Trotz Schramme und Irrläufer: Ettersburger Festival war ein Erfolg
Nach den zehn vollen Tagen sprach unsere Zeitung mit dem Schlossdirektor Dr. Peter Krause über seine Eindrücke
Ettersburg. Nach 26 Veranstaltungen (das Sonntagabend als Abschluss geplante Konzert von „Lottchen“findet später statt) ist das sechste Ettersburger Pfingstfestival zu Ende gegangen. Unsere Zeitung sprach darüber mit dem Schlossdirektor und Festivalleiter Dr. Peter Krause.
Wie würden Sie die zehn Tage rückblickend beschreiben? Als ein einziger intensiver Tag! Unterschiedlichste Veranstaltungen, begeisternde Konzerte, große Künstler, renommierte Intellektuelle, gute und lange Gespräche, klare Thesen, schönste Bilder, entspannte Stimmung, attraktive VIPS, trotz der Dichte nahezu perfekte Abläufe, ein herausragendes Team im Rücken, reichlich Presse! Allerdings: Oft der besorgte Blick auf das Thermometer, denn der Park ist Programm. Jedenfalls: Keine Katastrophen, nur der Steinway-flügel hat eine sichtbare Schramme.
Sind Sie mit der Auslastung zufrieden? Das Ziel heißt zwar nicht Auslastung um jeden Preis, sondern Revitalisierung des Schlosses, auch ästhetisch: Ettersburg immer mehr von der Würde zurückzugeben, die der kulturhistorisch tiefe und langehin vergessene Ort verdient. Insofern planen wir von Anfang an auch Veranstaltungen, die eher Eingeweihte anziehen, aber nach Ettersburg passen, ja gehören, unbedingt, die für die Ausstrahlung wichtig sind. Andere Abende könnten wir dagegen mehrfach verkaufen. Ein Konzert trägt so eine Lesung oder umgekehrt. Grundsätzlich zählt das Renommee für Schloss Ettersburg, ein gemeinnütziges Projekt der hessisch-thüringischen Bauwirtschaft. Aber, um auf Ihre Frage zu antworten, am Ende muss es sich, da wir das Festival ohne öffentliche Subventionen stemmen, auch betriebswirtschaftlich verantworten lassen. Dank an Unterstützer und Sponsoren! Wir sind mit dem Festival 2016, was die Besucherzahlen angeht, sehr zufrieden.
Woher lockt es das Publikum inzwischen nach Ettersburg? Wir waren nie ein Festival bloß für Stadt und Landkreis Weimar. Unsere Gäste kommen aus ganz Mitteldeutschland, sehr viele aus Erfurt und Jena, gerade während der Feiertage finden auch zahlreiche Weimar- und Erfurt-touristen spontan den Weg auf den Berg. Es gab Konzerte, etwa Friend’n Fellow oder Etta Scollo, da traf man vor allem Weimarer, es gibt Veranstaltungen, Omer Klein, Ida Sand oder Julia Hülsmann, da eilt das Publikum von weither zu uns. Es gibt zwar Ettersburg-fans, die übernachten alljährlich tagelang im Schloss, genießen die Gelassenheit und besuchen von der morgendlichen Klaviermatinee bis zum abendlichen Clubkonzert zehn Veranstaltungen, doch von den 2500 Gästen waren augenscheinlich nur wenige öfter da, das heißt, wir sprechen unterschiedlichste kulturelle und intellektuelle Interessen an. Und genau das ist die Absicht.
Worüber haben Sie sich besonders gefreut? Dass sich die Künstler durchweg extrem wohl bei uns fühlen und Sinn für die Spannung des Ortes entwickeln. Dadurch wird der Aufenthalt für alle meist mehr als nur ein Konzert. Da sich das längst herumgesprochen hat, fällt es überhaupt nicht mehr schwer, Prominente nach Ettersburg zu holen – obwohl Gewehrsaal wie Weißer Saal verhältnismäßig klein sind. Und das Pfingstfestival lebt von einer fühl-, ja greifbaren Nähe des Publikums zu den Künstlern. Während des Konzertes, während der Lesung, danach beim Wein unterm Tulpenbaum…. Alles ist nah, intim, ungezwungen, persönlich. Das Publikum nimmt dafür eine gewisse Enge, selbst ,dicke Luft‘ in Kauf; die Künstler wiederum bedanken sich mit Konzerten, die durchaus auch länger als drei Stunden dauern, zudem mit rührenden persönlichen Worten.
Was hat Sie beim Festival 2016 besonders überrascht? Drei Dinge vielleicht: Erstens, dass wir uns trotz eines sehr, sehr bescheidenen Werbebudgets auch überregional als Marke fest etabliert haben. Zweitens, dass die kleine Schlosstruppe mit dem Team von Schülern, Studenten und den Profis von Adapoe-sound die Improvisationskunst mittlerweile fast perfektioniert. In der Pause des Woods-of-birnam-konzertes etwa haben wir spontan alle Stühle herausgetragen und im Nu aus einem Konzert- einen Tanzsaal kreiert. Drittens: Benno Fürmann hat sich auf der Zeitschneise verlaufen.
Wann beginnen die Vorbereitungen für 2017? Wir haben im Schloss keine Zeit für den Blues danach. Wir befinden uns als Wirtschaftsbetrieb in der Saison: Tagungen, Trauungen, Feiern, pralles Akademieprogramm, zunehmend individuelle Gäste. Deshalb war das Schloss schon am Montag früh wieder geputzt fürs normale Geschäft. Das Festival 2017 geht mindestens vom 2. bis 11. Juni. Das vielfache und profunde Lob bestärkt uns, am Cross-over-konzept und hohen ästhetischen Anspruch nichts zu ändern. Das Programm allerdings wollen wir deutlich früher als bisher, schon im November, bekanntgeben.