Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Die Steuertricks des Donald Trump
US-Präsident soll laut „New York Times“jahrelang fast keine Einkommensteuer gezahlt und 70.000 Dollar Friseurkosten abgesetzt haben
Washington. Mit diesem Geschenk kurz vor der ersten TV-Debatte der amerikanischen Präsidentschaftskandidaten am Dienstagabend (Ortszeit) hatte Joe Biden nicht gerechnet. Amtsinhaber Donald Trump, der sich als unnachgiebiger Kämpfer für den kleinen Mann und unternehmerisches Genie mit Milliardenvermögen präsentiert, hat über viele Jahre gar keine oder entschieden weniger Einkommensteuer an den Bundesfiskus entrichtet als der einfache Arbeiter bei General Motors oder US Steel. Und: Bis auf wenige Ausnahmen hat der 74-Jährige bei seinen Investitionen in Immobilien wirtschaftlich danebengegriffen und dreistellige Millionenschulden aufgehäuft, die nur mittels Finanzakrobatik in Schach gehalten werden konnten.
Auch die Deutsche Bank gab
Donald Trump Kredite
Das legt ein großer Report der „New York Times“nahe, die fünf Wochen vor der Präsidentenwahl nach eigenen Angaben legal erlangte Steuerunterlagen Trumps aus den vergangenen 20 Jahren ausgewertet hat. Es ist der bisher detaillierteste Einblick in die verschachtelten Finanzverhältnisse des Immobilienhändlers, der die Quellen seines Reichtums anders als alle anderen US-Präsidenten seit den 70er-Jahren vor der Öffentlichkeit verbirgt und dafür sogar bis zum Obersten Gerichtshof zieht.
Trump setzte Verluste flächendeckend für teilweise fragwürdige Steuervermeidungsstrategien ein. Er bezeichnete die Veröffentlichung als „totale Falschnachricht“, bestritt aber kein einziges Detail. Trump entrichtete in den Jahren 2016 und 2017 ausweislich der Erklärungen für das Bundesfinanzamt IRS Einkommensteuern in Höhe von jeweils 750 Dollar. Während der normale Steuerzahler in den USA im Schnitt 12.000 Dollar an den Staat überwies.
Ähnlich kontrovers und unaufgeklärt: 2018 meldete Trump steuerlich rund 48 Millionen Dollar Verlust, gab sein Einkommen in dem Jahr aber mit 435 Millionen Dollar an. Von zentraler Bedeutung war für Trump die von ihm geführte RealityTV-Sendung „The Apprentice“. Insgesamt nahm er dadurch samt Gebühren für die Nutzung seines Namens rund 430 Millionen Dollar ein.
Mit dem Geld kaufte er laut „New York Times“diverse Golfplätze, die sich allerdings nicht rentierten und über 300 Millionen Dollar Verlust eingefahren hätten. Hinweise auf mögliche Interessenkonflikte mit dem Präsidentenamt und Indizien für mangelnde Steuerehrlichkeit sieht die „New York Times“hier: 2016 und 2017 nahm Trumps aus 500 Einzelfirmen bestehendes Unternehmen, das formal von seinen zwei ältesten Söhnen geführt wird, 73 Millionen Dollar aus dem Ausland ein.
In seiner Vorzeige-Immobilie Mar-a-Lago, wo sich Trump oft mit
Staatsgästen, Wirtschaftsführern und Lobbyisten umgibt, stiegen die Einnahmen aus Clubgebühren in den ersten zwei Jahren seiner Präsidentschaft von 664.000 Dollar auf sechs Millionen Dollar. Trump setzte über Jahre „Beraterkosten“in Höhe von 26 Millionen Dollar steuermindernd ein. Das Geld floss zum Teil an seine älteste Tochter Ivanka.
Persönliche Ausgaben soll Trump als Betriebskosten deklariert haben
Um seinen mondänen Lebensstil (Privatflugzeug et cetera) trotz schwindender Einnahmen beizubehalten, deklarierte er persönliche Ausgaben regelmäßig als Betriebskosten: etwa 70.000 Dollar für Friseure. Coiffeur-Dienste für Tochter Ivanka wurden der Staatskasse mit 100.000 Dollar in Rechnung gestellt. Trump behauptet, das IRS behandele ihn „schrecklich“. Hintergrund laut „New York Times“: Die Steuerbehörde ließ ihm vor zehn Jahren eine Steuergutschrift von 73 Millionen Dollar zukommen, deren Legitimität inzwischen in Zweifel gezogen wird. Käme es zur Rückzahlung,
würden für Trump 100 Millionen Dollar fällig, schreibt das Blatt. Zusammen mit Bankdarlehen in Höhe von 420 Millionen Dollar, für die Trump persönlich hafte und die binnen der nächsten vier Jahre zu bedienen seien, drohe dem Unternehmer eine gefährliche Schieflage. Kreditinstitute, zu denen auch die Deutsche Bank gehört, stünden vor der Frage, ob sie im Falle einer zweiten Amtszeit einen amtierenden Präsidenten zur Rückzahlung zwingen sollen.
Die oppositionellen Demokraten reagierten mit Entrüstung und Spott. Die Kampagne von Joe Biden gab Buttons mit der Aufschrift „Ich habe mehr Einkommensteuern bezahlt als Donald Trump“in Auftrag. Nancy Pelosi erklärte, Trumps Verhalten dokumentiere die „Verachtung für Amerikas arbeitende Familien“. Die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses erinnerte daran, dass Lehrer (7239 Dollar), Feuerwehrleute (5283 Dollar) und Krankenschwestern (10.216 Dollar) im Durchschnitt viel mehr Einkommensteuern zahlen als der Präsident.