten und Pflichten. Insofern tendiere ich dazu, dass wir eine verpflichtende Regelung brauchen.
Wie lange soll diese Dienstpflicht dauern?
Das muss man sehen. Mir ist wichtig, dass eine solche Regelung alle umfasst, die eine gesicherte Aufenthaltsberechtigung in Deutschland haben – unabhängig davon, ob sie deutsche Staatsbürger sind. Das dient dann auch der Integration. Alle, die in Deutschland leben, sollen sich in unser Gemeinwesen einbringen.
Besonders gut im Rennen um den Cdu-vorsitz liegt Friedrich Merz, obwohl er mehr als ein Jahrzehnt politisch nicht aktiv war. Wie erklären Sie sich das?
Mein Mitbewerber ist eine angesehene Persönlichkeit in unserer Partei. Und dass er sich entschlossen hat, für den Parteivorsitz zu kandidieren, ist eine Belebung des Bewerberfeldes.
Merz wird wegen verschiedener Tätigkeiten in der Wirtschaft angegriffen, etwa beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock. Empfinden Sie das als unfair?
Er hat selbst entschieden, welchen beruflichen Weg er geht, und das ist überhaupt nicht zu kritisieren. Die Vorwürfe gegen Blackrock, die jetzt im Raum stehen und auf denen ja auch die Durchsuchungen basieren, betreffen Jahre, in denen er noch keine Verantwortung in dem Unternehmen getragen hat.
Was schätzen Sie besonders an Merz?
Dass seine Frau Saarländerin ist. (lacht) Und ich habe ihn in all den Jahren als spannenden und verbindlichen Kollegen erlebt.
Der Fdp-politiker Wolfgang Kubicki analysiert: „Wenn die Union Wohlbefinden haben will, dann wählt sie Frau Kramp-karrenbauer. Wenn sie Wahlen gewinnen will, wählt sie Friedrich Merz.“
Ich habe den Beweis angetreten, dass man mit mir sehr wohl Wahlen gewinnen kann – auch in schwierigen Zeiten. Ich würde sagen, Herr Kubicki ist der Beweis dafür, dass der FDP eine Frauenquote durchaus guttun würde.
Mit Ihrer Kandidatur für den Parteivorsitz gehen Sie – wieder einmal – volles Risiko. Wie findet das eigentlich Ihre Familie?
Meine Familie unterstützt mich. Natürlich fühlt es sich immer noch seltsam an, dass ich nur am Wochenende zu Hause bin. Aber meine Kinder wissen: Wenn es hart auf hart kommt, lasse ich alles stehen und liegen, um für sie da zu sein. Am Montag nach der Hessen-wahl blieb nicht viel Zeit, den nächsten Schritt zu diskutieren. Angela Merkels Rückzug als Parteivorsitzende kam auch für mich überraschend. Ich konnte meinem Mann gerade noch eine SMS schicken, dass ich kandidiere, damit er es zumindest von mir original erfährt. Was hat Ihr Mann geantwortet?
Er war auch unterwegs, daher konnte er erst später antworten. Aber er war dankbar, dass ich ihn vorgewarnt habe, bevor er von einem Dritten angesprochen wird.