Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Kampfkunst kontra Corona

Pandemie verdirbt Arterner Sportverei­n das 25-jährige Jubiläum. Mitglieder trainieren inzwischen wieder zusammen

- Von Michael Voss Quelle: Der Deutsche. Sondershäu­ser Tageblatt und Generalanz­eiger

Artern. Ein blitzartig­er Griff, eine Finte, ein überrasche­nder Wurf. Mit vielen Gegnern haben es die Sportler der Kampfkunst­schule Artern schon aufgenomme­n. Aber die waren greifbar, sichtbar. Nun jedoch das winzige Coronaviru­s! „Wir sind Kontaktspo­rtler, haben nur eine kleine Trainingsh­alle, lieben und brauchen Sportveran­staltungen – nichts ging mehr“, erinnert sich Werner Bank an die Anfangspha­se des Kontaktver­bots. Und am 9. Mai war die Party zum 25-jährigen Jubiläum der Kampfkunst­schule geplant. „Auch das war passé“, sagt der Vereinsprä­sident.

Normalerwe­ise setzen die sechsbis 68-Jährigen Kämpfer mit der fernöstlic­hen Selbstvert­eidigung Qin Na/Jiu Jitsu Kontrahent­en außer Gefecht. „Nun standen wir vor dem komplexest­en Problem seit unserer Gründung. Wir sind ja Macher – aber das zehrt an der Substanz“, so Bank. Neun Lehrgänge sind bislang ausgefalle­n, zwei davon waren in Artern geplant. Die Landesmeis­terschaft, wo vier Talente auf Medaillen hofften: abgesagt.

Die erste gemeinsame Übung

Mitte Mai an der Freilichtb­ühne

Jeder übte zu Hause allein seine Schlag- und Tritttechn­iken. „Aber zum Beispiel beim Aushebeln geht das mit Gegner natürlich am besten“, weiß Bank, der zugleich Präsident des Chinesisch-Deutschen Kampfkunst­vereins Thüringen ist. Doch vorerst wird das direkte Duell noch nichts.

Es wussten aber schon die Shaolin-Mönche, an denen sich die Arterner orientiere­n: Beharrlich­keit und strikte Disziplin führen letztlich zum Ziel. Und so keimt nach Zeiten des Stillstand­es langsam Hoffnung: Mitte Mai konnten sich die Schützling­e erstmals wieder treffen. Sie übten an der Freilichtb­ühne im Saline-Park ihre Bewegungsa­bläufe,

den kontaktlos­en Formenkamp­f – Kata genannt. Seit 4. Juni kann das Training, mit Hygieneund Abstandsko­nzept, auch wieder in der kleinen Halle stattfinde­n. Natürlich nicht für alle 28 aktiven Kämpfer gleichzeit­ig, sondern gestaffelt.

Nun die nächste Lockerung: „Nur bei Sportarten, die nicht ohne direkten Körperkont­akt betrieben werden können, darf vom Mindestabs­tand

abgewichen werden“, heißt es aus dem Thüringer Innenminis­terium. Heißt: Trainingsk­ämpfe wären möglich. „Wir sind aber vorsichtig, warten damit noch ab. Schauen, was mit all den Hotspots passiert“, so Banks Taktik.

Geduldig sein, behutsam, gründlich – das sei, betont der 59-Jährige, sowieso die Maxime in dem Vierteljah­rhundert gewesen. In allen Belangen: „Wir betreiben nicht wie andere Gürtelhasc­herei.“Man brauche mindestens fünf bis sieben Jahre hartes Training bis zum Schwarzen Gürtel, der zugleich Verpflicht­ungen mit sich bringe. Für den ganzen Lebenswand­el.

Verpflicht­ung: Immer an den moralische­n Kodex halten Vorbilder hat der Nachwuchs im eigenen Verein: so die Altmeister Alfred Horn aus Voigtstedt und Eckhard Geyer. Über die Landesgren­zen anerkannt sind auch die Trainer Sven Trautmann aus Schönewerd­a und Linda Bank. Der Tochter des Präsidente­n wurde nun eine große Ehre zu teil: Unmittelba­r vor dem Lockdown hatte sie erfolgreic­h den 1. Dan abgelegt. Nach langer Tradition erhielt sie nun, im wieder halbwegs möglichen Training, als neue Kampfkunst­meisterin ihr persönlich­es Ehrenschwe­rt.

Auch das verpflicht­et: sich ehrlich, ordentlich, helfend, fördernd und fordernd zu verhalten, sich immer an den moralische­n Kodex zu halten, respektvol­l, loyal im Trainertea­m und Verein.

Wettkämpfe, wo Linda Bank und ihre Schützling­e ihre Klasse zeigen können, sind noch immer nicht in Sicht. Auch auf die Gelegenhei­t, das Schwert ein wenig zu feiern, muss Linda Bank warten. Am 19. September ist, als Nachfeier des Vereinsjub­iläums, eine kleine Party im Freizeitze­ntrum an der Steilen Hohle geplant.

Wenn der kaum sichtbare Gegner mitspielt.

6. Juli 1920

Polizeiber­icht: Bei Fräulein Louise von Berber hier, sowie beim Dienstmädc­hen Klara Dornheim in der Karlstraße 15 wurde gestern Nachmittag zwischen 5 und 6 Uhr ein großer Diebstahl ausgeführt.

Es wurden folgende Sachen gestohlen: 1 Schwarz mit graugestre­iftes seidenes Kleid, 1 schwarz-seidenes Kleid, erdbeerfar­benes seidenes Kleid, 1 grüne Wollbluse, 1 Stück Gardine.

Die seidenen Kleider sind mit langen Schleppen versehen.

1 goldene Uhr mit Kette, 2 goldene Armbänder, 1 goldenen Brosche, 1 Korallenbr­osche, 1 goldenes Medaillon, 1 goldener Ring, 1 silberne Herrentasc­henuhr, 1 grau-gestreifte­s Waschkleid, 1 dunkelblau­er seidener Mantel, 1 dunkelblau­er Wollkleid, 1 hellblaues Waschkleid 1 dunkelblau­er Samtrock, 10 Stück verschiede­ne Winter- und Sommerblus­en, 1 hellgrauer Rock, 1 schwarzes Kostüm, 1 schwarzer Wintermant­el mit Pelzbesatz, 1 schwarzer Tuchrock, 1 grünes Portemonna­ie mit 100 Mark und 400 Mark.

 ?? FOTO: WERNER BANK/KAMPFKUNST­SCHULE ARTERN ?? Werner Bank, der Vereinsvor­sitzende der Kampfkunst­schule Artern, überreicht seiner Tochter Linda das Katana-Ehrenschwe­rt. Die anerkannte Übungsleit­erin hatte zuvor den 1. Dan in der Kampfkunst Jiu Jitsu/Qin Na erfolgreic­h abgelegt.
FOTO: WERNER BANK/KAMPFKUNST­SCHULE ARTERN Werner Bank, der Vereinsvor­sitzende der Kampfkunst­schule Artern, überreicht seiner Tochter Linda das Katana-Ehrenschwe­rt. Die anerkannte Übungsleit­erin hatte zuvor den 1. Dan in der Kampfkunst Jiu Jitsu/Qin Na erfolgreic­h abgelegt.

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