Thüringer Allgemeine (Weimar)

6000 Flüchtling­e in Thüringen anerkannt

Pro Monat werden 2000 Anträge bearbeitet. Lauinger hält Integratio­nsgesetz mit Änderungen für zustimmung­sfähig

- Von Martin Debes

Erfurt. Wenn man die thüringisc­he Flüchtling­ssituation von vor einem Jahr mit der von heute vergleicht, dann wirkt alles wie spiegelver­kehrt: Kamen damals Tausende Menschen pro Monat ins Land, wurden nur sehr wenige von ihnen anerkannt. Im Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) herrschte Antragssta­u – und in den Erstaufnah­meheimen der Notstand.

Derzeit reisen im Monat nur um die 100 Migranten nach Thüringen ein. Derweil steht ein Großteil der Erstaufnah­meheime leer, während das Bundesamt die Anträge immer schneller abarbeitet. Gut 7000 waren es bis Ende April in Thüringen. Davon erhielten etwa 4600 den Flüchtling­sstatus, derweil politische­s Asyl gerade einmal sieben Menschen gewährt wurde. Insbesonde­re Syrer (3786) erkannte die Behörde als Flüchtling­e, dazu 230 Menschen aus Eritrea und 198 aus dem Irak.

Da inzwischen pro Monat um die 2000 Anträge bearbeitet werden, von denen das Bamf zwei Drittel positiv bescheidet, dürfte die Zahl der anerkannte­n Flüchtling­e inzwischen bei 6000 liegen. Wie viele allerdings wirklich geblieben sind, weiß man nicht so recht. Noch herrscht keine Wohnsitzpf­licht, wie im neuen Integratio­nsgesetz des Bundes geplant ist.

Der Fokus verlagert sich damit automatisc­h von der schlichten Aufnahme auf die Integratio­n – und zwar nicht nur im Bund, sondern auch im Land und insbesonde­re den Kommunen. Damit Landkreise und Städte am Ende nicht auf den Kosten der Unterbring­ung sitzen bleiben, hat das Kabinett einen Zuschuss von 25 Millionen Euro für dieses Jahr beschlosse­n. Dieselbe Summe soll im nächsten Jahr fließen.

An vielen Orten sind die Veränderun­gen im Alltag deutlich zu spüren. In größeren Städten wie Erfurt und Jena ist der preiswerte Wohnungsma­rkt deutlich enger geworden. In den allgemeinb­ildenden Schulen lernen mehr als 6000 Kinder von Flüchtling­en – wogegen die 100 Lehrer, die für sie dieses Schuljahr zusätzlich eingestell­t werden, eher übersichtl­ich wirken.

Für diesen Prozess, sagt Migrations­minister Dieter Lauinger (Grüne), müsse jetzt der Bund den Rahmen setzen. Deshalb findet er auch das Integratio­nsgesetz „grundsätzl­ich richtig“– um dann Änderungen im Detail zu fordern. So seien, sagt er, die Hürden für die vorgesehen­en Sanktionen zum Teil zu niedrig. Sein Ministeriu­m erarbeite gerade Änderungsv­orschläge, die Thüringen im Bundesrat einbringen werde. „Kommt man uns entgegen, schließe ich eine Zustimmung keineswegs aus.“

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Flüchtling­e im Büro der Arbeitsage­ntur in der Erstaufnah­mestelle Suhl. Archiv-foto: Sebastian Kahnert

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