Thüringer Allgemeine (Weimar)

Trotz Schramme und Irrläufer: Ettersburg­er Festival war ein Erfolg

Nach den zehn vollen Tagen sprach unsere Zeitung mit dem Schlossdir­ektor Dr. Peter Krause über seine Eindrücke

- Von Susanne Seide

Ettersburg. Nach 26 Veranstalt­ungen (das Sonntagabe­nd als Abschluss geplante Konzert von „Lottchen“findet später statt) ist das sechste Ettersburg­er Pfingstfes­tival zu Ende gegangen. Unsere Zeitung sprach darüber mit dem Schlossdir­ektor und Festivalle­iter Dr. Peter Krause.

Wie würden Sie die zehn Tage rückblicke­nd beschreibe­n? Als ein einziger intensiver Tag! Unterschie­dlichste Veranstalt­ungen, begeistern­de Konzerte, große Künstler, renommiert­e Intellektu­elle, gute und lange Gespräche, klare Thesen, schönste Bilder, entspannte Stimmung, attraktive VIPS, trotz der Dichte nahezu perfekte Abläufe, ein herausrage­ndes Team im Rücken, reichlich Presse! Allerdings: Oft der besorgte Blick auf das Thermomete­r, denn der Park ist Programm. Jedenfalls: Keine Katastroph­en, nur der Steinway-flügel hat eine sichtbare Schramme.

Sind Sie mit der Auslastung zufrieden? Das Ziel heißt zwar nicht Auslastung um jeden Preis, sondern Revitalisi­erung des Schlosses, auch ästhetisch: Ettersburg immer mehr von der Würde zurückzuge­ben, die der kulturhist­orisch tiefe und langehin vergessene Ort verdient. Insofern planen wir von Anfang an auch Veranstalt­ungen, die eher Eingeweiht­e anziehen, aber nach Ettersburg passen, ja gehören, unbedingt, die für die Ausstrahlu­ng wichtig sind. Andere Abende könnten wir dagegen mehrfach verkaufen. Ein Konzert trägt so eine Lesung oder umgekehrt. Grundsätzl­ich zählt das Renommee für Schloss Ettersburg, ein gemeinnütz­iges Projekt der hessisch-thüringisc­hen Bauwirtsch­aft. Aber, um auf Ihre Frage zu antworten, am Ende muss es sich, da wir das Festival ohne öffentlich­e Subvention­en stemmen, auch betriebswi­rtschaftli­ch verantwort­en lassen. Dank an Unterstütz­er und Sponsoren! Wir sind mit dem Festival 2016, was die Besucherza­hlen angeht, sehr zufrieden.

Woher lockt es das Publikum inzwischen nach Ettersburg? Wir waren nie ein Festival bloß für Stadt und Landkreis Weimar. Unsere Gäste kommen aus ganz Mitteldeut­schland, sehr viele aus Erfurt und Jena, gerade während der Feiertage finden auch zahlreiche Weimar- und Erfurt-touristen spontan den Weg auf den Berg. Es gab Konzerte, etwa Friend’n Fellow oder Etta Scollo, da traf man vor allem Weimarer, es gibt Veranstalt­ungen, Omer Klein, Ida Sand oder Julia Hülsmann, da eilt das Publikum von weither zu uns. Es gibt zwar Ettersburg-fans, die übernachte­n alljährlic­h tagelang im Schloss, genießen die Gelassenhe­it und besuchen von der morgendlic­hen Klaviermat­inee bis zum abendliche­n Clubkonzer­t zehn Veranstalt­ungen, doch von den 2500 Gästen waren augenschei­nlich nur wenige öfter da, das heißt, wir sprechen unterschie­dlichste kulturelle und intellektu­elle Interessen an. Und genau das ist die Absicht.

Worüber haben Sie sich besonders gefreut? Dass sich die Künstler durchweg extrem wohl bei uns fühlen und Sinn für die Spannung des Ortes entwickeln. Dadurch wird der Aufenthalt für alle meist mehr als nur ein Konzert. Da sich das längst herumgespr­ochen hat, fällt es überhaupt nicht mehr schwer, Prominente nach Ettersburg zu holen – obwohl Gewehrsaal wie Weißer Saal verhältnis­mäßig klein sind. Und das Pfingstfes­tival lebt von einer fühl-, ja greifbaren Nähe des Publikums zu den Künstlern. Während des Konzertes, während der Lesung, danach beim Wein unterm Tulpenbaum…. Alles ist nah, intim, ungezwunge­n, persönlich. Das Publikum nimmt dafür eine gewisse Enge, selbst ,dicke Luft‘ in Kauf; die Künstler wiederum bedanken sich mit Konzerten, die durchaus auch länger als drei Stunden dauern, zudem mit rührenden persönlich­en Worten.

Was hat Sie beim Festival 2016 besonders überrascht? Drei Dinge vielleicht: Erstens, dass wir uns trotz eines sehr, sehr bescheiden­en Werbebudge­ts auch überregion­al als Marke fest etabliert haben. Zweitens, dass die kleine Schlosstru­ppe mit dem Team von Schülern, Studenten und den Profis von Adapoe-sound die Improvisat­ionskunst mittlerwei­le fast perfektion­iert. In der Pause des Woods-of-birnam-konzertes etwa haben wir spontan alle Stühle herausgetr­agen und im Nu aus einem Konzert- einen Tanzsaal kreiert. Drittens: Benno Fürmann hat sich auf der Zeitschnei­se verlaufen.

Wann beginnen die Vorbereitu­ngen für 2017? Wir haben im Schloss keine Zeit für den Blues danach. Wir befinden uns als Wirtschaft­sbetrieb in der Saison: Tagungen, Trauungen, Feiern, pralles Akademiepr­ogramm, zunehmend individuel­le Gäste. Deshalb war das Schloss schon am Montag früh wieder geputzt fürs normale Geschäft. Das Festival 2017 geht mindestens vom 2. bis 11. Juni. Das vielfache und profunde Lob bestärkt uns, am Cross-over-konzept und hohen ästhetisch­en Anspruch nichts zu ändern. Das Programm allerdings wollen wir deutlich früher als bisher, schon im November, bekanntgeb­en.

 ??  ?? Wie entspannt es beim Festival zuging, beweist auch diese Aufnahme von Dr. Peter Krause (rechts) mit Holger Umbreit und Jörg Schüttauf vor ihrer Lesung. Foto: Maik Schuck
Wie entspannt es beim Festival zuging, beweist auch diese Aufnahme von Dr. Peter Krause (rechts) mit Holger Umbreit und Jörg Schüttauf vor ihrer Lesung. Foto: Maik Schuck

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