Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Nur beim Kniefall auf Augenhöhe

Formel 1: Hamilton verpasst nach Rempler Podium und wird beim Bottas-Sieg Vierter. Vettel enttäuscht als Zehnter

- Von Raphaelle Peltier

Spielberg. Nach Fehlern stand es zwischen Sebastian Vettel und Ferrari eigentlich Unentschie­den. Doch trotz einer selbstvers­chuldeten Kollision nahm der Ex-Weltmeiste­r gegenüber seinem NochArbeit­geber kein Blatt vor den Mund. „Ich bin ehrlich gesagt froh, dass es nur ein Dreher war“, wetterte Vettel nach dem verkorkste­n Saisonauft­akt in Österreich mit Platz zehn am Sky-Mikrofon: „Es war der Wurm drin. Ich hatte unglaublic­he Probleme, überhaupt auf der Strecke zu bleiben. Wir waren das ganze Wochenende zu langsam.“

Als Gewinner des ersten Grand Prix nach der Corona-Zwangspaus­e wurde Mercedes-Pilot Valtteri Bottas geehrt, die sterile Zeremonie lief ohne Vettel ab, der in einem desolaten Ferrari nach desolater Fahrt über einen WM-Punkt fast froh sein musste. Deutlich überrasche­nder: Auch Weltmeiste­r Lewis Hamilton fehlte auf den säuberlich getrennten Podestchen. Die Plätze zwei und drei nahmen der überaus glückliche Vettel-Teamkolleg­e Charles Leclerc und Podium-Debütant Lando Norris (McLaren) ein.

Hamilton waren zahlreiche Safety-Car-Phasen sowie Getriebepr­obleme an seinem überlegene­n Mercedes zum Verhängnis geworden. In der Schlusspha­se kollidiert­e der Brite, der seinen siebten WM-Titel anstrebt, mit dem Red Bull von Alex Albon. Nach einer Fünf-SekundenSt­rafe fiel er noch auf Rang vier zurück und gab schmallipp­ig zu Protokoll: „Es ist sehr unglücklic­h, was da mit Alex passiert ist. Für mich war es ein Rennunfall. Ich nehme jede Strafe an.“

Angesichts des Abschneide­ns der beiden dominieren­den Fahrer des vergangene­n Jahrzehnts ging der achte Sieg von Bottas – im wohl ungewöhnli­chsten Grand Prix der Formel-1-Geschichte – ein wenig unter. „Man kann nicht besser in die Saison starten“, sagte der Finne. Leclerc hingegen hatte Rang zwei „nicht erwartet. Das ist eine Überraschu­ng.“ Und damit hatte der Monegasse recht. Ferraris Gegner hießen weder Mercedes noch Red Bull, sondern McLaren, Racing Point und Alpha Tauri – willkommen im Formel-1-Mittelmaß.

Der zum Jahresende aussortier­te und spürbar angefresse­ne Vettel schätzte die Leistungsf­ähigkeit der Scuderia am RTL-Mikrofon treffend ein: „Vorne können wir im Moment nicht viel mitreden. Unter normalen Umständen sind die Plätze fünf bis sieben gerade das, was für uns drin ist.“

Drittjüngs­ter Fahrer auf dem Podium Allein aufgrund der Schlusspha­se wurde Leclerc, der Vettel als FerrariHof­fnungsträg­er längst abgelöst hat, auf das Podium gespült. Neben ihm stand ein überglückl­icher Norris. Der mit 20 Jahren drittjüngs­te Fahrer auf einem Formel-1-Podium war schlicht „sprachlos. Zwischendu­rch

dachte ich, ich hätte es echt vermasselt. Es ist unglaublic­h, was wir für einen Schritt nach vorne gemacht haben.“

Unruhe kam in der letzten Stunde vor dem Erlöschen der Startampel auf: Red Bull legte vor dem ersten Formel-1-Geisterren­nen erfolgreic­h Einspruch gegen eine NichtBestr­afung Hamiltons ein, der Weltmeiste­r wurde dann doch noch wegen Missachten­s Gelber Flaggen im Qualifying von Startplatz zwei auf fünf versetzt. Erster Profiteur war Red-Bull-Star Max Verstappen, der damit direkt hinter Bottas ins erste Saisonrenn­en ging – aber auch als Erster nach technische­n Problemen aufgeben musste.

Ein positives Zeichen setzten die Fahrer vor dem Rennen: Die Mehrzahl der Piloten ging in der Startaufst­ellung auf das Knie und demonstrie­rte damit ihre Unterstütz­ung der Bewegung „Black Lives Matter“. sid

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FOTO: AFP Protest vor dem Start: 14 der 20 Fahrer beteiligte­n sich mit einem Kniefall an der „Black Lives Matter“-Bewegung – unter anderem auch Lewis Hamilton und Sebastian Vettel (rote Hose).

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