Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Vettel in der Frustfalle

Nach dem Eklat von Kanada kehrt der Ferrari-Pilot zurück auf die Formel-1-Rennstreck­e. In Frankreich droht die nächste Enttäuschu­ng

- Von Christian Hollmann

Sebastian Vettel sucht den Weg aus der Frustfalle. Die Wut über die höchst umstritten­e Aberkennun­g seines Kanada-Sieges ist kaum verglüht, da droht dem Ferrari-Piloten beim Formel-1-Ausflug nach Südfrankre­ich der nächste Tiefschlag. Auch vor dem achten Saisonlauf hat die kriselnde Scuderia die technische­n Defizite am Auto nicht überwunden. „Was wir mitbringen werden, wird nicht die Lösung für unsere Probleme sein“, räumte Teamchef Mattia Binotto vor dem Grand Prix in Le Castellet ein.

Auch deshalb kämpft Ferrari weiter verbissen um eine Revision der Zeitstrafe von Montréal, die Vettel den ersten Saisonsieg kostete. Schließlic­h ist angesichts der Unterlegen­heit des SF90 gegen den Mercedes und der Stärke von Lewis Hamilton ziemlich ungewiss, wann sich die nächste Chance auf einen GrandPrix-Sieg bietet. Es erscheint jedoch eher unwahrsche­inlich, dass Ferrari tatsächlic­h einschlägi­ge neue Beweise vorbringen kann und die Rennkommis­sare noch ihr Urteil ändern.

Die Folgen seines Fahrfehler­s in Kanada, als der führende Vettel übers Gras rumpelte und dann Verfolger Hamilton nah an eine Mauer drängte, werden auch auf dem Circuit Paul Ricard nachwirken. Das enge Regelwerk, die häufigen Eingriffe der Stewards, oft animiert von kleinliche­n Beschwerde­n von Fahrern und Teams – dieser Aspekt der modernen Formel 1 steht seit Vettels Zornesausb­ruch von Montréal in der Diskussion.

Seiner Laune kaum förderlich wird die Erinnerung an das Vorjahr sein, als die Rennserie nach 28 Jahren erstmals wieder in Le Castellet fuhr. Kurz nach dem Start krachte Vettel ins Heck des Silberpfei­ls des Finnen Valtteri Bottas, erhielt auch damals eine Fünf-Sekunden-Strafe und verlor die WM-Führung an Hamilton. Der britische Titelverte­idiger liegt auch diesmal wieder vorn im Klassement und hat schon 62 Punkte Vorsprung.

Alle sieben Rennen des Jahres hat Mercedes bisher gewonnen. Wenig deutet darauf hin, dass sich das am Sonntag (15.10 Uhr/ RTL und Sky) ändern könnte. Zumindest sagt Ferrari-Teamchef Binotto: „Wir wissen, dass diese Art von Strecken für unser Paket nicht besonders vorteilhaf­t sind. Aber es ist nichts unmöglich.“Nur kleinere technische Updates bringt die Scuderia mit ins Wochenende. Wann die massiven Probleme des Autos in den Kurven und beim Umgang mit den Reifen gelöst sein werden, ist völlig offen.

Vettels fünftes Ferrari-Jahr, das endlich in seinem ersten WM-Triumph in Rot münden sollte, scheint schon jetzt wieder verloren. So muss sich der 31Jährige bereits nach Gedanken an einen Rücktritt fragen lassen. Doch Vettels kochende Wut von Kanada zeigte auch, dass Kampfgeist und Ehrgeiz noch immer groß sind. (dpa)

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FOTO: TOM BOLAND/DPA Hatte auch schon bessere Laune: Sebastian Vettel vor dem Rennen in Frankreich.

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