Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Dette: Probleme nicht nur mit Schulden lösen
Rechnungshofchef appelliert, Augenmaß zu behalten, wenn um Corona-Hilfspakete gerungen wird
Erfurt/Rudolstadt. Nach Meinung von Rechnungshofpräsident Sebastian Dette kommt Thüringens Minderheitsregierung trotz Corona-Krise nicht am Sparen vorbei. „Natürlich sind neue Schulden angesichts der Corona-Krise mit Steuerausfällen von fast einer Milliarde Euro unvermeidbar. Aber ich warne davor, die Finanzprobleme, die sich durch die weiteren Konjunkturhilfen noch vergrößern, mit einem Milliardenkredit lösen zu wollen“, sagte Dette.
Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) plädierte am Samstag für eine massive Neuverschuldung von rund 2,9 Milliarden Euro. Damit sollen nicht nur ein Konjunkturprogramm aufgelegt, son
Sebastian Dette ist Präsident des Thüringer Rechnungshofes. dern auch Steuerausfälle kompensiert und schon beschlossene Corona-Hilfen finanziert werden.
FDP-Fraktionschef Thomas Kemmerich erklärte, dass eine massive Neuverschuldung die Probleme zum Wiederaufbau der Wirtschaft nach der Pandemie nicht löse. Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow betonte, sie sehe große Einigkeit, dass es ein Konjunkturprogramm für den Aufbau Thüringens nach der Corona-Krise braucht.
Dette mahnte zu Augenmaß und verwies auf die Schuldenbremse, die neue Kredite in Notsituationen wie jetzt zwar zulasse, aber auch klare Fristen zur Rückzahlung des Geldes setze. Augenmaß sei auch bei den Hilfen zum Ankurbeln der Konjunktur nötig. „Wir sollten mit Staatshilfen keine Zombie-Unternehmen künstlich am Leben erhalten, deren Geschäftsmodell schon vor der Corona-Krise nicht funktioniert hat“, sagte Dette. Hilfen seien dort angebracht, wo Probleme durch die Corona-Pandemie verursacht wurden. Das Defizit im Haushalt schätze der Rechnungshof auf mindestens 415 Millionen Euro -und das, obwohl Thüringen ins Jahr 2020 noch mit einem Finanzpolster von 1,85 Milliarden Euro gestartet sei.
Dette sieht zwei Bereiche, wo das Land sparen könnte: Bei manchen Zuschüssen und Zuweisungen, die sich im Etat auf hohe Beträge summierten, sowie bei den Personalausgaben. „Nach wie vor hat Thüringen – nach dem Saarland -- das meiste Personal bezogen auf 1000 Einwohner in Deutschland.“Mit Hilfe der Digitalisierung und bei der sinkenden Einwohnerzahl in Thüringen müsse mittel- und langfristig überprüft werden, ob die Stellenpläne in den Ministerien und Landesbehörden realistisch seien. dpa