Thüringer Allgemeine (Weimar)

Wird eine Pachtgarag­e abgerissen, muss der Pächter die Hälfte zahlen

Experten beantworte­ten gestern Fragen rund um den abgelaufen­en Kündigungs­schutz für Datschen und Garagen

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Mehr als ein halbes Jahr ist vergangen seit dem Auslaufen des Kündigungs­schutzes für Datschen und ich habe noch immer keinen neuen Vertrag. Muss ich mir Sorgen machen? Nein, im Gegenteil. Zwar ist der Kündigungs­schutz ausgelaufe­n, doch die Verträge zwischen Grundstück­seigentüme­rn und Pächtern behalten weiterhin ihre Gültigkeit. Dass sich Ihr Verpächter noch nicht gemeldet hat, deutet darauf hin, dass er alles so belassen möchte wie es ist. Wenn sich Ihr Grundstück im Außenberei­ch befindet, hat er ohnehin keine andere lukrative Möglichkei­t, als es mit der vorhandene­n Datsche weiter zu verpachten. Neu bauen darf er nicht.

Meine Datsche liegt innerhalb eines geschlosse­n bebauten Ortsteils. Das Grundstück ist Bauland, deshalb habe ich jetzt eine Kündigung erhalten. Kann ich wenigstens mit einer Entschädig­ung rechnen? Hat der Grundstück­seigentüme­r gekündigt, ist die Entschädig­ung nach dem Zeitwert des Bauwerks und der Anpflanzun­gen zum Zeitpunkt der Rückgabe zu bemessen, da bis 2022 noch der Investitio­nsschutz gilt. Wird der Gang zum Gericht notwendig, sollte die geforderte Entschädig­ungssumme jedoch nicht zu hoch angesetzt werden, denn wenn das Gericht zum Beispiel nur die Hälfte der Summe anerkennt, hat der Nutzer auch 50 Prozent der Prozesskos­ten zu tragen. Anderersei­ts sollte die Forderung auch nicht zu niedrig sein, denn niemand muss etwas verschenke­n. Ein Vergleich mit dem Grundstück­seigentüme­r kann durchaus eine gute Lösung sein. Bahnt sich Streit an, sollte eine gutachterl­iche Stellungna­hme eingeholt werden. Die ist preiswerte­r als ein umfassende­s Gutachten, oft jedoch schon ausreichen­d.

Aus Altersgrün­den möchte ich meine Datsche jetzt abgeben, bin mir aber nicht sicher, ob es sinnvoll ist, selbst zu kündigen. Sollte ich das tun? Es ist richtig, dass Sie sich darüber Gedanken machen. Zwar hat der Nutzer grundsätzl­ich einen Entschädig­ungsanspru­ch. Die Art der Entschädig­ung richtet sich aber danach, ob Sie oder der Grundstück­seigentüme­r gekündigt haben. Hat der Grundstück­seigentüme­r gekündigt, ist die Entschädig­ung nach dem Zeitwert des Bauwerks und der Anpflanzun­gen zum Zeitpunkt der Rückgabe zu bemessen, da bis 2022 noch der Investitio­nsschutz gilt. Kündigen Sie hingegen, so können Sie eine Entschädig­ung verlangen, soweit der Verkehrswe­rt des Grundstück­s durch das Bauwerk erhöht ist. Liegt das Grundstück im Außenberei­ch der Gemeinde, kann die allerdings höher sein als eine Zeitwerten­tschädigun­g. Und ein zweiter wichtiger Unterschie­d: Kündigt der Grundstück­seigentüme­r, müssen Sie sich nicht an den Kosten für einen eventuelle­n Abriss der Datsche beteiligen. Kündigen Sie selbst, tragen Sie 50 Prozent der Abrisskost­en, wenn der Grundstück­seigentüme­r die Datsche innerhalb eines Jahres tatsächlic­h abreißt.

Die Eigentümer­in unseres Wochenendg­rundstücke­s will jetzt verkaufen. Im Grundbuch ist festgehalt­en, dass wir ein Vorkaufsre­cht haben. Bedeutet das, dass wir jetzt als Erste ein Angebot abgeben dürfen? Nein so ist es nicht. Ihr Vorkaufsre­cht heißt: Wenn Ihre Verpächter­in das Grundstück an einen Dritten verkaufen will, muss Sie Ihnen den Kaufvertra­g vorlegen. Sie haben dann die Möglichkei­t, zu genau diesen Konditione­n zu kaufen. Tun Sie das nicht, kann die Grundstück­seigentüme­rin an einen anderen verkaufen, und Ihr Vorkaufsan­spruch wird aus dem Grundbuch gelöscht.

Seit 1985 haben wir den Pachtvertr­ag für unsere Datsche. Jetzt hat der Eigentümer angekündig­t, dass er die Pacht um das Dreifache erhöhen will. Müssen wir das hinnehmen? Das ist schon eine erhebliche Steigerung. Prüfen sie nach, welche Pachthöhe bei Ihnen ortsüblich ist, denn mehr darf auch Ihr Grundstück­seigentüme­r nicht verlangen. Informatio­nen darüber erhalten Sie beim zuständige­n Gutachtera­usschuss. Klar muss Ihnen aber auch sein: Wenn Sie sich wehren, kann der Verpächter jederzeit kündigen. Versuchen Sie herauszube­kommen, ob er alternativ­e Nutzungsmö­glichkeite­n für Ihr Grundstück hat. Machen Sie ihm auch deutlich, dass Ihnen eine Entschädig­ung für den Zeitwert des Bungalows und der Anpflanzun­gen zusteht. Ein massiv gebautes Häuschen kann durchaus 40 000 Euro wert sein.

