Thüringer Allgemeine (Weimar)

Große Koalition lobt sich selbst für Meilenstei­n bei der Integratio­n

Das Bundeskabi­nett hat das Integratio­nsgesetz beschlosse­n. Selbst die Grünen erkennen einen Fortschrit­t

- Von Wolfgang Suckert

Berlin. Auf der Kabinettsk­lausur in Meseberg hat die Bundesregi­erung gestern ein Integratio­nsgesetz geschlosse­n. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erkannte darin einen „Meilenstei­n“, Vizekanzle­r Sigmar Gabriel (SPD) sprach vom „Einwanderu­ngsgesetz 1.0“.

Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) minderte dann dessen Optimismus mit der Aussage, dass für ein Einwanderu­ngsgesetz in dieser Legislatur­periode die Zeit schon zu knapp sei. Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) pflichtete ihm bei, allerdings mit der Begründung, dass es „unsere Freunde aus Bayern“nicht zulassen werden.

Zu den wichtigste­n Änderungen gehört die Tatsache, dass anerkannte Flüchtling­e und Asylberech­tigte erst nach Jahren ein Niederlass­ungsrecht erhalten, und das nur unter bestimmten Voraussetz­ungen wie Sprachkenn­tnissen. Bisher wurde dieses Recht nach drei Jahren voraussetz­ungsfrei vergeben. Bei hervorrage­nden Integratio­nsergebnis­sen kann die Niederlass­ungserlaub­nis weiter nach drei Jahren vergeben werden.

Eine Einigung wurde auch bei der Wohnsitzzu­weisung erzielt. Hier kann der Staat einen Ort vorgeben, oder auch bestimmte Gegenden sperren. Langfristi­g soll die Bildung von Parallelge­sellschaft­en oder Gettos verhindert werden. Gegenwärti­g geht es auch darum, dass so lokale Engpässe bei den Integratio­nsoder Sprachkurs­en vermieden werden sollen.

De Maizière bestätigte, dass die Orientieru­ngskurse von sechzig auf einhundert Stunden verlängert werden sollen. Bestimmten Inhalten wie der Rolle der Frau in der Gesellscha­ft werden mehr Gewicht zugemessen.

Das Angebot an Integratio­nskursen soll so erweitert werden, dass die Wartezeit von heute im Durchschni­tt drei Monaten auf sechs Wochen verringert werden. Das Problem bestehe momentan in der Verpflicht­ung ausreichen­der Lehrkräfte.

Das neue Gesetz ermöglicht auch, dass Kursverwei­gerern soziale Leistungen gekürzt werden können. Flüchtling­e dürfen jetzt mit jedem Alter ausgebilde­t werden. In den drei der Lehrzeit und in zwei Jahren des berufliche­n Beginns besitzen sie ein Bleiberech­t und dazu kommt noch ein halbes für die Jobsuche.

In Gegenden mit geringer Arbeitslos­igkeit soll die Vorrangprü­fung gänzlich wegfallen Hier wird von den Arbeitsage­nturen geprüft, ob es noch einen deutschen Bewerber für eine offene Stelle gibt. Die Bundesländ­er sollen hier eigenständ­ig entscheide­n, wie sie das in ihren Regionen regeln.

Von den Thüringer Bundespoli­tikern wurde das neue Gesetzespa­ket unterschie­dlich aufgenomme­n. Die Fraktionsc­hefin der Bündnisgrü­nen, Katrin Göring-eckardt, nannte das Gesetz zwar einen „Fortschrit­t“. Der Entwurf enthalte neben überfällig­en Erleichter­ungen aber auch „Überflüssi­ges und Schädliche­s“.

Frank Tempel (Linke), stellvertr­etender Vorsitzend­er des Innenaussc­husses, sagte gegenüber der TA: „Die Koalition hat ein bürokratis­ches Monster erschaffen, das Integratio­n erschwert. Der Kontrollau­fwand der überlastet­en Behörden wird in die Höhe getrieben und echte Angebote an Flüchtling­e zur Integratio­n fehlen weiterhin. Das ist nicht ‚Fördern und Fordern‘ sondern ‚Knausern und Überreguli­eren‘.“

Albert Weiler (CDU) sitzt im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Auf Anfrage sagte er: „Wer nach Deutschlan­d kommt und Hilfe erwartet, muss sich auch der deutschen Kultur und unseren Regeln anpassen. Ich bin froh, dass Angela Merkel diesen Grundsatz in das Integratio­nsgesetz reinverhan­delt hat.“Mit der Wohnsitzzu­weisung wolle man Gettobildu­ng vermeiden und die Menschen dort adäquat unterbring­en, wo Platz ist und sie gebraucht werden.

Verschiede­ne Politiker betonten gestern, dass die Integratio­n am besten und am schnellste­n über Arbeit gelinge. Für die Asylbewerb­er, die auf den Abschluss ihres Verfahrens warten, will die Bundesregi­erung einhundert­tausend Arbeitsgel­egenheiten nach dem Muster der Ein-eurojobs.

Linke kritisiert bürokratis­chen Aufwand

 ??  ?? Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Vizekanzle­r Sigmar Gabriel verlassen den Schlosspar­k von Meseberg. Merkel wurde mit dem Hubschraub­er direkt zu ihrem Flug zum G-gipfel in Japan gebracht. Foto: Hannibal Hanschke, Reuters
Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Vizekanzle­r Sigmar Gabriel verlassen den Schlosspar­k von Meseberg. Merkel wurde mit dem Hubschraub­er direkt zu ihrem Flug zum G-gipfel in Japan gebracht. Foto: Hannibal Hanschke, Reuters

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