Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Notfälle mit verletzten Kindern
Mediziner und Rettungskräfte auch aus dem Kyffhäuserkreis trainieren an Rettungsdienstschule die Versorgung junger Patienten
Mühlhausen. Der Junge ist mit dem Fahrrad gestürzt. Zum Glück hatte er einen Helm auf. Trotzdem blutet die Platzwunde an der Stirn heftig. Ob das Kind ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, womöglich schwere innere Verletzungen hat, das müssen die Rettungskräfte jetzt schnell klären. Notfallsituationen mit Kindern wie diese trainierten 13 Notärzte und Notfallsanitäter aus Thüringen und Bayern am Wochenende in Mühlhausen. Darunter auch Teilnehmer aus dem Kyffhäuserkreis.
Die Versorgung körperlicher Wunden bei Erwachsenen ist Routine. Eins zu eins auf Kinder übertragen lassen sich die Maßnahmen nicht, erläuterte Kurskoordinator Heiko Meinel. Deshalb habe der International Trauma Life Support Deutschland (ITLS) einen Lehrgang für den Umgang mit schwer verletzten Säuglingen, Kindern und Jugendlichen entwickelt. Schon die Pulskontrolle sei schwieriger, dazu kommen Bewegungseinschränkungen und der Umgang mit Hilfsmitteln, die zumeist für Erwachsene ausgelegt sind.
In der kindlichen Notfallmedizin gebe es wenige wissenschaftliche Erkenntnisse, sagte Meinel. In zwei bis fünf Prozent aller Notfälle seinen Kinder beteiligt, davon wiederum ist nur jeder Dritte ein Trauma. Deshalb seien die Mediziner und Sanitäter manchmal unsicher in der Praxis, so Meinel. Der Kurs soll den
Rettungskräften gutes Handwerkszeug mit auf den Weg geben, durch Theorie und praktisches Training mehr Sicherheit vermitteln. Es seien diese standardisierten Handlungsabläufe,
die im Notfall das Leben von Verletzten sichern. Die ITLS will die Trauma-Versorgung flächendeckend in die Notfallmedizin bringen.
Seit 2015 sind die Beruflichen Schulen des Unstrut-Hainich-Kreises zertifizierte Ausbildungsstätte des ITLS Deutschland. Der Verein schult Rettungskräfte in standardisierten Handlungsabläufen bei der Trauma-Behandlung. Zum ersten Mal fand der Kinder-Kurs nun in den neuen Bundesländern statt. Meinel lobte die Unterstützung durch die Landesärztekammer. So könnten die Notärzte bei der Weiterbildung miteinander in Erfahrungsaustausch treten.
Der stellvertretende ärztliche Leiter von ITLS Deutschland, Roland Dettmer, Notarzt in München, hob das engagierte Team der Schule in Mühlhausen vor. Der Kurs wurde vom Förderverein unterstützt, fand im Fachbereich Rettungsdienst statt. Die räumlichen Voraussetzungen und die Ausstattung hier seien gut, sagte Dettmer.
Realistische Szenarien dank Team der Notfalldarstellung Dadurch waren verschiedene realistische Trainingsszenarien möglich. Ergänzt wurde das durch die Notfalldarstellung vom Team der Ortsgemeinschaft Schlotheim des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). „Wir haben heute gebrochene Oberschenkel und Unterarme, Verbrühungen, Kopfverletzungen“, sagte Kathrin Beier, die gemeinsam mit Katrin Fritz die Wunden aus dem Schminkkoffer „herstellte“.
Einer der Darsteller am Sonntag – der mit dem Fahrradsturz – war der zwölfjährige Jakob Frank Pauls aus Niederdorla. Die dortige Ortsgruppe des DRK stellte die Mimen. Die waren ganz in ihren Rollen, was einen zusätzlichen Stressfaktor für die Kursteilnehmer und damit realistische Situationen bedeutete. Allerdings: „Je stärker die Schmerzen sind, desto ruhiger ist der Patient“, sagte einer der Dozenten.