Thüringer Allgemeine (Weimar)

Vor 44 Jahren: Gemeinsame­r Geher-weltrekord in Erfurt

Peter Frenkel und Hans-georg Reimann trafen sich in dem Stadion, wo sie 1972 Geschichte schrieben. Funktionär wollte Sieg damals annulliere­n

- Von Dirk Pille

Erfurt. So einfach war der Weg auf die Laufbahn des Erfurter Stadions für die beiden Routiniers gar nicht zu finden. Doch dann staunten Peter Frenkel und Hans-georg Reimann über die entstehend­e Arena. „Eine tolle Bühne auch für die Leichtathl­etik“, freute sich Frenkel, als er erfuhr, dass hier 2017 die deutschen Meistersch­aften ausgetrage­n werden sollen.

Doch dann kamen die Erinnerung­en zurück. Vor 44 Jahren hatten die beiden Thüringer – Frenkel stammt aus Eckartsber­ga und Reimann wuchs in Erfurt auf – gemeinsam einen Weltrekord im 20 km Gehen aufgestell­t. „Es war die Ddr-meistersch­aft 1972, gleichzeit­ig Olympia-qualifikat­ion für München. Wir Geher waren im letzten Wettkampf dran. Das Stadion voll mit Zuschauern und wir in Topform“, sagte Frenkel und sein Freund Reimann ergänzte: „Der Moderator erkannte, dass wir auf Weltrekord-kurs gingen und gab immer wieder Zeiten durch. Keiner von uns beiden war an diesem Tag der Stärkere. So entschloss­en wir uns, gemeinsam ins Ziel zu laufen.“

Dort aber wartete im Jubel der Zuschauer ein ziemlich verärgerte­r Generalsek­retär des Ddr-leichtathl­etik-verbandes und drohte den beiden Weltrekord­lern. „Wir würden disqualifi­ziert. Wegen Nicht-wahrnehmun­g der Wettkampfc­hance“, erinnerte sich Frenkel. DTSBCHEF Ewald wischte die Sache aber schnell vom Tisch, schließlic­h hatten Ddr-sportler ja einen Weltrekord erzielt.

Erfurt war ein gutes Olympiaome­n für die beiden Thüringer Geher. In München holte Frenkel den Olympiasie­g über 20 km, Reimann wurde starker Dritter.

Den Weg zum Gehen öffnete für beide wie so oft ein Zufall. Frenkel kam nach dem Abitur in Nordhausen zum Armeesport­klub nach Potsdam. Eine Achillesse­hnenverlet­zung schien die Karriere als Läufer beendet zu haben, ehe Gerhard Adolph, der spätere Adi der Jugendsend­ung „Mach mit, mach‘s nach, mach‘s besser“, und Hans-joachim Pathus sein Talent entdeckten.

In Reimanns Fall suchte Turbine Erfurt einen dritten Mann für die Mannschaft. Reimann hatte Ausdauer und landete so schnell in Leipzig bei Dynamo. Doch nach dem sensatione­llen Em-silber 1962 erlebte er eine lange Durststrec­ke bis 1972.

In Mexiko 1968 wurden die beiden im Höhentrain­ing in Toluca kurz vor den Spielen dann aber regelrecht kaputt trainiert. Reimann erlitt nach 40 Fieber einen Zusammenbr­uch, auch Frenkel hatte keine Medaillenc­hance. „Wir wurden dann als Versager aus dem olympische­n Dorf zurück nach Toluca geschickt. Unser Trainer, der sich für uns einsetzte, durfte gleich mitfahren“, erzählte Frenkel.

Zum Karriereen­de trug Reimann dann 1976 in Montreal überrasche­nd die Fahne. Bei seinen vierten Spielen holte er noch einmal Silber – vor Frenkel. Später wurde Reimann Trainer, Frenkel Sportfotog­raf.

Im neuen Stadion begrüßte die zwei Geher auf Erinnerung­stournee auch Hartwig Gauder. Der Erfurter wurde ihr Nachfolger, gewann 1980 Olympiagol­d. „Diese beiden haben mich groß gemacht“, sagte Gauder, ehe es zum Kaffeetrin­ken ging.

1968 als „Versager“von Olympia weggeschic­kt

 ??  ?? Die einstigen Weltklasse-geher Peter Frenkel (rechts) und Hans-georg Reimann überqueren wie  gemeinsam die Ziellinie im Erfurter Stadion. Foto: Sascha Fromm
Die einstigen Weltklasse-geher Peter Frenkel (rechts) und Hans-georg Reimann überqueren wie  gemeinsam die Ziellinie im Erfurter Stadion. Foto: Sascha Fromm

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