Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Kampfkunst kontra Corona
Pandemie verdirbt Arterner Sportverein das 25-jährige Jubiläum. Mitglieder trainieren inzwischen wieder zusammen
Artern. Ein blitzartiger Griff, eine Finte, ein überraschender Wurf. Mit vielen Gegnern haben es die Sportler der Kampfkunstschule Artern schon aufgenommen. Aber die waren greifbar, sichtbar. Nun jedoch das winzige Coronavirus! „Wir sind Kontaktsportler, haben nur eine kleine Trainingshalle, lieben und brauchen Sportveranstaltungen – nichts ging mehr“, erinnert sich Werner Bank an die Anfangsphase des Kontaktverbots. Und am 9. Mai war die Party zum 25-jährigen Jubiläum der Kampfkunstschule geplant. „Auch das war passé“, sagt der Vereinspräsident.
Normalerweise setzen die sechsbis 68-Jährigen Kämpfer mit der fernöstlichen Selbstverteidigung Qin Na/Jiu Jitsu Kontrahenten außer Gefecht. „Nun standen wir vor dem komplexesten Problem seit unserer Gründung. Wir sind ja Macher – aber das zehrt an der Substanz“, so Bank. Neun Lehrgänge sind bislang ausgefallen, zwei davon waren in Artern geplant. Die Landesmeisterschaft, wo vier Talente auf Medaillen hofften: abgesagt.
Die erste gemeinsame Übung
Mitte Mai an der Freilichtbühne
Jeder übte zu Hause allein seine Schlag- und Tritttechniken. „Aber zum Beispiel beim Aushebeln geht das mit Gegner natürlich am besten“, weiß Bank, der zugleich Präsident des Chinesisch-Deutschen Kampfkunstvereins Thüringen ist. Doch vorerst wird das direkte Duell noch nichts.
Es wussten aber schon die Shaolin-Mönche, an denen sich die Arterner orientieren: Beharrlichkeit und strikte Disziplin führen letztlich zum Ziel. Und so keimt nach Zeiten des Stillstandes langsam Hoffnung: Mitte Mai konnten sich die Schützlinge erstmals wieder treffen. Sie übten an der Freilichtbühne im Saline-Park ihre Bewegungsabläufe,
den kontaktlosen Formenkampf – Kata genannt. Seit 4. Juni kann das Training, mit Hygieneund Abstandskonzept, auch wieder in der kleinen Halle stattfinden. Natürlich nicht für alle 28 aktiven Kämpfer gleichzeitig, sondern gestaffelt.
Nun die nächste Lockerung: „Nur bei Sportarten, die nicht ohne direkten Körperkontakt betrieben werden können, darf vom Mindestabstand
abgewichen werden“, heißt es aus dem Thüringer Innenministerium. Heißt: Trainingskämpfe wären möglich. „Wir sind aber vorsichtig, warten damit noch ab. Schauen, was mit all den Hotspots passiert“, so Banks Taktik.
Geduldig sein, behutsam, gründlich – das sei, betont der 59-Jährige, sowieso die Maxime in dem Vierteljahrhundert gewesen. In allen Belangen: „Wir betreiben nicht wie andere Gürtelhascherei.“Man brauche mindestens fünf bis sieben Jahre hartes Training bis zum Schwarzen Gürtel, der zugleich Verpflichtungen mit sich bringe. Für den ganzen Lebenswandel.
Verpflichtung: Immer an den moralischen Kodex halten Vorbilder hat der Nachwuchs im eigenen Verein: so die Altmeister Alfred Horn aus Voigtstedt und Eckhard Geyer. Über die Landesgrenzen anerkannt sind auch die Trainer Sven Trautmann aus Schönewerda und Linda Bank. Der Tochter des Präsidenten wurde nun eine große Ehre zu teil: Unmittelbar vor dem Lockdown hatte sie erfolgreich den 1. Dan abgelegt. Nach langer Tradition erhielt sie nun, im wieder halbwegs möglichen Training, als neue Kampfkunstmeisterin ihr persönliches Ehrenschwert.
Auch das verpflichtet: sich ehrlich, ordentlich, helfend, fördernd und fordernd zu verhalten, sich immer an den moralischen Kodex zu halten, respektvoll, loyal im Trainerteam und Verein.
Wettkämpfe, wo Linda Bank und ihre Schützlinge ihre Klasse zeigen können, sind noch immer nicht in Sicht. Auch auf die Gelegenheit, das Schwert ein wenig zu feiern, muss Linda Bank warten. Am 19. September ist, als Nachfeier des Vereinsjubiläums, eine kleine Party im Freizeitzentrum an der Steilen Hohle geplant.
Wenn der kaum sichtbare Gegner mitspielt.
6. Juli 1920
Polizeibericht: Bei Fräulein Louise von Berber hier, sowie beim Dienstmädchen Klara Dornheim in der Karlstraße 15 wurde gestern Nachmittag zwischen 5 und 6 Uhr ein großer Diebstahl ausgeführt.
Es wurden folgende Sachen gestohlen: 1 Schwarz mit graugestreiftes seidenes Kleid, 1 schwarz-seidenes Kleid, erdbeerfarbenes seidenes Kleid, 1 grüne Wollbluse, 1 Stück Gardine.
Die seidenen Kleider sind mit langen Schleppen versehen.
1 goldene Uhr mit Kette, 2 goldene Armbänder, 1 goldenen Brosche, 1 Korallenbrosche, 1 goldenes Medaillon, 1 goldener Ring, 1 silberne Herrentaschenuhr, 1 grau-gestreiftes Waschkleid, 1 dunkelblauer seidener Mantel, 1 dunkelblauer Wollkleid, 1 hellblaues Waschkleid 1 dunkelblauer Samtrock, 10 Stück verschiedene Winter- und Sommerblusen, 1 hellgrauer Rock, 1 schwarzes Kostüm, 1 schwarzer Wintermantel mit Pelzbesatz, 1 schwarzer Tuchrock, 1 grünes Portemonnaie mit 100 Mark und 400 Mark.