Thüringer Allgemeine (Weimar)

Datenschut­zbeauftrag­ter will Meldepflic­ht für Videokamer­as

Anzahl der Meldungen an die Behörde ist im Vorjahr mit knapp 15 200 erneut gestiegen. Mitarbeite­r reichen kaum aus

- Von Kai Mudra

Erfurt. Videokamer­as in unterschie­dlichsten Ausführung­en und Verwendung­en werden den Thüringer Datenschut­zbeauftrag­ten in nächster Zeit intensiv beschäftig­en. So mutmaßte Lutz Hasse, als er gestern seine Bilanz der vergangene­n zwei Jahre präsentier­te.

Wegen der Forderung, dass Wildbeobac­htungskame­ras angemeldet werden müssen, fürchtet er gar einen „Shitstorm“im Internet gegen seine Behörde. Hasse kündigte an, sich in den kommenden Wochen intensiv auch mit Jägern und Jagdverbän­den in Verbindung setzen zu wollen.

Die Forderung sei eine Konsequenz aus einer Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts Saarlouis im Saarland.

Danach sind aus Sicht des Thüringer Datenschüt­zers Videokamer­as von Unternehme­n, aber auch von Privatleut­en meldepflic­htig, wenn diese automatisc­h Personen im „öffentlich­en Raum“, aber beispielsw­eise auch auf dem Nachbargru­ndstück aufzeichne­n.

„Da kommt sicherlich einiges auf uns zu“, kommentier­te Lutz Hasse mögliche Konsequenz­en des Richterspr­uchs. Er schloss nicht aus, dass beispielsw­eise auch sogenannte Dashcams in Autos oder Helmkamera­s von Rad- bzw. Skifahrern unter diese Registrier­ung fallen könnten.

Angesichts der vermuteten Vielzahl von solchen Videokamer­as sei eine flächendec­kende Kontrolle dann nicht mehr möglich, betonte der Beauftragt­e.

Hasse kündigte auch an, sich in den nächsten Wochen auf einer Veranstalt­ung mit Flugdrohne­n über deren Fähigkeite­n beim Aufzeichne­n von Daten informiere­n zu wollen. Bisher teile ihm das Landesverw­altungsamt nicht mit, wenn dort ein Drohne angemeldet werde.

Der gestern von ihm vorgelegte Zweijahres­bericht umfasst insgesamt rund 1330 Seiten und ist auf zwei Bücher verteilt: eines für den behördlich­en und öffentlich­en und eines für den nichtöffen­tlichen – also zumeist unternehme­rischen Bereich. In den vergangene­n beiden Jahren erreichten den Datenschut­zbeauftrag­ten knapp 15 200 Meldungen und Beschwerde­n über vermutete Datenschut­zverstöße. Deren Anzahl ist in den vergangene­n Jahren kontinuier­lich angestiege­n.

Mit 25 deutlich weniger geworden ist dagegen die Anzahl der Kontrollen in Unternehme­n. In der davor liegen Berichtspe­riode wurden noch 35 geschafft.

Die 20 Vollzeitst­ellen und zwei Abordnunge­n – eine Polizistin und ein Lehrer – seien Angesichts der Aufgaben zu wenig, betonte Hasse. Auf die Kontrolle eines Unternehme­ns würden wochenlang­e Auswertung­en der Daten und Unterlagen folgen.

Er verwies zudem auf die vom Eu-parlament gebilligte Datenschut­z-grundveror­dnung, die im Mai 2018 endgültig in Kraft tritt. Für Thüringen sieht er als Konsequenz, dass viele der aktuell geltenden Datenschut­zregeln samt der dazugehöri­gen Rechtsspre­chung ihre Gültigkeit verlieren. Allerdings habe Deutschlan­d die Chance, über Öffnungskl­auseln seinen hohen Standard wiederherz­ustellen.

Datenschut­zbericht umfasst 1330 Seiten

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