Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Beim Endlager sind andere EU-Staaten schneller
Finnland hat mit dem Bau längst begonnen. Auch europäische Kooperationen wären möglich
Brüssel. Deutschland ist zwar mit seinem Atomausstieg Vorreiter in Europa, bei den Plänen für ein Endlager für radioaktiven Abfall sind andere Mitgliedstaaten der EU aber schneller. Pionier ist Finnland, das seit 2004 das weltweit erste Endlager baut, in der Nähe von zwei Atomkraftwerken. Der Standort unter der Ostseeinsel Olkiluoto wurde im Jahr 2000 ausgewählt.
Die Finnen setzen auf ein kilometerlanges Tunnelsystem in Granitgestein in 420 Metern Tiefe, in das der Atommüll eingelagert wird, wenn er 50 Jahre in Zwischenlagern abgekühlt ist. In Schweden ist ein Endlager ebenfalls in Granitgestein in Forsmark geplant, das im Jahr 2030 betriebsbereit sein soll. Bei der Suche war die Bevölkerung stark einbezogen worden, eine ganze Reihe von Kommunen bewarben sich als Standort.
Auch Frankreich ist in seinen Vorbereitungen weiter fortgeschritten. Notgedrungen, denn mit seinen 58 Atomkraftwerken ist das Nachbarland für ein Viertel des gesamten radioaktiven Atommülls in der EU verantwortlich. Schon 2006 entschied das Parlament, langlebige Atomabfälle in einem tiefen geologischen Endlager unterzubringen, die Wahl fiel auf Tongestein. Als Standort ist jetzt das lothringische Bure 120 Kilometer von der saarländischen Grenze entfernt vorgeneue sehen. Nach einem EU-Gesetz von 2011 sind alle Mitgliedstaaten verpflichtet, Programme für die Atommüllentsorgung vorzulegen. Aber nicht überall wird schon wirklich langfristig geplant: Die Niederlande etwa streben an, den Atommüll erst mal bis zum Jahr 2103 oberirdisch zu lagern. Bis dahin dürften sich Perspektiven ergeben, auch auf europäischer Ebene. Zwar setzen die EU-Staaten bislang auf nationale Lösungen, doch eröffnet eine EU-Richtlinie von 2011 den Weg für Kooperationen. Unter strengen Vorgaben können Mitgliedstaaten bei der Entsorgung kooperieren, ihre hoch radioaktiven Abfälle innerhalb der EU oder in Drittstaaten exportieren.
In Deutschland gab es deshalb auch schon vereinzelt Debatten über einen europäischen Weg. Der damalige SPD-Fraktionschef Peter Struck etwa warb für ein einziges Atom-Endlager in der EU in der Hoffnung, das bisherige EndlagerProjekt Gorleben endgültig verhindern zu können.
eingeschränkt werden. Im jetzt anstehenden Schritt soll die BGE der Aufsichtsbehörde, dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), Vorschläge machen, wo sich die überirdische Erkundung lohnt. Das BASE soll diese prüfen und an das Bundesumweltministerium weiterleiten. Dort sollen sie zu einer Gesetzesvorlage formuliert und zur Abstimmung an den Bundestag gegeben werden. Der Prozess für die weitere Eingrenzung verläuft ebenso. Die letzte Entscheidung liegt bei den Abgeordneten.
Was haben die Bürger dabei zu sagen?
Die Erinnerungen an die langen Kämpfe um den Standort Gorleben sind noch frisch. So wie damals soll es nicht laufen. Im Standortauswahlgesetz ist deshalb die Rede von einem „partizipativen, wissenschaftsbasierten, transparenten, selbsthinterfragenden und lernenden Verfahren“. Konkret heißt das, dass Bürger sich bei Bürgerdialogen und -versammlungen einbringen können und bei sogenannten Fachund Regionalkonferenzen. Außerdem gibt es ein nationales Begleitgremium, dessen 18 Mitglieder den Prozess im Sinne des Gemeinwohls begleiten sollen.
Wie reagiert die Politik?
Einzelne Bundesländer signalisieren bereits, dass sie sich nicht für endlagergeeignet halten. So hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, der Freistaat werde das Verfahren „sehr konstruktiv und kritisch begleiten“. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warnte die Bundesländer davor, sich der Suche nach einem Endlager zu verweigern. „Niemand darf sich jetzt aus der Verantwortung stehlen“, sagte er unserer Redaktion.
Wie sieht der weitere Zeitplan aus? Entschieden werden soll über den Ort des Endlagers bis 2031. Tatsächlich eingelagert werden soll das radioaktive Material dann ab 2050.