Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Stadtratschef marschierte mit Thügida
Etzrodt steht extremer Rechten offenbar nahe
Gera. Der neue Stadtratsvorsitzende Reinhard Etzrodt steht der extremen Rechten offenbar näher, als bisher bekannt. Auf der Seite „Rechercheportal Jena-SHK“wurde am Sonntag ein Artikel veröffentlicht mit Fotos, die den 67-Jährigen auf einer Demonstration des rechtsextremen Thügida-Bündnisses zeigt. Neben dem pensionierten Arzt waren seine Frau Bettina und sein Sohn Martin dabei. Beide sitzen ebenfalls in Kommunalparlamenten. Bettina Etzrodt ist stellvertretende AfD-Fraktionschefin im Geraer Stadtrat, Martin Etzrodt gehört der Fraktion im Kreistag des Saale-Holzland-Kreises an.
Rückblickend sagt Reinhard Etzrodt im Gespräch mit dieser Zeitung zu seiner Teilnahme an der Thügida-Demo: „Ich stehe dazu, würde es heute aber nicht mehr machen. Ich war ein Suchender.“2015 sei er mit der Migrationspolitik in der Bundesrepublik unzufrieden gewesen, habe aber noch nicht der AfD angehört. Der sei er 2016 beigetreten, als sie sich „eindeutig positioniert hat“. Was er meint, wird an einem anderen Satz deutlich: „Was Deutschland einen Vorteil bringt, da bin ich dabei.“
Dass er den vom Verfassungsschutz bestätigten in weiten Teilen rechtsextremen Kurs seines Landesverbandes mitträgt, zeigt sich bei der Frage nach seinem Verhältnis zu AfD-Chef Björn Höcke: „Ich stehe zu unserem Landesvorsitzenden“, macht Etzrodt klar. Extreme Äußerungen Höckes, wie die Forderung einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“, nennt er auf Nachfrage „unglücklich“.
Die Wahl von Reinhard Etzrodt hatte in der vergangenen Woche bundesweit Schlagzeilen produziert, weil er elf Stimmen mehr bekommen hat, als seine Fraktion Mandate im Geraer Stadtrat aufweist. Unter anderem Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitee, kritisierte die Wahl scharf, die „Überlebenden von Auschwitz wie Hohn in den Ohren klingen“müsse, sagte er.