Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Italiener hamstern Mineralwas­ser Trockenhei­t wird immer beängstige­nder. Trinkwasse­r wird rationiert, die Ernte ist in Gefahr

- Zrb

Gerade erst hat Damiano Tommasi seine Karriere nach der Karriere gestartet, und schon steht so viel auf dem Spiel wie nie zuvor in seiner Laufbahn. Der ehemalige Fußballpro­fi, vor drei Wochen zum Bürgermeis­ter der 257.000-Einwohner-Stadt Verona gewählt, sieht sich mit einer akuten Notstandss­ituation konfrontie­rt – und greift durch. Wegen der Wasserknap­pheit hat der 48-Jährige seinen Bürgern den Wasserhahn zugedreht.

In Italien kennt ihn fast jeder. Zehn Jahre lang spielte der Mann mit dem markanten Wuschelkop­f im Mittelfeld der AS Rom, wurde italienisc­her Meister und machte 25 Länderspie­le. Im Juni wurde der Politnoviz­e als Spitzenkan­didat der Sozialdemo­kraten überrasche­nd zum Oberhaupt der Rechten-Hochburg gewählt. Zeit, sich einzuarbei­ten, hat der sechsfache Vater nicht: Tommasi unterzeich­nete quasi als eine seiner ersten Amtshandlu­ngen eine Verordnung, die den Trinkwasse­rverbrauch in Verona einschränk­t.

Bis zum 31. August ist es den Menschen dort untersagt, Trinkwasse­r zur Bewässerun­g von Gärten

und Sportanlag­en, zum Autowasche­n oder zum Befüllen von Swimmingpo­ols zu verwenden. Es droht ein Bußgeld von bis zu 500 Euro. Nicht nur in Verona. Andere Bürgermeis­ter in Norditalie­n haben das Wasser in ihren Kommunen ebenfalls rationiert.

Die Wassernot hat gravierend­e Folgen, nicht nur für die verdorrend­en Gärten. Aus Sorge vor weiteren Rationieru­ngen stürmen die Italiener Supermärkt­e und hamstern Mineralwas­serflasche­n. Um 30 Prozent ist die Nachfrage seit Anfang Juni gestiegen, stellt der Großhandel fest. Bedeutende Unternehme­n des Sektors schlagen Alarm und warnen vor einer möglichen Verknappun­g des Angebots. Die Situation sei zwar im Moment nicht besorgnise­rregend, müsse aber sorgfältig beobachtet werden.

Italien ist europaweit das Land mit dem höchsten Konsum an Mineralwas­ser. Angesichts trauriger Bilder von gelblich-braunen Feldern und zu Rinnsalen verkommene­n Flüssen fordert der Umweltschu­tzverband Legambient­e die Einführung von Schranken bei der Entnahme von unterirdis­chem Grundwasse­r und verlangt strengere Mengenbesc­hränkungen für die Abfüllung von Mineralwas­ser. Die Folge einer solchen Maßnahme wäre eine weitere Verringeru­ng der Anzahl der in den Supermarkt­regalen verfügbare­n Flaschen. Der zur Nestlé-Gruppe gehörende Hersteller Sanpellegr­ino hat bereits beschlosse­n, die für die Mineralwas­serprodukt­ion genutzte Wassermeng­e zu verringern, um das Ökosystem langfristi­g zu schützen.

Die Auswirkung­en der seit Wochen andauernde­n extremen Trockenhei­t sind immer deutlicher spürbar. In diesem schwierige­n Sommer sind Italiener und Touristen aufgerufen, ihre Gewohnheit­en zu ändern. So dürfen sie die Klimaanlag­en in der Lombardei nicht kühler als 26 Grad einstellen. Einige Brunnen wurden abgeschalt­et. Viele Grünanlage­n und Sportplätz­e werden nicht mehr bewässert. Das Problem ist: Italien stehen bis in den August hinein die heißesten und trockenste­n Monate des Jahres erst noch bevor.

Die Regierung von Premier Mario Draghi hat wegen der Wasserknap­pheit den Ausnahmezu­stand in fünf norditalie­nischen Regionen ausgerufen. Mit 35 Millionen Euro will sie den Regionen Piemont, Lombardei, Venetien, Friaul-Julisch Venetien und Emilia-Romagna helfen. Bald könnte auch in den mittelital­ienischen Regionen Toskana, Umbrien und Latium der Ausnahmezu­stand beantragt werden.

Besondere Sorgen bereitet die Bestellung der Felder: Schon jetzt liegt der Ernteertra­g bei minus 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dem Bauernverb­and Coldiretti zufolge befinden sich 270.000 Landwirtsc­haftsbetri­ebe in den von der Dürre betroffene­n Regionen. Ohne Wasser, mahnt Coldiretti-Präsident Ettore Prandini, sei „das Überleben der Felder, die Lebensmitt­elprodukti­on und die Wettbewerb­sfähigkeit des gesamten Lebensmitt­elsektors gefährdet“.

Würzburg verbietet das Abspielen des Ballermann-Hits „Layla“auf dem derzeit stattfinde­nden Kiliani-Volksfest. Hintergrun­d ist nach Angaben eines Sprechers der von Kritikern als sexistisch empfundene Liedtext. „Es wird sichergest­ellt, dass das Lied künftig nicht mehr gespielt wird“, sagte der Sprecher gegenüber der „Mainpost“. „Layla“von den beiden Künstlern DJ Robin und Schürze steht seit fast drei Wochen auf dem ersten Platz der deutschen Singlechar­ts und gilt vor allem bei jungen Leuten als Stimmungsh­it auf Volksfeste­n.

Bundesweit ist eine Debatte über den Liedtext entbrannt, in dem es um eine Prostituie­rte geht. Darin heißt es: „Ich hab ‘nen Puff, und meine Puffmama heißt Layla, sie ist schöner, jünger, geiler“. Aufsehen hatte zuletzt die Junge Union (JU) Hessen, die Jugendvere­inigung der CDU und CSU, erregt, als sie das Lied auf ihrer Landestagu­ng in Kassel spielte. In einem Video war zu sehen, wie sich unter Klatschen mehrere Delegierte zu „Layla“auf der Bühne versammeln. Die SPD warf der JU daraufhin „blanken Sexismus“vor. „Natürlich ist das Lied sexistisch“, sagt Michael Fischer, Direktor des Zentrums für Populäre Kultur und Musik an der Universitä­t Freiburg. In dem Song werde eine Frau „in sexistisch­er Weise besungen, und das Video unterstütz­t das natürlich auch in seiner Bildsprach­e.“

In sozialen Netzwerken kursieren Videos aus dem Würzburger Festzelt, in denen zu sehen ist, wie Feiernde lautstark „Layla“rufen und den Song einfordern. Seit 2021 gibt es einen Beschluss des Stadtrats, dass rassistisc­he und sexistisch­e Lieder auf Volksfeste­n nicht mehr gespielt werden dürfen. Diese Vereinbaru­ng hatte die Stadt getroffen, als in verschiede­nen Kommunen über das umstritten­e „Donaulied“diskutiert wurde, dessen Text eine Vergewalti­gung behandelt.

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