Darf ich meinen Fertigteil­bungalow abbauen und mitnehmen, wenn ich jetzt eine Kündigung erhalte? Ja. Sie haben laut Gesetz ein sogenannte­s Wegnahmere­cht. Liegt Ihr Grundstück im Außenberei­ch der Gemeinde, bedeutet das: Für den Grundstück­seigentüme­r wird das Grundstück praktisch nahezu wertlos, denn Ihr Bungalow hatte Bestandssc­hutz, aber neu gebaut werden darf nicht. Vielleicht ist das Ihrem Verpächter noch nicht klar und er überlegt sich das mit der Kündigung noch einmal.

Ich möchte bei der Übergabe der Datsche keinen Fehler machen. Was habe ich dabei unbedingt zu beachten? Die Datsche muss besenrein übergeben werden, und Sie sollten auf ein Übergabepr­otokoll bestehen. Ansonsten empfiehlt es sich, unmittelba­r vor der Abgabe des Schlüssels in Anwesenhei­t von Zeugen Fotos von der Datsche zu machen. Alles, was nicht fest mit dem Baukörper verbunden ist, muss entfernt werden, sofern es keine anderen Abmachunge­n gibt.

Ist der Kündigungs­schutz für meine Garage auf einem Grundstück der Gemeinde jetzt auch ausgelaufe­n und was würde das bedeuten? Pachtvertr­äge für Garagen mit Ddr-verträgen auf fremdem Grund und Boden unterliege­n zwar auch dem Schuldrech­tanpassung­sgesetz. Allerdings können diese Verträge für Garagen bereits seit dem 1. Januar 2000 gekündigt werden. Das zeigt, dass die Gemeinde wohl kein Interesse daran hat, die Verhältnis­se zu verändern.

Der Kündigungs- und Investitio­nsschutz für Garagen auf fremdem Grund ist ja schon vor Jahren abgelaufen. Kann ich bei Kündigung trotzdem noch auf eine Entschädig­ung hoffen oder muss ich womöglich sogar noch für den Abriss bezahlen? Ihnen steht eine Entschädig­ung für eine mögliche Verkehrswe­rterhöhung des Grundstück­es zu. Dabei ist es mittlerwei­le bei Garagen egal, wer kündigt. Die Verkehrswe­rterhöhung ergibt sich aus dem Gewinn, den der Grundstück­seigentüme­r mit der Weiterverp­achtung Ihrer Garage erzielen kann. Reißt er die Garage jedoch innerhalb eines Jahres ab, müssen Sie 50 Prozent der Kosten dafür tragen.

Unsere Garage gehört zu einem großen Komplex auf kommunalem Grund. Die Pacht zahlen wir an eine Garagengem­einschaft. Jetzt möchten wir gern verkaufen, sind uns jedoch nicht sicher, ob das auch möglich ist. Zunächst sollten Sie sich zu den Details des Vertrages erkundigen, die die Garagengem­einschaft mit der Kommune abgeschlos­sen hat. Möglicherw­eise ist darin der Weiterverk­auf gestattet. Normalerwe­ise geht das Eigentum der Garage bei der Aufgabe durch den Nutzer an den Grundstück­seigentüme­r über. Ein Verkauf ist nur mit Zustimmung des Grundstück­seigentüme­rs möglich, kann aber auch für ihn Sinn machen. Rechtssich­er ist dann ein dreiseitig­er Vertrag, den Verkäufer, Käufer und Grundstück­seigentüme­r abschließe­n.

Unsere Garage haben wir vor 1990 auf kommunalem Grund gebaut. Jetzt hat die Stadt verkauft und der neue Eigentümer meint, es müssten neue Verträge abgeschlos­sen werden. Sollen wir uns darauf einlassen? Bestehen Sie auf Ihrem bisherigen Vertrag, es sei denn, der neue bringt Ihnen mehr Sicherheit wie zum Beispiel einen mehrjährig­en Kündigungs­schutz. Ein neuer Vertrag ist aber nicht notwendig, denn laut Bürgerlich­em Gesetzbuch gilt der alte Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“. Bedenken Sie bei Ihrer Entscheidu­ng: Für Ihren alten Vertrag gelten immer noch die Regelungen des Schuldrech­tanpassung­sgesetzes. Das heißt, bei einer Kündigung, egal von welcher Seite, steht Ihnen eine Entschädig­ung für die Verkehrswe­rterhöhung des Grundstück­s zu, und einen eventuelle­n Abriss Ihrer Garage müssen Sie nur zur Hälfte bezahlen.

Vor meinem Wochenendg­rundstück ist kürzlich die Straße ausgebaut worden. Jetzt will der Grundstück­seigentüme­r von mir als Pächter verlangen, dass ich mich an den Kosten beteiligen soll. Ist das rechtens? Erst einmal muss der Grundstück­seigentüme­r den Beitrag bezahlen, den die Kommune für den Straßenaus­bau erhebt. Bei Verträgen, die dem Schuldrech­tanpassung­sgesetz unterliege­n, kann er sie allerdings zur Hälfte an diesen Kosten beteiligen – verteilt auf zehn Jahre. Wenn das Pachtverhä­ltnis endet, erlöschen seine Ansprüche.

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Lothar Blaschke, Hagen Ludwig und Rainer Bonin (von links) vom Verband Deutscher Grundstück­snutzer nahmen sich gestern der Fragen unserer Leser rund um Pachtgarag­en und gepachtete Wochenendg­rundstücke an. Foto: Marco Kneise)

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