Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Gemeinsam alte Traditionen feiern
Die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde Bad Frankenhausen begeht den Johannistag
Dieser Leser macht auf alterhergebrachte Feste aufmerksam:
Viele im Bewusstsein der Menschen vorhandene Feste gehören mit ihrem Inhalt und Gebräuchen zum festen Bestand des Lebens, zum Beispiel Weihnachten und Ostern. Andere sind nur auf eine Region bezogen, zum Beispiel der Aufzug der Bergmänner im Erzgebirge.
Der Johannistag – 24. Juni – ist in der heutigen Zeit nicht mehr so präsent, sind doch die christlichen Traditionen durch die vergangenen Regierungsformen vielfach verloren gegangen. Nur noch wenige Gebräuche sind je nach Region bekannt.
In Bad Frankenhausen wird seit 1982 von der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde dieser Tag im Festkalender berücksichtigt. Anlässlich der Sechshundertjahrfeier der Oberkirche wurde innerhalb der Festwoche erstmals die alte Tradition des Johannistages reaktiviert. Es gab dazu eine Andacht in der Oberkirche, anschließend auf der Wiese gegenüber des Friedhofs das Johannisfeuer – beides wurde immer durch Posaunenmusik begleitet.
Nach der Wendezeit und den damit verbundenen Veränderungen ist die Kirchgemeinde diesbezüglich in das Gelände der Altstädter Kirche umgezogen. Seit 2013 lädt die Kirchgemeinde zum Johannistag an diesen romantisch-romanischen Ort ein, ist doch dieses romanische Kirchlein als Rest einer wohl sehr großen Kirche eines der ältesten Gebäude der Stadt.
In diesem Jahr ist aber – ausgelöst durch Corona – alles anders, wie jeder weiß. Doch der Johannistag sollte nicht ganz wegfallen. Dank der aktuellen Lockerungen wurde zu einer Johannisandacht eingeladen und rund 40 Besucher kamen, schön auf Abstand auf der Wiese vor der Kirche verteilt.
Pfarrerin Greifenstein legte die Geschichte von Johannis dem Täufer ihrer Andacht zugrunde. Dieser Prophet – geboren ein halbes Jahr vor Christus – fordert seine Zeitgenossen zur Veränderung ihres Lebensstils auf, weißt in seinen Reden auf Christus und sein Wirken hin.
Vielen ist noch die Redewendung vom „Rufer in der Wüste“bekannt. Es beschreibt einen Menschen, der etwas Wichtiges zu sagen hat, der aber meist nicht ernst genommen wird. Auch in der Gegenwart können wir dieses Phänomen beobachten.
In Coronazeiten beschäftigen sich Virologen mit dieser Erscheinung, haben oftmals unterschiedliche Auffassungen, doch man kann beobachten, dass es Zeitgenossen gibt, die meinen, das Virus existiere nicht, ist nicht ansteckend, harmlos und die Warnungen übertrieben. Bei aller aktuellen Lockerung sollte man doch dem „Rufer in der Wüste“mehr Beachtung schenken.
In manchen Gegenden wird der Johannistag auch als „Sommerweihnachten“bezeichnet – nur dass es dazu keine Geschenke gibt. Musikalisch begleitete Kantorin Schildmann diese Andacht – ohne dass gesungen wurde – coronabedingt.
Natürlich gab es auch im Anschluss – wie in den vergangenen Jahren – keine gemütliche Runde mit Posaunenmusik, Essen und Trinken. Doch es werden wieder bessere Zeiten kommen.
Peter Zimmer, Bad Frankenhausen