Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

„Es ist wunderbar, dass die Grenzen wieder offen sind“

Entertaine­r Wolfgang Lippert (68) über sein neues Schlageral­bum, sein damaliges Aus bei „Wetten, dass..?“und Fehler bei der Wiedervere­inigung

- Von Oliver Stöwing

Berlin. Im Video zu seinem Fetensong „Was denn!?“singt Wolfgang Lippert sich an eine Bade-Schönheit heran mit Zeilen wie „Du bist so zart und ich beiß in dich rein.” Da wirkt der 68-Jährige wie der GuteLaune-Onkel, der auf einer Hochzeitsf­eier über die Stränge schlägt und den man bremsen müsste. Als diese Redaktion ihn während einer Autofahrt von Rügen Richtung Dresden erreicht, berlinert er zwar vergnügt, ist aber auch reflektier­t und konzentrie­rt. Bald wird klar: „Lippi“ist ein Vollblut-Entertaine­r alter Schule, der weiß, wo er steht. Sein neues Album „Glücklich“nennt er beharrlich „LP“.

Was ist „Glücklich“für ein Album? Wir haben versucht, ein bisschen Chanson einfließen zu lassen, es poppig, mitreißend, tanzbar zu machen. Eine Frage an Sie.

Ich bitte drum.

Normalerwe­ise fragt man das ja nicht, aber gibt es irgendetwa­s an der LP, was Sie berührt hat, wo Sie sagen, das ist okay in dieser ganzen bunten Palette?

Nun, der Song „17 Jahre liebe ich blonde Haare“bleibt in Erinnerung. Er gilt meiner Frau Gesine, mit der ich seit 17 Jahren verheirate­t bin. Da sind ihr die Tränchen gekommen, als ich ihr den zum ersten Mal vorgespiel­t habe.

Ihr letztes Album ist acht Jahre her. Einige fragen sich schon: Moment, Wolfgang Lippert, den kenne ich doch irgendwo her, hat der nicht mal „Wetten, dass..?“moderiert? Was macht der jetzt eigentlich? Viele kennen mich seit 20 Jahren durch die Störtebeke­r-Festspiele auf Rügen als Balladensä­nger. Seit einigen

Jahren moderiere ich beim MDR die Reihen „Damals“und „Ein Kessel Buntes“– und jetzt hatte der Lippi wieder so richtig Lust zu singen.

Wie setzt man sich durch in der Schlagerbr­anche, in der sich inzwischen viele talentiert­e, junge und attraktive Menschen tummeln?

Da muss man sich Gehör verschaffe­n. Man muss sich dann auf seine Lieder verlassen, weil ich mich nicht vor der Kamera rekeln oder am Trapez hängen kann.

Wie denken Sie über Ihre große Zeit als „Wetten, dass..?“-Moderator ab 1992?

Das war schon besonders, der erste Ost-Moderator mit einer eigenen

Show im Westen zu sein. Plötzlich saß ich auf einer Couch mit Paul McCartney.

Dem Sie den Schweiß von der Stirn tupften. Das gab heftige Kritik. Eigentlich hätte das ein Maskenbild­ner machen sollen. Es war eine spontane Handlung. Paul schwitzte so stark im Scheinwerf­erlicht und ich dachte, den kann ich doch da jetzt nicht so sitzen lassen.

Ihr Vorgänger Thomas Gottschalk übernahm nach neun Shows wieder. Wie denken Sie heute darüber? Ich bin ihm nicht böse. Ich erinnere mich gern an die Zeit, ich bin stolz, einer der vier Moderatore­n von Wetten, dass..? gewesen zu sein.

Wenn ich Thomas heute treffe, ist alles bestens zwischen uns. Letztens traf ich ihn auf einer Veranstalt­ung, er kam auf mich zu und begrüßte mich: „Ich dachte schon, ich wäre hier heute der einzige Star.“

30 Jahre Wiedervere­inigung – was hätte anders laufen können?

Ein paar Sachen aus dem Osten hätte man übernehmen können, Kinderkrip­pe, Recycling. Dann hätte der Ostdeutsch­e vielleicht in der Wendezeit ein besseres Gefühl gehabt. Aber hätte, hätte. Niemand hat das geübt. Da waren Menschen, die nach vorne gingen. Es ist wunderbar, dass wir wieder eins sind, dass die Grenzen offen sind, und das muss über allem stehen.

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FOTO: V. GEPPERT / SEIRING DESIGN / DPA Wolfgang Lippert

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