Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Der alternativ­e Bestatter Vincent Hirschfeld hat seinen Berufsweg gefunden und will neben Etablierte­n besonders sein

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Der Tod gehört zum Leben. Vincent Hirschfeld ist ihm schon oft begegnet. Trotz seiner Jugend: Dem 23-Jährigen ist das Ende vertraut. Der Umgang mit Sterbefäll­en bereitet ihm keine Schwierigk­eiten. Mit Demut tritt er ihnen entgegen – und mit dem Wunsch, den Hinterblie­benen helfen zu wollen.

Er blickt bereits auf einen verzweigte­n Berufsweg zurück – als Rettungssa­nitäter, Bestattung­saushilfe und Krematoriu­mstechnike­r. Neugier und Wissensdur­st begleiten ihn auf seinen Stationen. Was er sieht, hinterfrag­t er. Aus zahllosen Gesprächen gewinnt er Erkenntnis­se. Auch Bücher geben Antworten.

Jeder Tod ist individuel­l. Und so persönlich soll auch bleiben, was danach kommt. Dieser Gedanke beißt sich fest. Vincent Hirschfeld entscheide­t, seine Vorstellun­g von Trauerarbe­it zu realisiere­n. Er wagt den Schritt in die Selbststän­digkeit. Als Bestatter. Der Beruf ist meisterfre­i, ein Quereinsti­eg möglich.

Der Wolkramshä­user weiß, worauf er sich einlässt. Er betritt einen Raum, in dem etablierte Unternehme­n

agieren. Nicht jeder Konkurrent schaut wohlwollen­d auf den Nachwuchs. Vincent Hirschfeld ist überzeugt von seinem Weg. Er will anders sein – die Alternativ­e zum Herkömmlic­hen. Seiner Firma gibt er den Namen „Amalia Bestattung­en“. Eine Handynumme­r ist seine erste Adresse. Die Mobilität muss kein Nachteil sein. Er will sich auch physisch in Nordhausen niederlass­en. Aber bislang ist die Suche nach Geschäftsr­äumen erfolglos. Was greifbar ist, entspricht nicht seinen Wünschen. Wo er sich gern einmieten würde, ist er nicht willkommen. Er bringe den Tod ins Haus, wird die Abfuhr in Worte gefasst.

Doch auch ohne festen Firmensitz: Der Anfang ist gemacht. Aufträge kommen an. Jede Familie, deren Abschiedne­hmen er eskortiert, ist ein Multiplika­tor. Vincent Hirschfeld hofft auf Mundpropag­anda, will sich mit Fleiß und Empathie einen guten Namen erarbeiten.

An Ideen mangelt es ihm nicht. Aber über allem steht der Vorsatz: Nichts darf kalt und nüchtern wirken, alles soll dem Gestorbene­n gerecht werden und den Hinterblie­benen eine eigene Note ermögliche­n. Das Aufbahren im Haus oder die Trauerfeie­r im Garten, ein bemalter Sarg und die individuel­le Dekoration – was gesetzlich erlaubt ist, kann arrangiert werden. Die Frage nach der Lieblingsf­arbe des Toten ist so simpel, aber längst noch nicht selbstvers­tändlich.

Will sich die betroffene Familie einbringen, stehe dem nichts im Wege, sagt Hirschfeld. Wenn sie wollen, können die Angehörige­n ihren Entschlafe­nen waschen, ankleiden, auf dem allerletzt­en Schritt begleiten. „Ich will den Hinterblie­benen immer Zeit geben beim Trauern.“

Beim Überführen der Verstorben­en nutzt Hirschfeld Aushilfen. Tadellos funktionie­rt die Zusammenar­beit mit Friedhofsp­ersonal. Kooperatio­nen mit Trauerredn­ern entwickeln sich. Ein Nebenjob im Handwerk gibt Hirschfeld die Sicherheit, das eigene Gewerbe in Ruhe aufbauen zu können. Er weiß: Geduld braucht er, einen langen Atem. Beides habe er, sagt der 23Jährige. „Ich will mich behaupten und meinen Weg gehen.“

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