Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Bahnbrücke bremst Bundeswehrpläne aus
Reaktivierung der Bahnstrecke Bad Frankenhausen–Bretleben verteuert sich auf 20 Millionen Euro
Bad Frankenhausen. Sie steht ungenutzt zwischen Feldern und Bäumen idyllisch mitten im Grünen. Seit 2006 die letzte Kyffhäuserbahn von Bad Frankenhausen nach Bretleben über die Bahnbrücke bei Bretleben rollte, gibt die Natur alles, das alte Eisenbauwerk über den Fluss zu erobern. Die geplante Reaktivierung der Strecke durch die Bundeswehr für ihre Panzer-Verlegungen sollte die Unstrutbrücke wieder aus ihrem Dornröschenschlaf holen. Doch nun ist genau diese Brücke der Grund, warum die Pläne ins Stocken geraten sind. Denn der Zustand des Bauwerks hat das ursprüngliche 6,8 Millionen-Projekt auf stolze 20 Millionen Euro anwachsen lassen.
Das ist selbst für eine Einrichtung wie die Bundeswehr ein dicker Brocken. „Durch eingehende statische Untersuchung hat sich herausgestellt, dass die Brücke nicht mehr tragfähig wäre und komplett erneuert werden muss“, sagt in Bad Frankenhausen
Presseoffizier Oberleutnant Felix Gerike auf Nachfrage. Das bedeute eine Erhöhung der Kosten auf das Dreifache der ursprünglichen Planungen. „Wir sind uns bewusst, dass das nicht gerade ein kleiner Betrag ist“, räumt Gerike ein, betont aber zugleich: „Wir bleiben dabei, dass die Strecke gebaut werden soll“.
Pächter der Strecke beginnt schon 2016 mit vorbereitenden Arbeiten Die Pläne für die Wiederbelebung der Bahntrasse zwischen Bad Frankenhausen und Bretleben gehen schon zehn Jahre zurück. Mit der Anfrage der Bundeswehr wurde der Pächter der ehemaligen Kyffhäuserbahn-Trasse, die Deutsche Regionaleisenbahngesellschaft (DRE), aktiv und begann 2016 mit vorbereitenden Maßnahmen entlang des gut zehn Kilometer langen Streckenabschnitts. Gehölze wurden zurückgeschnitten, nicht mehr nutzbare Gleise zurückgebaut. Parallel dazu erfolgten Baugrunduntersuchungen und Vermessungen.
Die Finanzierung übernahm der Bund. Nun ruhen die Arbeiten erst einmal.
„Wir haben natürlich nach wir vor höchstes Interesse daran, dass die Strecke gebaut wird“, stellt der Presseoffizier klar. „Das wäre für uns eine enorme Zeit- und für die Bürger eine große Belastungsersparnis.“Derzeit werden die Panzer für die Anfahrt zu Übungen, Manövern oder Einsätzen in Sondershausen auf die Schiene verlegt. Bis dorthin rollen sie von der Kaserne in Bad Frankenhausen auf der Straße zum Sondershäuser Bahnhof. Meist in den frühen Morgenstunden, da zu dieser Zeit die Beeinträchtigungen am geringsten seien.
„Uns ist bewusst, dass die Panzerverlegung sehr belastend ist. Deswegen fahren wir auch meist nachts. Aber das lässt sich leider nicht immer so einrichten. Manchmal muss eine Verlegung auch tagsüber erfolgen“, so Gerike. Eine Verladung am Arterner Bahnhof als Alternative war schon nach dem ersten Test durchgefallen. „Der Arterner Bahnhof
ist so verwinkelt, dass die Panzer bis auf die Straße stehen würden. Damit würden wir den kompletten Zivilverkehr lahmlegen.“
Nach jeder Panzerverlegung hagelt es Kritik aus der Bevölkerung Um die Beeinträchtigungen weiter zu verringern, versuche man außerdem, die Fahrten der Panzer und anderer Fahrzeuge auf der Straße auf ein Minimum zu reduzieren, zum Teil durch Transporte per Tieflader. Schon Tage vorher wird die Panzerverlegung angekündigt, damit sich die Anwohner darauf einstellen können. Trotzdem hagelt es jedes Mal Beschwerden.
Dies würde mit der Bahnverladung in Bad Frankenhausen der Vergangenheit angehören. Und auch für die Soldaten wäre Bad Frankenhausen optimal. „Von der Kaserne gibt es eine direkte Verbindung zum Frankenhäuser Bahnhof. Die Panzerstraße ist 1,5 Kilometer lang und stammt noch aus DDRZeiten. In zehn Minuten ab Kasernentor sind wir am Bahnhof“, sagt der Presseoffizier. Kein Vergleich zu Sondershausen mit einer Fahrzeit von einer Stunde, mindestens.
Zweieinhalb bis drei Jahre sind für den Streckenbau veranschlagt, zu dem die Verstärkung des Bahnhofsgeländes in Bad Frankenhausen sowie eine Kopframpe gehören. Schon mehrfach wurde der Fertigstellungstermin nach hinten geschoben. Der letzte war 2023 und ist nun auch nicht mehr zu schaffen.
„Das ist ausgerechnet das Jahr, in dem wir in der höchsten Alarmstufe sind“, sagt der Presseoffizier im Hinblick auf den Auftrag in der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), für den die Soldaten in einer sehr kurzen Abrufbereitschaft für die Speerspitze der Nato bereit stehen und innerhalb kürzester Zeit für Nato-Operationen verlegefähig sein müssen.
Derzeit liegt der geplante Streckenausbau beim Amt für Infrastruktur zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vor, berichtet der Presseoffizier. Mit einem Ergebnis wird jeden Tag gerechnet.