Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Bahnbrücke bremst Bundeswehr­pläne aus

Reaktivier­ung der Bahnstreck­e Bad Frankenhau­sen–Bretleben verteuert sich auf 20 Millionen Euro

- Von Kerstin Fischer

Bad Frankenhau­sen. Sie steht ungenutzt zwischen Feldern und Bäumen idyllisch mitten im Grünen. Seit 2006 die letzte Kyffhäuser­bahn von Bad Frankenhau­sen nach Bretleben über die Bahnbrücke bei Bretleben rollte, gibt die Natur alles, das alte Eisenbauwe­rk über den Fluss zu erobern. Die geplante Reaktivier­ung der Strecke durch die Bundeswehr für ihre Panzer-Verlegunge­n sollte die Unstrutbrü­cke wieder aus ihrem Dornrösche­nschlaf holen. Doch nun ist genau diese Brücke der Grund, warum die Pläne ins Stocken geraten sind. Denn der Zustand des Bauwerks hat das ursprüngli­che 6,8 Millionen-Projekt auf stolze 20 Millionen Euro anwachsen lassen.

Das ist selbst für eine Einrichtun­g wie die Bundeswehr ein dicker Brocken. „Durch eingehende statische Untersuchu­ng hat sich herausgest­ellt, dass die Brücke nicht mehr tragfähig wäre und komplett erneuert werden muss“, sagt in Bad Frankenhau­sen

Presseoffi­zier Oberleutna­nt Felix Gerike auf Nachfrage. Das bedeute eine Erhöhung der Kosten auf das Dreifache der ursprüngli­chen Planungen. „Wir sind uns bewusst, dass das nicht gerade ein kleiner Betrag ist“, räumt Gerike ein, betont aber zugleich: „Wir bleiben dabei, dass die Strecke gebaut werden soll“.

Pächter der Strecke beginnt schon 2016 mit vorbereite­nden Arbeiten Die Pläne für die Wiederbele­bung der Bahntrasse zwischen Bad Frankenhau­sen und Bretleben gehen schon zehn Jahre zurück. Mit der Anfrage der Bundeswehr wurde der Pächter der ehemaligen Kyffhäuser­bahn-Trasse, die Deutsche Regionalei­senbahnges­ellschaft (DRE), aktiv und begann 2016 mit vorbereite­nden Maßnahmen entlang des gut zehn Kilometer langen Streckenab­schnitts. Gehölze wurden zurückgesc­hnitten, nicht mehr nutzbare Gleise zurückgeba­ut. Parallel dazu erfolgten Baugrundun­tersuchung­en und Vermessung­en.

Die Finanzieru­ng übernahm der Bund. Nun ruhen die Arbeiten erst einmal.

„Wir haben natürlich nach wir vor höchstes Interesse daran, dass die Strecke gebaut wird“, stellt der Presseoffi­zier klar. „Das wäre für uns eine enorme Zeit- und für die Bürger eine große Belastungs­ersparnis.“Derzeit werden die Panzer für die Anfahrt zu Übungen, Manövern oder Einsätzen in Sondershau­sen auf die Schiene verlegt. Bis dorthin rollen sie von der Kaserne in Bad Frankenhau­sen auf der Straße zum Sondershäu­ser Bahnhof. Meist in den frühen Morgenstun­den, da zu dieser Zeit die Beeinträch­tigungen am geringsten seien.

„Uns ist bewusst, dass die Panzerverl­egung sehr belastend ist. Deswegen fahren wir auch meist nachts. Aber das lässt sich leider nicht immer so einrichten. Manchmal muss eine Verlegung auch tagsüber erfolgen“, so Gerike. Eine Verladung am Arterner Bahnhof als Alternativ­e war schon nach dem ersten Test durchgefal­len. „Der Arterner Bahnhof

ist so verwinkelt, dass die Panzer bis auf die Straße stehen würden. Damit würden wir den kompletten Zivilverke­hr lahmlegen.“

Nach jeder Panzerverl­egung hagelt es Kritik aus der Bevölkerun­g Um die Beeinträch­tigungen weiter zu verringern, versuche man außerdem, die Fahrten der Panzer und anderer Fahrzeuge auf der Straße auf ein Minimum zu reduzieren, zum Teil durch Transporte per Tieflader. Schon Tage vorher wird die Panzerverl­egung angekündig­t, damit sich die Anwohner darauf einstellen können. Trotzdem hagelt es jedes Mal Beschwerde­n.

Dies würde mit der Bahnverlad­ung in Bad Frankenhau­sen der Vergangenh­eit angehören. Und auch für die Soldaten wäre Bad Frankenhau­sen optimal. „Von der Kaserne gibt es eine direkte Verbindung zum Frankenhäu­ser Bahnhof. Die Panzerstra­ße ist 1,5 Kilometer lang und stammt noch aus DDRZeiten. In zehn Minuten ab Kasernento­r sind wir am Bahnhof“, sagt der Presseoffi­zier. Kein Vergleich zu Sondershau­sen mit einer Fahrzeit von einer Stunde, mindestens.

Zweieinhal­b bis drei Jahre sind für den Streckenba­u veranschla­gt, zu dem die Verstärkun­g des Bahnhofsge­ländes in Bad Frankenhau­sen sowie eine Kopframpe gehören. Schon mehrfach wurde der Fertigstel­lungstermi­n nach hinten geschoben. Der letzte war 2023 und ist nun auch nicht mehr zu schaffen.

„Das ist ausgerechn­et das Jahr, in dem wir in der höchsten Alarmstufe sind“, sagt der Presseoffi­zier im Hinblick auf den Auftrag in der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), für den die Soldaten in einer sehr kurzen Abrufberei­tschaft für die Speerspitz­e der Nato bereit stehen und innerhalb kürzester Zeit für Nato-Operatione­n verlegefäh­ig sein müssen.

Derzeit liegt der geplante Streckenau­sbau beim Amt für Infrastruk­tur zur Wirtschaft­lichkeitsp­rüfung vor, berichtet der Presseoffi­zier. Mit einem Ergebnis wird jeden Tag gerechnet.

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FOTO: WILHELM SLODCZYK Die Bahnbrücke über die Unstrut in Bretleben verteuert die geplante Reaktivier­ung der ehemaligen Kyffhäuser­bahnstreck­e von 6,8 auf rund 20 Millionen Euro.

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