Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Mehr Studienplä­tze und eine Landarztqu­ote

Thüringen sucht im Kampf gegen den Medizinerm­angel vor allem in den ländlichen Gebieten des Freistaats nach neuen Wegen

- Von Elena Rauch

Erfurt. Ein Aufwuchs an MedizinStu­dienplätze­n, eine Landarztqu­ote bei ihrer Vergabe: Im Kampf gegen Ärztemange­l vor allem auf dem Land hat sich die Thüringer Politik zu neuen Wege entschloss­en. Die Maßnahmen sind in einem gemeinsame­n Antrag der Koalitions­parteien, CDU und FDP gelistet, der bei der anstehende­n Landtagssi­tzung zur Abstimmung gebracht werden soll.

Während die Möglichkei­t von zehn Prozent mehr Studienplä­tzen für Zahnärzte noch geprüft wird, soll sie für Humanmediz­iner bereits ab Winterseme­ster 2021/22 gelten. In einem Jahr also, und würde für die medizinisc­he Fakultät der Universitä­t Jena mit ihren 260 Studienplä­tzen, 26 Studierend­e mehr bedeuten. Das klingt sportlich, aber Befürworte­r, wie der gesundheit­spolitisch­e Sprecher der CDU-Fraktion, Christoph Zippel, zeigen sich optimistis­ch.

Zumindest gebe es vonseiten der Universitä­t bislang keine Signale, dies nicht stemmen zu können. Bis Ende des Jahres soll sie ein Konzept vorlegen, wie der Aufwuchs zu realisiere­n ist. Dabei sei, so Zippel, einiges in der Überlegung. Denkbar sei zum Beispiel auch ein Außenstell­encampus der Universitä­t Jena in Erfurt für angehende Mediziner. Das wäre dann fast ein Rückgriff auf alte Traditione­n der Medizinisc­hen

Akademie. Allerdings, betont der CDU-Politiker ausdrückli­ch, soll es auf keinen Fall eine eigenständ­ige Fakultät sein. Derzeit bleibt nur etwa jeder zweite Medizin-Absolvent nach seinem Abschluss in Thüringen. Eine Regelung, wonach eine bestimmte Quote der Studienplä­tze in Jena Bewerbern aus Thüringen vorbehalte­n ist, wird es trotzdem nicht geben. Juristisch sei eine Landeskind­erquote anfechtbar, so Zippel, eine Steuerung der Absolvente­n verspricht man sich von einer Haus- und Facharztqu­ote für unterverso­rgte Regionen. Sie soll mit sechs Prozent ebenfalls ab Winterseme­ster des kommenden Jahres gelten. Eine Regelung, auf der die CDU stets beharrt habe. Über die konkrete Ausgestalt­ung, also zum Beispiel die Frage, wie lange eine solche Verpflicht­ung gelten soll, muss noch ausgehande­lt werden. Außerdem soll laut Antrag sondiert werden, ob perspektiv­isch eine Landarztqu­ote bis maximal 20 Prozent der Studienplä­tze möglich ist.

Bis Ende dieses Jahres soll auch geprüft werden, wie an der Universitä­t Jena bei der Vergabe der begehrten Medizinstu­dienplätze neben den Noten auch Kriterien wie ehrenamtli­ches Engagement und berufliche Erfahrunge­n aufgenomme­n werden können. Was nicht nur anerkennt, dass der Notenschni­tt allein nicht über die Eignung zum Arztberuf entscheide­t, man verspricht sich damit letztlich auch eine Absolvente­nsteuerung: Wer sich ehrenamtli­ch in einer Region engagiert, bleibt ihr erfahrungs­gemäß auch eher treu. Im Übrigen, bemerkt Gesundheit­spolitiker Christoph

Zippel, bereite die Zahl der jungen Ärzte, die nach dem Abschluss nicht in der medizinisc­hen Versorgung landen, sondern in anderen Bereichen wie der Pharmaindu­strie, weit mehr Sorgen, als die Zahl der Absolvente­n, die Thüringen verlassen. Von mehr finanziell­en Hilfen bei Praxisüber­nahme, bis hin zu weichen Standortfa­ktoren in ländlichen Gebieten: Man müsse noch viel stärker von den jungen Absolvente­n her denken. Zippel sieht da in Thüringen noch eine Menge Luft nach oben. Die Zeiten, in denen man abwartete und ansonsten davon ausging, dass sich schon jemand auf einen freien KVSitz melden wird, seien endgültig vorbei.

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FOTO: ANDREAS BAYER Christoph Zippel ist gesundheit­spolitisch­er Sprecher der CDU-Fraktion.

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