Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Neue Heimat mit Michael Schindhelm
Die fünf deutschen Bewerber aus dem Osten, die im Jahre 2025 den Titel „Kulturhauptstadt Europas“tragen, stehen unter besonderer Beobachtung. Vor allem geht es um politische Tendenzen, die in einigen Städten mit dem Thema Kultur nicht zu vereinbaren sind.
In Gera zum Beispiel ist die AfD seit den jüngsten Kommunalwahlen die stärkste Kraft im Stadtrat. In Chemnitz erinnert sich jeder an die fremdenfeindlichen Ausschreitungen des vergangenen Jahres. Der noch vor den Demos verkündete Leitgedanke der Kulturhauptstadtbewerbung „Aufbrüche. Opening Minds. Creating Spaces“klingt mittlerweile ein wenig schal. Welcher Aufbruch soll hier gelingen?
Dresden, nun ja, kann man als Beobachter von außen kaum noch von Pegida trennen. Um sich dagegen abzuheben, läuft die Bewerbung unter dem Titel „Neue Heimat Dresden 2025“. Als Kurator der Kampagne ist seit mehr als einem Jahr der Kulturmanager Michael Schindhelm unterwegs, der in Thüringen als Theaterintendant noch gut in Erinnerung ist. Inzwischen befindet sich die Bewerbung Dresdens in der wichtigsten Phase, erklärte Schindhelm vor wenigen Tagen. Heute folgt sein nächster Coup: Es ist eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel Neue Heimat-Talks, die in der Frauenkirche stattfindet. Den Aufschlag macht der niederländische Star-Architekt Rem Koolhaas. Und nein, es geht nicht um den Skandal des gewerkschaftlichen Bauunternehmens „Neue Heimat“vor mehr als 30 Jahren.
Im Mittelpunkt steht die Rolle der europäischen Stadt in der kulturellen Entwicklung unseres Kontinentes. Dresden, so scheint es, erhöht den GlamourFaktor und stellt gleichzeitig einen globalen Anspruch für die Diskussion auf.
Mal sehen, was Michael Schindhelm in den nächsten Wochen noch einfällt... und wie Gera darauf einsteigt. Die endgültige Entscheidung über den Titel fällt bis Ende Oktober 2020.