Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Die Spitze des Eisbergs In Ebeleben beschäftigen Zwistigkeiten zwischen zwei Nachbarn die Stadtverwaltung
Ein kleiner Grünstreifen ist der „Stein des Anstoßes“, der zuletzt das Fass zum Überlaufen und ihn schon mehrfach in die Stadtverwaltung brachte. Es geht – zumindest zu Beginn des Gespräches – um ein paar Meter Grünfläche hinter seinem Gartenzaun. Der Streifen ist den Angaben zufolge kommunale Fläche. Die Gräser stehen einen guten halben Meter hoch, ragen zum Teil auf die Straße.
Eigentlich pflegte er bislang das Stück. Bis zu jenem Tag, als der
Kontaktbereichsbeamte (Kobb) mit dem Polizeiauto vorfuhr und ihm jegliche Handlungen verbot, erzählt er.
Dass man ihn damit vorgeführt habe, sei allein den Nachbarn zu verdanken gewesen. Sie hätten die Stadtverwaltung über die Arbeiten an der kommunalen Fläche informiert und ihn angeschwärzt.
Tatsächlich hat es eine Anzeige beim Ordnungsamt gegeben, dass auf der kommunalen Fläche gegraben werde, ist aus der Stadtverwaltung zu erfahren. Auf dem Stück sei nicht bloß gemäht worden, es sei vielmehr an jenem Tag darum gegangen, die Fläche eigenhändig begradigen zu wollen.
Der Mann erklärt dazu, dass Bauleute, nachdem hier Glasfaserkabel verlegt worden sei, den Graben völlig uneben wieder zugeschüttet hätten und er bloß für Ordnung sorgen wollte, um das Stück besser mit dem Rasenmäher befahren zu können. Nach der Aktion mit dem Kobb „kann sich der Bauhof jetzt selber kümmern, ich mache überhaupt nichts mehr. Der Bürgermeister hat es mir schließlich verboten und sich selbst für die Pflege verpflichtet, dem muss er nun nachkommen und endlich mähen lassen“, sagt der 61Jährige.
Der Bürgermeister wiederum er- klärt, dass hier wohl ein Missver- ständnis vorliege: „Er sollte das Be- gradigen einstellen. Vom Rasenmä- hen war nie die Rede. Wir freuen uns über jeden, der städtische Flä- chen pflegt“, so Steffen Gröbel (Freie Wähler).
Das aber lässt der Mann nicht gel- ten. Heute hü, morgen hott – er blei- be dabei, was ihm gesagt worden sei: Rasenmähen einstellen.
Doch dieses Thema ist eigentlich nur die Spitze des Eisbergs. Das zeigt sich, als plötzlich der Nachbar an seinen Gartenzaun kommt und mitdiskutiert. Von Nutzung öffentli- cher Flächen für Ein- und Ausfahrt, von unerlaubter Erweiterung des eigenen Grundstücks, vom Filmen der Nachbarn, grundlosem An- schwärzen und noch mehr ist die Rede.
Die beiden spielen sich die Vor- würfe wie Tennisbälle zu. Vom Zu- hören wird einem ganz schwindelig. Und immer noch ungeklärt ist die Frage, wo in dieser Geschichte die Wahrheit steckt.
Stefan Raabs Hiterfolg vom Nachbarschaftsstreit am „Maschendrahtzaun“sauste mir sofort ins Ohr. Einige private Fernsehsender hätten in die Hände geklatscht, hätten sie die Szene in der ThomasMüntzer-Siedlung filmen dürfen. Ich aber habe mir gewünscht, dass ein Wunder geschieht und die beiden Herren, die sich einst mal richtig gut verstanden haben, ihren Streit beilegen und ein Bierchen zusammen trinken. Dann stünde auf der Zeitungsseite, die Sie gerade in den Händen halten, ein anderer Beitrag. Eine Geschichte mit guten Nachrichten vielleicht.
Als Waage bin ich harmoniesüchtig. Und es tut mir leid, wenn Menschen ihre kostbare Zeit auf Erden damit vergeuden, miteinander im Klinsch zu liegen. Haben wir keine anderen Probleme, als über Nachbars Zaun zu schauen und mit dem, was da drüben passiert, zu hadern?
An dieser Stelle ein Gruß an meine lieben Nachbarn auf beiden Seiten. Und ein Dank, dass hier jeder vor seiner eigenen Tür kehrt.