Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Madonna verfilmt sich selbst

Die Sängerin bringt ihr Leben auf die Leinwand und gibt Einblicke in ihre Arbeit. Experten fürchten einen Megaflop

- Von Oliver Stöwing

Berlin. Popstar Madonna macht Homeoffice: Mit Laptop sitzt die 62Jährige auf ihrer cremefarbe­nen Couch in ihrem Anwesen in den Hamptons bei New York, neben ihr die mit einem Oscar ausgezeich­nete Autorin Diablo Cody („Juno“). Sie lässt sich die Nägel machen, monologisi­ert über sich selbst, springt zwischen den Themen. Die beiden Frauen verfassen ein Drehbuch über Madonnas Leben. Einmal fragt die Sängerin: „Machen wir eine Serie oder einen Film?“„Einen Film“, klärt Cody sie auf. „Warum machen wir keine Serie? Dann könnte ich die ganze Geschichte erzählen“, fragt Madonna. „Nun, weil ich für einen Film gebucht wurde“, erläutert Cody matt.

Bereits 2017 hatte das Filmstudio Universal verkündet, ein Drehbuch namens „Blond Ambition“über das Leben der Sängerin verfilmen zu wollen. Madonna reagierte zornig: „Nur ich kann meine Geschichte erzählen. Jeder andere, der das versucht, ist ein Scharlatan und ein Narr“, sagte sie. Sie weigerte sich, die Rechte an ihren Hits abzutreten. Ein Madonna-Biopic ohne „Like a Virgin“oder „Like a Prayer“? Undenkbar. Überrasche­nderweise kündigte Universal jetzt doch einen Film über Madonna an – mit Zustimmung der Popkönigin: „Ich möchte meinen unglaublic­hen Lebensweg als Künstlerin, Musikerin, Tänzerin – und als Mensch, der versucht hat, sich in dieser Welt zu behaupten – vermitteln“, erklärte sie. Denn die Popkönigin hatte zuvor mit den Filmbossen hart verhandelt

– und ihnen abgerungen, dass sie Regisseuri­n, Co-Autorin und CoProduzen­tin des Streifens wird. Auf Meetings mit Madonna soll ungefähr eine Stimmung herrschen wie in einem Hamsterkäf­ig, in den sich eine Kobra eingeschli­chen hat, berichten Insider.

Doch das Zugeständn­is sorgt für hochgezoge­ne Augenbraue­n: Denn Madonna, berühmtest­er Popstar der Welt, hat eine übersichtl­iche Vita als Regisseuri­n. 2011 kam „W. E.“in die Kinos, eine Schmonzett­e über die Liebe zwischen König Edward VIII. und Wallis Simpson. „Ein Film über eine Frau auf einem Shoppingtr­ip“, urteilte ein Kritiker beim „Hollywood Reporter“– „Madonna sollte nie wieder erlaubt werden, in die Nähe eines Regiestuhl­s zu kommen“, schrieb ein anderer.

Ein weiteres Problem: Eine Regisseuri­n Madonna ist an ihrem Sujet zu dicht dran. „Natürlich kennt niemand ihre Geschichte besser als sie selbst“, sagt Dirk Libbey vom Magazin „Cinemablen­d“. „Und sie hat wahrschein­lich die Absicht, eine ehrliche Version über ihr Leben zu drehen, bei der sie zwangsläuf­ig nicht immer gut wegkommt – doch ihre Perspektiv­e wird immer voreingeno­mmen sein.“

Auch Elton John hatte Einfluss auf „Rocketman“, den Musicalfil­m über sein Leben – der Popstar setzte allerdings durch, dass auch seine dunklen Stunden gezeigt wurden. Madonna dagegen stilisiert sich gern als Weltverbes­serin – ohne Selbstiron­ie, dafür mit Pathos. „Niemand tut, was ich tue“, sagte die sechsfache Mutter einmal. Ja, es habe Freiheitsk­ämpferinne­n wie Simone de Beauvoir und Angela Davis gegeben, aber die hätten keine Kinder gehabt.

Madonna manipulier­t ihr Image

Auf den zahlreiche­n Videos, die Madonna über ihre Sofa-Filmarbeit auf Instagram stellt, wird schon einmal klar: Die Sängerin macht es ihrer Co-Autorin nicht leicht. So sind sie uneinig, ob der Film bei ihrem ganz großen Durchbruch Mitte der 80er-Jahre enden soll oder erst Ende der 90er-Jahre, als sie erstmals Mutter wurde und mit dem Album „Ray of Light“ihren kreativen Höhepunkt feierte. Nur Cody scheint dabei so etwas wie eine Handlung im Kopf zu haben, wird aber zur Protokolla­ntin degradiert und muss Sätze mitschreib­en wie: „Dann fiel eine Pizza Margherita auf meine Brüste.“

Ihr trockener, manchmal herablasse­nder Humor und ihre kühle Boss-Attitüde, für die Fans ihre Queen so lieben, wirkt hier deplatzier­t – die beiden Frauen scheinen keine wirkliche Verbindung aufzubauen.

Doch vielleicht überrascht Madonna. Es wäre nicht das erste Mal. Filmexpert­e Caspar Salmon schreibt im„Guardian“: „Das Fasziniere­ndste an dem Film, so propagandi­stisch er wohl auch wird, wird sein, dass wir einen Einblick darin bekommen, wie sie ihr Image manipulier­t.“

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FOTO: MICHAEL PUTLAND / GETTY ?? Superstar Madonna 1984 in New York – wer die Sängerin in ihrer Film-Biografie spielt, ist noch nicht bestätigt..
IMAGES FOTO: MICHAEL PUTLAND / GETTY Superstar Madonna 1984 in New York – wer die Sängerin in ihrer Film-Biografie spielt, ist noch nicht bestätigt..
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FOTO: IMAGO Madonna 2010 bei ihrer bisher einzigen Regiearbei­t in Spielfilml­änge, „W. E.“

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